Der Titel dieses Beitrag enthält zugegeben ein Wortungetüm: Nichtargumente? Was soll das sein? Zunächst stand dort etwas ausführlicher Argumente, aufgrund deren ich nicht katholisch bin ist aber natürlich missverständlich, denn man könnte auf den Gedanken verfallen, ich sei gar nicht katholisch. Für meine, nicht nur per Taufe sondern im Herzen bestehende Mitgliedschaft in der katholischen Kirche gibt es eine ganze Reihe von Gründen in aller erster Linie mal eine Berufung, also aus weltlicher Sicht ein Gefühl, dass ich bei Gottvater, Jesus und dem Heiligen Geist richtig aufgehoben bin, die mich bei sich haben wollen und die sich wiederum in der katholischen Kirche, mit all den Fehlern die deren Vertreter haben mögen, ebenfalls in der Welt zu Hause fühlen. Dazu gesellen sich Zeugnisse verschiedener Katholiken, die auch vernunftmäßige Beschäftigung mit den Glaubensinhalten, die sich mir immer wieder neu erschließen, Bestärkungen im Gebet und durch den Empfang der Sakramente hier etwas kurz gefasst finden sich die Argumente, warum ich katholisch bin, über die Beiträge im Blog verteilt. Ich liebe diese Kirche, ich liebe den Glauben, ich leide auch mit der Kirche nach Argumenten zu fragen ist insofern auch ein bisschen schwierig, weil ein Argument auch immer bedeuten kann, dass es wegfällt: Warum liebe ich meine Frau? Und wenn das Argument, meine Frau zu lieben wegfällt, liebe ich sie dann nicht mehr? Bei der Hochzeit habe ich was anderes versprochen!
Wenn man also von Argumenten spricht, dann müssen die schon Ewigkeitscharakter haben die Glaubensinhalte der Kirche gehören so dazu, die Zeugnisse anderer Gläubiger auch, selbst dann, wenn die mal vom Glauben abfallen sollten, die Sakramente und die Gespräche mit Christus sowieso eine Berufung ist etwas, das man nicht verliert, vielleicht aus den Augen verlieren mag, unterdrückt oder sonst was damit tut aber sie bleibt!
Was im Gegensatz nicht zu den ewigen Argumenten gehört, warum ich katholisch bin, eben zu den Nichtargumenten (wenn jemand einen besseren Ausdruck dafür hat, kann ihn hier gerne kommentieren) gehören ganz allgemein Menschen in Abgrenzung zu deren Zeugnis: Ich bin nicht katholisch, weil beispielsweise mein geistlicher Leiter katholisch (und Priester) ist konsequenterweise würde ich die katholische Kirche verlassen (oder zumindest neu abwägen), wenn er vom Glauben abfallen und die katholische Kirche verlassen sollte. Ich bin auch nicht deswegen katholisch, weil gute Freunde von mir katholisch sind ihr Zeugnis war beeindruckend und ich bin froh, dass viele von ihnen mir die Augen für den Glauben und meine eigene Berufung geöffnet haben aber sollten sie aus welchen Gründen auch immer, irgendwann nicht mehr katholisch sein, so ist das kein Argument für mich, diesen Glauben und diese Kirche ebenfalls zu verlassen.
Und jetzt im etwas größeren Maßstab: Ich lebte lange Jahre lang glaubenslos und haben zum Glauben und zur Kirche zurück gefunden unter dem Pontifikat von Benedikt XVI. dessen Wahl 2005 hatte mich zwar interessiert, habe ihn aber damals für einen genau so angestaubten und verstrahlten alten Mann gehalten wie seine(n) Vorgänger das hat sich, der Name dieses Blogs spricht Bände – in den folgenden Jahren geändert. Ich habe aber nicht wegen seines Pontifikats zum Glauben zurück gefunden (wenn überhaupt dann zu Beginn trotz seines Pontifikats) und doch hat mich in den vergangenen Jahren sein Glaubenszeugnis überwältigt seine Art, seine Berufung und sein Amt zu leben, seine Fähigkeit, theologische Zusammenhänge für Professoren ebenso verständlich und überzeugend darzustellen wie für Schulkinder, seine Demut, auch sein unerschütterliches Festhalten am Glauben in den stürmischen Zeiten seines Pontifikats, seine Liebe zur katholischen Kirche und die Menschen, die ihm bis zur Erschöpfung alles abverlangt all das ist ein wunderbares Zeugnis, dass man auch als ganz normaler kleiner Katholik nutzen kann um zu sehen wie das geht, katholisch sein, Christ sein. Seine Art, seine Fähigkeiten, seine Demut, seine Liebe das sind Gründe, katholisch zu sein, nicht, dass er Papst war. Wenn das Pontifikat ein Grund gewesen wäre, katholisch zu sein, dann müsste ich mir jetzt überlegen, ob ich hier noch richtig aufgehoben bin. Meine größte Liebe ist aber Jesus Christus und nicht der Papst so doll kann kein Papst sein, und jeder Papst, der das versuchen würde, mich von Christus abzulenken, nun, er wäre auf dem Stuhl Petri wohl falsch.
Und so stellt sich auch nicht die Frage, ob ich unter dem Pontifikat von Papst Franziskus weiterhin katholisch sein sollte. Er hat eine andere Art, seine Berufung zu leben, er stellt theologische Inhalte ganz anders dar als Papst Benedikt, seine Demut ist ebenfalls von einer anderen, nicht besseren oder schlechteren Art, und niemand wird ihm wohl absprechen, Kirche und Gläubige zu lieben, auch wenn er das auf eine wiederum andere Art nach außen zeigt als sein Vorgänger. Und egal ob mir seine Art, Papst zu sein mehr liegt als die Art von Papst Benedikt (ich gebe zu, ich bin in dieser Frage noch unentschieden und muss in mich hineinschmunzeln bei manchen Worten von Papst Franziskus, dem Südamerikaner, die einem Papst Benedikt, dem Deutschen, auf diese Art vermutlich nicht über die Lippen gekommen wären) sein Pontifikat ist weder ein Grund, katholisch zu sein noch es nicht zu sein, sowenig wie es das Pontifikat von Benedikt XVI. war.
Auf humorige Weise hat dies der geschätzte Blog Geistbraus im Beitrag Konvertiten-Service betrachtet, in dem er eine Reklamation des Produktes Kirche beim Heiligen Geist vorlegt, das die Gründe für den Kauf (also den Ein-/Übertritt in die katholische Kirche) die Schriften und Aussagen von Papst Benedikt XVI. gewesen seien, die durch das Ende seines Pontifikats (des Bestandteils Benedikt) nun weggefallen seien sodass die Amtsführung (Liturgie, Tradition, Primat, Bekleidung, Wohnung, Ferula, Gesang, Kniebeuge) des Ersatzteils Franziskus unzureichend erscheint; im Formular wird der Heilige Geist um Reparatur des Bestandteils Franziskus und Rücksendung einer voll funktionsfähigen Kirche die es in manchen Augen im Moment wohl nicht ist gebeten.
Ich gebe zu, ich musste ein paar mal schlucken bevor ich mich mit der Ironie des Beitrags anfreunden konnte und hoffe jetzt noch, dass ich damit nicht falsch liege, dass der Beitrag ironisch gegen das Papstgemecker gemünzt ist und nicht selber eines darstellt (Herkunft und Beantwortung der Kommentare bestärken mich aber in dieser Einschätzung).
Abgesehen davon, dass ich bei dem Vergleich des aktuellen Papstes mit einem unzureichend funktionsfähigen Ersatzteil heftig auf die Lippe beißen muss, macht die Darstellung ein generelles Missverständnis in der Wahrnehmung der Kirche deutlich: mein Wahlspruch hier lautet Ubi petrus, ibi Ecclesia Wo der Papst ist, da ist die Kirche das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Papst die Kirche ist.
Meiner Kirche bleibe ich also treu, auch wenn ich annehmen sollte, dass der Papst auf Abwegen unterwegs ist. Dass diese angenommen Abwege in der Liste der fehlerhaften Funktionen aber in der überwiegenden Zahl der Stichworte keine echten Glaubensfragen beinhalten sondern wenn auch nicht unwesentliche Äußerlichkeiten, macht mich umgekehrt eher skeptisch bezüglich des Kirchenbildes derjenigen, die diese Argumente anbringen: ist die von Johannes Paul II. genutzte und von Papst Franziskus wieder hervorgeholte Ferula wirklich ein Problem für die Funktionsfähigkeit der Kirche? Ist es seine Kleidung, seine Wohnung? Sein mangelnder Gesang? Man mag hinter diesen Äußerlichkeiten eine tiefere Bedeutung sehen, damit bewegt man sich aber im Bereich der Spekulationen, um nicht zu sagen Unterstellungen. Auch hierbei sind vermutlich die Übergänge fließend, ab wann man einen Papst tatsächlich nicht mehr für tragfähig und damit die Entscheidung des Konklaves für falsch und nicht mehr vom Heiligen Geist gegeben, betrachtet. Diese Einschätzung aber an den genannten und sonstigen bislang auftretenden Kriterien festzumachen ist dem Papst und auch der Kirche gegenüber unredlich.
Ehrlich gesagt mag ich das Gemäkel an unserem neuen Papst aus katholischen Kreisen nicht mehr hören (daher vielleicht auch meine Skepsis gegenüber dem Musterschreiben auf Geistbraus) wer die Kirche unter Benedikt XVI. bereits auf Abwegen wähnte, für den ich Papst Franziskus vermutlich untragbar. Wer aber Papst Benedikt als obersten Hirten und Brückenbauer und höchster Instanz unserer Kirche in der Welt folgen mochte, der sollte das vielleicht auch nach dessen Amtsverzicht tun und auch dem neuen Papst Gehorsam leisten. Das heißt nicht, dass man nicht Kritik üben kann von mir aus auch bezüglich Fragen der Ästhetik von Schuhen und Wohnungsauswahl eine Reklamation an den Heiligen Geist rechtfertigt das aber nicht :)
P.S. Jetzt muss ich aber mal an meinen Ironie-Bausteinen arbeiten, die ich eigentlich selbst gerne nutze, die aber vermutlich deshalb reichlich abgenutzt sind, damit ich weiterhin Ironie als solche erkenne Nichts für ungut an den Bloggerkollegen Martin Johannes Grannenfeld: mein erster Versuch dieses Beitrags war eine geharnischte Kritik, nach ein bisschen in mich gehen geht es jetzt aber wieder
Geistbraus
ja mit der Ironie ist das so eine Sache… gemäß dem katholischen Sowohl-als-auch ist das ja meist eine „Halb-Ironie“, bei der man sich gleichzeitig über das lustig macht, was man eigentlich doch zu denken geneigt ist.
Das verstehen Protestanten meistens nicht und beharren auf einem lutherisch-deutlichen Entweder-Oder. Aber im Sinne der Negativen Theologie ist alles, was wir sagen und denken, nur bedingt wahr, weil wir das Letzte, das Unsagbare eben nicht formulieren können. Darum können wir alles, was wir formulieren, ironisieren. Was wiederum nicht bedeutet, dass die Objekte der Ironisierung dadurch gänzlich verneint werden. Denn eine stückweise Wahrheit ist stets darin.