Einige Tage habe ich Blogabstinenz geübt, vor allem weil ich mit der Familie in Berlin, der Heimatstadt meiner Frau war, und als ich zurück komme lese ich in den einschlägigen Medien noch immer von den Vergleichen zwischen Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus. Nicht, dass ein Vergleich nicht statthaft wäre, die beiden weisen offenbar sehr unterschiedliche Charaktere auf, die sicher auch zu einer unterschiedlichen Art der Amtsführung führen dürften aber einher geht dies meist mit einer Bewertung: Ist denn der alte oder der neue Papst katholischer? Und ich gebe zu: wenn ich mich zu dieser Frage schon mal geäußert habe, dann habe ich diese Bewertung auch vorgenommen (freilich mit dem Ergebnis: beide sind gleich katholisch!) und sie steht mir eigentlich nicht zu.
Besser gefällt mir dagegen der Ansatz den ich glücklicherweise auch in einigen Foren gelesen habe, auch in der Tagespost findet sich derartiges: Man kann das neue Pontifikat auch einfach wertschätzen ohne das alte aus den Augen zu verlieren! Es geht nicht darum, die Regale von Ratzinger/Benedikt-Werken zu säubern und Platz zu machen für Bergoglio/Franziskus-Veröffentlichungen, sondern beide als Geschenke der Kirche in gleicher Weise, vielleicht in unterschiedlichen Anwendungen, zu nutzen. Man muss die Bibliothek der Kirche eben erweitern, wie man das schon seit 2000 Jahren tut, auch wenn das mehr Platz benötigt als vermeintlich alte Zöpfe abzuschneiden, die es in der katholischen Kirchen eben gar nicht gibt. Umso schöner, wenn man in den Äußerungen von Papst Franziskus immer wieder deutlich eine gerade Linie zu seinen Vorgängern erkennt wie jetzt in seiner Katechese bei der Generalaudienz am 1. Mai. Es geht dort auch passend zum Fest des Heiligen Josef dem Arbeiter um den Wert der Arbeit, aber besonders um den Wert der Betrachtung, der sich auch aus dem Lebensbeispiel von Maria, Jesu Mutter, und seinem weltlichen Ziehvater Josef ergeben:
In der Stille ihres täglichen Tuns haben der heilige Josef sowie Maria einen einzigen gemeinsamen Mittelpunkt, dem sie ihre Aufmerksamkeit widmen: Jesus. Sie begleiten und beschützen zuverlässig und liebevoll das Aufwachsen des Gottessohnes, der für uns Mensch geworden ist, und denken über alles nach, was geschieht. In den Evangelien weist der heilige Lukas zweimal auf Marias Haltung hin, die auch die Haltung des heiligen Josef ist: Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach (2, 19.51).
Um auf den Herrn zu hören, müssen wir lernen, ihn zu betrachten, seine beständige Gegenwart in unserem Leben wahrzunehmen; man muss innehalten, um mit Ihm zu sprechen, Ihm durch das Gebet Raum geben. Jeder von uns, [ ] sollte sich fragen: welchen Raum gebe ich dem Herrn? Halte ich inne, um mit Ihm zu sprechen? Seit wir klein waren, haben unsere Eltern uns daran gewöhnt, den Tag mit einem Gebet zu beginnen und zu beenden, um uns zu dem Gefühl zu erziehen, dass Gottes Liebe und Freundschaft uns begleiten. Lasst uns täglich häufiger an den Herrn denken!
Von dort aus bezieht sich der Papst, wie es schon seine Vorgänger immer wieder gemacht haben, auf ein besonderes betrachtendes Gebet, dass uns die Kirche nicht nur aber vor allem im Marienmonat Mai ans Herz legt:
In diesem Monat Mai möchte ich die Bedeutung und die Schönheit des Rosenkranzgebets in Erinnerung rufen. Durch das Beten des Ave Maria werden wir dazu geführt, die Geheimnisse Jesu zu betrachten, das heißt, über die zentralen Momente seines Lebens nachzudenken, damit Er, wie für Maria und für den heiligen Josef, im Mittelpunkt unserer Gedanken, unserer Aufmerksamkeit und unseres Handelns steht. Es wäre schön, wenn vor allem in diesem Monat Mai der Rosenkranz oder ein anderes Gebet an Jesus und an die Jungfrau Maria gemeinsam in der Familie, mit Freunden, in der Gemeinde gebetet würde! Das gemeinsame Gebet ist ein wertvoller Moment, um das Familienleben, die Freundschaft noch mehr zu stärken! Lernen wir in der Familie und als Familie mehr zu beten!
Es ist also immer wieder das betrachtende Rosenkranzgebet, das uns die Kirche empfiehlt, und das uns auch die Päpste durch ihre Worte und durch ihr Beispiel ans Herz legen. Wer erinnert sich nicht an die Bilder des in die Betrachtung vertieften Papst Johannes Paul II. oder an die Bilder des in den vatikanischen Gärten betenden Benedikt XVI. Papst Franziskus setzt diese Linie unterbrechungslos fort, macht auch, wie seine Vorgänger, deutlich, dass es dabei ganz wesentlich darum geht, Jesus in den Mittelpunkt zu stellen, die Stationen seines Lebens zu betrachten ihn durch die Augen seiner Mutter Maria zu sehen (vielleicht auch durch die seines Ziehvaters?)
Dieses Gebet in der Familie zu beten ist dabei nicht immer leicht, was nicht nur daran liegen kann, dass einem das gemeinsame Gebet schwerfällt sondern auch daran, dass so ein Rosenkranz, gemeinsam laut gebetet und nicht runtergeleiert schon mal eine halbe Stunde Zeit beansprucht, die viele Familien nicht haben oder sich nicht nehmen. Wie dem auch sei: ich habe mir jedenfalls vorgenommen, im Mai immer mal wieder die Geheimnisse des Rosenkranzes zu betrachten und meine Erkenntnisse hier zu beschreiben. Das ersetzt nicht das eigene Gebet, kann aber vielleicht als Anregung dienen, dieses wunderbare betrachtende Gebet wieder in den Alltag zu integrieren. Die Serie ist also nicht auf Vollständigkeit angelegt sondern darauf, ein persönliches Zeugnis zu liefern, zum eigenen Gebet anzuregen und vielleicht zu Rückmeldungen zu animieren, über eigene Betrachtungen zu einem Geheimnis.
Viel schöner beschreibt dies natürlich auch wieder Papst Franziskus:
Liebe Brüder und Schwestern, bitten wir den heiligen Josef und die Jungfrau Maria, dass sie uns lehren mögen, unsere täglichen Aufgaben treu zu erfüllen, unseren Glauben in unserem täglichen Handeln zu leben und dem Herrn in unserem Leben mehr Raum zu geben, innezuhalten, um sein Antlitz zu betrachten. Danke.
Ergänzung: zur Technik des Rosenkranzgebetes möchte ich an dieser Stelle nichts schreiben. Wer also dieses Gebet noch nicht (oder nicht mehr) kennt, dem sei beispielsweise der Blog Rosenkranz + Pilgerzeichen empfohlen, der eine Anleitung zum Rosenkranzgebet enthält und auch sonst Lust auf dieses Gebet macht. Eine kurze Einführung in das Gebet bietet auch kathpedia. Zur Vertiefung des Hintergrunds des Gebets sei zusätzlich das apostolische Schreiben Rosarium Virginis Mariae von Papst Johannes Paul II. ans Herz gelegt, mit dem der Papst neben einigen Gedanken zum Rosenkranz auch die lichtreichen Geheimnisse zum regelmäßigen Gebet vorgeschlagen hat.
ankerperlenfrau
„Das gemeinsame Gebet ist ein wertvoller Moment, um das Familienleben, die Freundschaft noch mehr zu stärken! Lernen wir in der Familie und als Familie mehr zu beten!“
Den schönen Text von Benedikt XVI. kannte ich nicht, Danke für’s Einstellen und Danke für den Verweis auf „Rosenkranz + Pilgerzeichen“. Daß der Blog „Lust auf dieses Gebet macht“ ist das Schönste, was bisher gesagt wurde: Danke!
Papsttreuer
Der Text stammt aus der Katechese von Papst Franziskus vom 1. Mai. Ansonsten aber: gerne geschehen! Und vielen Dank für Ihren schönen Blog!