Den meisten Lesern dieses Blogs wird klar sein, dass ich versuche, mich möglichst (theologisch) korrekt auszudrücken, aber auch deutlich genug, damit die Botschaft auch ankommt. Ob mir das immer gelingt, da bin ich nicht sicher und so manch klares Wort wurde auch schon mal von meiner Frau mit den Worten War das jetzt nötig? kommentiert wobei sie eigentlich mit dem Zweifel immer im Rech ist, die entsprechende Formulierung eher der Tagesform und einem kleinen Zornanfall geschuldet war. Umso besser, wenn es andere gibt, die die richtigen und dennoch klaren Worte finden, auf die ich mich einfach beziehen kann. Der Papst ist dabei immer eine gute Adresse (wie es Benedikt war so ist es jetzt Franziskus), dem es qua Amt eigen ist, sich zwar diplomatisch und vor allem liebevoll aber eben auch klar auszudrücken. Bei deutschen Bischöfen wird es oft schwierig, wobei es auch da Ausnahmen gibt, vor allem in meinem Erzbischof Kardinal Meisner, im Limburger Bischof van Elst, auch andere tun sich manchmal bezogen auf ihr Leib-und-Magen-Thema hervor. Dankbar kann man beispielsweise den Augsburger Bischöfen, allen voran Bischof Zdarsa, sein, die trotz der Weigerung der Deutschen Bischofskonferenz sich hierzu empfehlend zu äußern, die europäische Initiative One of us zum Finanzierungsstopp aller Aktivitäten, bei denen Embryonen in den Bereichen Forschung, Entwicklungspolitik und Gesundheitswesen zerstört werden, gerade unterzeichnet haben und damit unterstützen (wie vor ihnen schon mein Kardinal und der Eichstätter Bischof Hanke.
Ein Blick über den Tellerrand, namentlich über den Atlantik, lässt mich nun auch manchmal staunen ob der klaren Worte, die dort (zumindest in Teilen) gesprochen werden. Gerade jetzt hat es unsere Glaubensbrüder in den USA wieder erwischt: der Supreme Court hat die weitgehende Gleichbehandlung von homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe beschlossen, insbesondere auch das Adoptionsrecht, das derzeit auch bei uns diskutiert wird. Hierzu äußert sich der New Yorker Kardinal Timothy Dolan in seinem Blog (wow, der hat einen eigenen Blog und schreibt auch noch regelmäßig dafür) The Gospel in the Digital Age in klaren wie auch nachvollziehbaren Worten. Ganz sicher, Aktivisten für eine Anpassung der traditionellen Ehedefinition werden ihn dafür mittelalterlich schimpfen, aber jeder Mensch guten Willens wird hoffentlich hinter seinen Worten, die er im Beitrag A Call to Counter Cultural Witness gefunden hat, seinen Wunsch erkennen, sich und seine Position, die katholische Lehre, verständlich zu machen, in der Sache hart, im Miteinander aber liebevoll. Er beschreibt seine Gefühle hinsichtlich der Umdefintion der Ehe durch das Gericht mit traurig, beunruhigend, und wenig überraschend.
Traurig, weil die Entscheidung die Erosion dieser grundlegenden Institution der Gesellschaft und der Zivilisation, der Ehe, beschleunigt. Dolan beschreibt detailliert die historische, naturrechtliche und gesellschaftliche Bedeutung der Ehe, verschweigt natürlich auch nicht den zentralen Charakter der Ehe als Abbild der Liebe Gottes zu uns. Mit anderen Worten, liebt Gott uns wie eine Ehefrau ihren Ehemann, wie ein Ehemann seine Ehefrau. Und so wie Gottes Liebe ewig, treu und fruchtbar (lebensspendend) ist, so ist es auch die Ehe. Er versucht dabei gleichzeitig klar zu machen, dass sich der Einsatz gläubiger Menschen als Einsatz für die Ehe und nicht gegen irgendjemanden richtet, man weder geschiedene Eheleute noch Homosexuelle noch Ehebrecher verurteilt. Man kann viele Menschen lieben, unsere Eltern, unsere Verwandten, gute Freunde. Aber man kann sie nicht heiraten. Die Ehe definiert sich über die Liebe, aber über eine einzigartige Liebe, die Kinder hervorbringt.
Beunruhigend ist die Entscheidung für Kardinal Dolan, weil die Verteidiger des bisher geltenden Ehebegriffs in Zukunft gezwungen sein könnten, ihre Haltung für sich zu behalten. Wenn wir unsere Meinung an unsere Kinder weitergeben wollen, sie unseren Freunden nahebringen, uns entsprechend verhalten und unseren Glaubenspflichten zu dienen, zu lehren und zu heilen öffentlich nachkommen wollen, müssen wir befürchten, schikaniert zu werden. Kritisch betrachtet der Kardinal dabei auch die Frage, wer denn nun wen Druck ausübt: Wir wurden mit dem Klischee versehen, unsere eigenartige Einstellung zur Ehe anderen aufzuzwängen. Wir sind beunruhigt, weil das höchste Gericht des Landes die Ehedefinition aushölt und eine neue Definition allen anderen aufzwängt. Er geht dabei auch auf die Rolle des Staates ein, der sich herausnimmt, eine Institution wie die Ehe neu zu definieren.
Die Entscheidung kommt für Kardinal Dolan aber auch nicht überraschend, er gibt sogar zu 5 $ in einer Wette gewonnen zu haben, dass das Gericht der Anklage folgen würde: Der Zug zur Umdefinition der Ehe hat den Bahnhof schon vor einem Jahrzehnt verlassen. Wir müssen traurig feststellen, dass wenn Hollywood, die Unterhaltungsindustrie, Universitätsprofessoren, die Gesellschafts- und Kommentarseiten der großen Zeitungen, die Sitcoms, Filme und Talkshows für ein Thema einsetzen, man besser nicht im Weg steht. Das was dann maßgebend wird, ist nicht das Naturrecht, sondern Umfragen, nicht die Verfassung sondern die [politische] Korrektheit, nicht die Bibel sondern Blogs und das Fernsehen, nicht die Kirche sondern die Mode.
Und wie geht man nun damit um, wie sollten wir zukünftig in Deutschland damit umgehen, wenn über kurz oder lang Gesetzgebung und Rechtsprechung die Definition der Ehe aushölen? Kardinal Dolan beschreibt zu Recht, dass es nicht sinnvoll ist wütend und verletzend zu werden. Das ist nicht angemessen und kontraproduktiv. Es ist auch nicht sinnvoll, sich abzuschotten gegen die Welt oder den guten alten Zeiten nachtrauern. Was wir einerseits tun sollten, ist die Botschaft des Glaubens weiter zu verbreiten. Dabei fangen wir am besten bei uns selbst an, denn viele Gläubige, auch viele Katholiken, teilen nicht unsere Reaktion von Trauer und Besorgnis hinsichtlich der Gerichtsentscheidung. Teil der Neuevangelisierung ist es, die zeitlose Botschaft unseres Glaubens (wie die der Ehe) auf überzeugende, schlüssige und frische Weise zu verbreiten, um die Gläubigen selbst wieder zum Glauben zu bringen. Daneben sollte uns klar sein, dass wir mit unserer Einstellung immer gegen zeitgenössische Trends stehen werden und wir sie trotzdem heldenhaft vertreten sollten. Als loyale und gläubige Bürger unseres Landes sollten wir auch nicht aufhören, einmal angelaufene Trends wieder zu drehen und unsere Regierung daran zu erinnern, dass Gewissens- und Religionsfreiheit, keine Geschenke oder Zugeständnisse der Regierung sind sondern der Natur und der Würde des Menschen entspringen.
Den letzen Abschnitt seines Beitrags möchte ich gerne im Original wiedergeben es ist eben doch etwas anderes, den Text im Kontext des 4. Juli, des Unabhängigkeitstag der USA, auf englisch zu lesen als in einer etwas holprigen Übersetzung (die ich trotzdem anhänge für alle Leser, die des Englischen nicht mächtig sind):
And, we never give up hope. The witness given by our husbands and wives, moms and dads, to faithful, life giving, lifelong love is more cherished and essential than ever. These days, the vocation of a man and woman, united forever in faithful love, leading to babies and families, is as potent a sign as celibacy is for priests!
Besides, the truth shall set us free! That always gives us encouragement, and trumps worry and sadness, right?
A blessed Independence Day!
[Und wir werden die Hoffnung nicht aufgeben. Das Zeugnis der Ehemänner und Ehefrauen, der Mütter und Väter, der treuen, lebensspendenden, lebenslangen Liebe, ist mehr wertzuschätzen und notwendiger denn je. Heute ist die Berufung eines Mannes und einer Frau, für immer vereint in treuer Liebe, die zu Kindern und Familien führt, ein mindestens so machtvolles Zeichen wie es der Zölibat der Priester ist!
Außerdem: Die Wahrheit wird uns befreien! Das wird uns immer Mut machen und Sorgen und Trauer überwinden, oder?
Einen gesegneten Independence Day!]
Michael M
Da momentan die Ehe ihres Wortsinnes beraubt wird, sollten wir vielleicht ein neues Wort finden, das die Ehe beschreibt.
„Matrimonium“ (lat.) statt Ehe würde sich anbieten und vielleicht könnte man das alte deutsche Wort „Gatte“ wieder reaktivieren als Gegensatz zum heutigen „Partner“.
Beides drückt die Vereinigung und die ihr innewohnende Fruchtbarkeit aus.