Polidings: Wer sind die Borg?

Lesezeit 3 Minuten

Die SPD hat ihren Wahlkampfslogan für die anstehende Bundestagswahl gefunden – „Das WIR entscheidet.“ lautet er und man muss annehmen: die meinen das ernst! Und man muss befürchten: das kann sogar ein Erfolg werden!

Jetzt sehen wir mal ganz kurz davon ab, dass der Slogan von einer Zeitarbeitsfirma geklaut ist, einem Unternehmen einer Branche, die in linken Kreisen eher mit Attributen aus dem Tierreich, vor allem dem der Ungeziefer verglichen werden.

Interessanter ist dagegen die trotz des bereits erprobten Einsatzes eher als, nun ja, „Sonderkonstruktion“ zu bezeichnende Grammatik dieses Slogans:

„Wer ist dieses ‚Wir’“ – so müsste man analog zum Slogan im Singular korrekt fragen. Als Christ erinnert mich die Formulierung unter diesem Aspekt eher an die Selbstbezeichnung Gottes „Ich bin der ‚Ich bin’“ – aber eine Referenz hierzu würde ich bei den handelnden Personen für ausgeschlossen halten – wäre allerdings nicht schlecht, dem „Ich bin“ mit einer Mehrzahl von „Wir“ entgegenzutreten – im Kontrast müsste deren Name dann allerdings nicht SPD oder „die Sozialisten sondern „Legion“ sein (vgl. Markus 5, 9) – aber lassen wir das, die Partei, die Partei, die hat … sicher nicht Bezug auf die Bibel genommen, kann man sicher ausschließen. Sowas macht heute nicht mal mehr die (C)DU, die eine entsprechende Referenz immerhin noch im Namen trägt.

Nicht analog zur Formulierung aber grammatikalisch korrekter könnte man also fragen: „Wer sind diese „Wir“, die da entscheiden?“ – kann aber auch nicht gemeint sein, sonst hätte man es ja geschrieben: „Wir entscheiden.“ und das vermutlich mit einem Rufzeichen versehen statt nur mit einem Punkt. Ein ehemaliger Bundeskanzler der gleichen Partei hat diese Art von Slogan auch schon mal noch prägnanter formuliert: „Basta!“ – da man mit diesem heutigen Gazprom-Manager so ungern heute noch in einen Topf geworfen werden möchte wie Angela Merkel oder Wolfgang Schäuble mit ihrem Ziehvater Helmut Kohl, muss man also diesen Bezug wohl auch ausschließen.

Bleibt ein letztes Interpretationsmuster – als „Wir“ wird ein Gemeinschaftsgefühl beschworen: Wir schaffen das gemeinsam, wir stellen die Macht in diesem Land dar, wir sind diejenigen, die die notwendigen Entscheidungen treffen um dieses Land zu verbessern, wir sind diejenigen, die die Früchte der Arbeit diesem Land zur Verfügung stellen, wir sind die, auf die ihr hören müsst, wenn alles gut werden soll, wir sind eine Einheit, das Kollektiv ist alles, der Einzelne ist nichts … Das Wir entscheidet. Gut, so könnte der Slogan natürlich auch von der NPD stammen – ein Vergleich, der in den letzten Wochen in zunehmenden Maße so penetrant wie sachlich falsch für einen deutsch-türkischen Buchautor genutzt wird, der sich kritisch mit seinen türkisch-islamischen jungen Landsleuten und ihrer Einstellung zu deutschen Altersgenossen auseinandersetzt – aber hier scheint mir die Interpretation zu passen. Wenn das Wir entscheidet, entscheidet das Ich offenbar nicht mehr, das ist – abgesehen von dem völkischen Charakter – Nazi-Jargon, nun ja, sind auch nur „nationale Sozialisten“ während wir es bei der SPD mit einer „Internationalen“ zu tun haben, die das Menschenrecht erkämpft – nur eben nicht für einzelne sondern für das Wir, im Zweifel also, wie alle anderen Ideologien das in der Welt auch tun, die einzelnen Protagonisten dieser Ideologie, also Parteivorsitzende, Präsidenten und Potentaten.

Wenn ich’s allerdings recht überlege und um dem Slogan noch ein bisschen näher zu kommen: weniger rassistische Arroganz als Nazis haben die „Borg“ eine aus der Star-Trek-Reihe bekannte außerirdische Spezies, die alles assimiliert, was nicht bei Drei im Hyperraum verschwunden ist und dabei auf rassische Unterschiede pfeift: Menschen, Cardassianer, Vulkanier, Klingonen oder Romulaner? „Widerstand ist zwecklos, sie werden assimiliert werden“ – knarzt es aus den Lautsprechern der überfallenen Raumschiffe. Und wenn die SPD die Borg sind (wohl zusammen mit den Grünen, einer ebenso kollektivistischen Bewegung) – dann wird plötzlich auch klar, wieso sich die anderen ehemals liberalen oder konservativen Parteien so verhalten, wie sie es tun: die Assimilation ist schon weit fortgeschritten, auch die Köpfe dieser Parteien sind zwischenzeitlich Borg, äh Sozialdemokraten!

Ich glaube, ich muss dann mal bei Gelegenheit noch die entsprechenden Star-Trek-Folgen schauen um zu prüfen, wie sich die „Föderation“ (das sind die Guten – falls das nicht klar geworden sein sollte: die Borg sind die ultimativ Bösen, so richtig!) gegen die Borg gewehrt hat. Auf diese Art wird dann vielleicht auch diese kleine Restpartei von echten Christdemokraten wieder aus den Klauen der Borg befreit werden können und im Herbst wählbar? Und bis dahin hoffe ich, in den von mir präferierten Zeitungen, Magazinen und Internetinhalten nicht eines Tages zu lesen: „Wir sind die Borg, Widerstand ist zwecklos …“