An das Thema Direkte Demokratie geht man hierzulande eher mit langen Fingern ran. Einerseits soll so die Logik das Volk durchaus die Politik bestimmen, das Volk gilt als Souverän des Staates, jedenfalls dann, wenn es sich um einen demokratischen Staat handelt. Schwierig wird es, wenn das Volk etwas will, dass die gewählten Vertreter des Volkes oder eine angebliche Meinungsmehrheit so ganz anders sehen oder wenn ein anderes Volk etwas so ganz anders sieht als die Befragten. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass ein befragtes Volk etwas entscheidet, was andere für sachlich falsch, schädlich oder gar unmenschlich halten. Die Gretchenfrage Wie hältst Dus mit der Demokratie? wird dadurch schnell zu einer ideologischen. Erlaubt ist nur, was gefällt!
In einem Referendum haben sich die Kroaten nun offenbar mit großer Mehrheit gegen die Erweiterung des Ehebegriffs auf die sogenannte Homo-Ehe ausgesprochen, in dem sie in der Befragung die Frage bejahten, ob in der Verfassung, die Ehe als Beziehung zwischen Mann und Frau festgelegt und geschützt werden solle. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich nicht behaupten kann, mich in der sonstigen kroatischen Rechtslage oder der kroatischen Volksseele überhaupt besonders auszukennen, aber mir erscheint die Forderung einer Engfassung der Ehedefinition durchaus neutralen, klärenden Charakter zu haben. Der Begriff der Ehe ist in Europa nun mal christlich vorgeprägt und niemand wird ernsthaft behaupten, dass beispielsweise die deutschen Verfassungsväter beim Schutz der Ehe eine homosexuelle Verbindung im Hinterkopf hatten. Diese Engführung kann man natürlich ändern, aber nicht durch die kalte Küche indem man einfach in den Köpfen geprägte Definitionen umwidmet.
Die Kroaten haben sich also entschieden: die Ehe soll geschützt sein und der Begriff (nur) Anwendung finden für heterosexuelle monogame Beziehungen. Das ist sowenig diskriminierend wie es eine Definition von Fischen ist, unter deren Schutz sich ein Delfin nun mal leider nicht stellen kann. Es passt allerdings nicht ins Bild einer westlich geprägten Welt, die alles in einen Topf werfen will, für die ein Delfin eben auch ein Fisch sein darf, wenn der sich ansonsten ob der Fangquoten für Fische diskriminiert fühlen würde. So spart man sich die lästige Frage, ob ein Delfin eigentlich schützenswert ist.
Ich gebe gerne zu, dass solche Referenden ein zweischneidiges Schwert sind: Vox populi vox Rindvieh pflegte mein alter Lateinlehrer, durchaus auch als Lehre der von ihm noch miterlebten Nazidiktatur, zu sagen: „Die Stimme des Volkes ist die Stimme eines Riendviehs“. Nur weil eine Mehrheit für etwas ist, heißt das noch lange nicht, dass es richtig oder gar gut ist. Und auch als Katholik kann ich ein Referendum, wie es in Kroatien durchgeführt wurde, selbst wenn ich den dahinter stehenden Grundgedanken des Schutzes der christlichen Ehe vor einer Verwässerung teile, auch kritisch sehen. Denn ob mancher, der für den Schutz der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau votiert hat, dabei nicht auch im Hinterkopf haben könnte, den Homosexuellen und ihrer Lobby eins auszuwischen oder der tatsächlich Ressentiments gegen Homosexuelle im Allgemeinen damit zum Ausdruck bringen wollte, die mit christlicher Nächstenliebe und der Forderung nach Respekt und der Ablehnung von Diskriminierung, wie sie im Katechismus festgelegt ist, nichts zu tun haben wer weiß das schon?
Umgekehrt: Wer heute in den gängigen Mainstreammedien die Reaktionen verfolgt, der reibt sich die Augen, wie mit einem Federstrich die demokratische Entscheidung eines souveränen Volkes verteufelt wird als diskriminierend, der Mitgliedschaft Kroatiens in der EU unwürdig und überhaupt archaisch. Für mich den Vogel abgeschossen hat ein Kommentator auf tagesschau.de, der das Ergebnis des Referendums der mangelnden Bildung der Kroaten zuschreibt. Zu Ende gedacht wird hier, nicht nur bei dieser Person sondern generell in der veröffentlichten Meinung, die Diktatur der Elite gefordert, wobei die Kommentatoren sich offenbar wie selbstverständlich zu dieser Elite zählen.
Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ich die Demokratie an sich auch nicht für die beste Erfindung seit geschnittenem Brot halte, genau aus der Gefahr heraus, dass sich Menschen nicht zwingend für das Beste entscheiden, sondern für das, was ihnen am besten erscheint oder für sie persönlich und kurzfristig am besten ist (wie sonst kämen Erfolge von Parteien zustande die im Grunde nicht finanzierbare Wahlgeschenke versprechen?) Wer aber etwas anderes will als Demokratie, der sollte das auch sagen und nicht so tun, als habe man es in Kroatien mit der Rückkehr des Faschismus zu tun, wie auf tagesschau.de ebenfalls angedeutet wird. Das Bewusstsein eines Volkes, dass die Familie den Kern ihrer Gesellschaft darstellt und diese auf der Ehe zwischen Mann und Frau fußt, hat sich in dem Referendum zum Entsetzen sozialklempnerischer Gutmenschen Bahn gebrochen. Eine Selbstverständlichkeit, dass die Ehe eine Beziehung zwischen Frau und Mann erfordert, wurde bestätigt. Was durch das Ergebnis hinterfragt wird, ist die Arroganz, mit der sich bestimmte Gesellschaftsgruppen über solche einfache Wahrheiten hinwegsetzen wollen. Das Objekt der Betrachtung, das Referendum in Kroatien und dessen Ergebnis ist darum ganz und gar ungeeignet, als Maßstab für eine Verurteilung eines Volkes herzuhalten eher wäre es ein gegenteiliges Ergebnis gewesen, dem man sich in einem demokratischen Rechtsstaat aber in gleicher Weise zu beugen hätte als loyaler Bürger, nicht als Katholik, für den die Ehe immer das von einem Mann und einer Frau gegenseitig gespendete Sakrament sein wird, das auch durch noch so viele gesetzliche Winkelzüge nicht außer Kraft gesetzt werden kann, sowenig wie man per Gesetz einen Delfin zu einem Fisch machen kann.
Harald Stollmeier
Kompliment! Sie legen ohne ein einziges unfreundliches Wort die Unaufrichtigkeit bloß, die der medialen Verurteilung des kroatischen Referendums zugrunde liegt, ja, zugrunde liegen muss. In Wirklichkeit kann man das Ergebnis eines demokratischen Referendums nicht verurteilen, ohne gleichzeitig eine Einschränkung der Demokratie zu vertreten.
Hinzu kommt, und das kann man aus katholischer Sicht schon beinahe amüsant finden, dass man für die Missbilligung einer eindeutigen demokratischen Entscheidung mit der Demokratie als Grundlage nicht auskommt: Es bedarf einer der Mehrheitsmeinung entzogenen Grundlage, eine prädemokratischen Wahrheit, ob man sie nun Naturrecht oder Tao nennt. Bloß dass auf dessen Grundlage bisher die Ehe verteidigt wurde und nicht ihre Gleichsetzung mit homosexuellen Lebensgemeinschaften …
Papsttreuer
Naja, sozialklempnerische Gutmenschen könnte man auch netter sagen … aber danke für den Kommentar! :-)
Gottes Segen
Der Papsttreue