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  1. Da immer wieder Sympathisanten von Pegida Menschen mit einer differenzierenden Betrachtungsweise abwertend als “politisch korrekt” abtun, hier einige Gedanken dazu.
    Ich sehe jetzt mal zwei Deutungsebenen der “politischen Korrektheit”.
    – Einerseits bezeichnet sie einen historisch mühsam erarbeiteten gesellschaftlichen Konsens bezüglich des respektvollen und wertschätzenden Umgangs mit Menschen anderen Geschlechtes, anderer Hautfarbe, nichtheterosexueller Lebensweise, anderer Nationalität, anderer Religion, körperlicher bzw. seelischer Behinderung, mit Arbeitslosen, Armen etc. So wie es als Menschenwürde auch verfassungsrechtlich geschützt wird. In diesem Sinne ist “political correctness” eine der wesentlichen menschheitlichen Errungenschaften.
    – Andererseits kann man darunter verstehen, was Erich Fromm und Arno Gruen als die Krankheit des Normalen kritisieren, nämlich der alltäglich allgemein hingenommene Irrsinn der Ausbeutung von Mensch und Natur zugunsten eines auf herzlosem Konkurrenzdenken basierenden Wirtschaftswachstumsparadigmas, das einer immer kleiner werdenden Finanzelite immer wahnwitzigere Geldbeträge nach oben hin abführt, dabei sogar Kriege in Kauf nehmend. Dass die entsprechenden Politiker und Interessengruppen dann nicht gerne darüber reden oder reden hören, wenn Luft, Böden und Gewässer global vergiftet werden und wenn Hirne und Gemüter der Menschen durch Werbung und Konsum vergiftet werden, wenn im Rausch von Konsum und Mobilität nicht einmal die heilige Sonntagsruhe eingehalten wird, auf dass der Mensch sich wenigstens am siebten Tag rückbindet mit der bedingungslos liebenden Gegenüberhaftigkeit als solcher, die ihn erst zur menschlichen Person erschuf und erschafft, wenn Tiere in der Massentierhaltung grausam leiden, wenn Menschen in anderen Ländern regelrecht versklavt werden zur Ermöglichung von “Geiz ist geil” in Billigdiscountern in Deutschland (parallel dazu etwa in Deutschland der Umgang mit Menschen in “Hartz 4″), wenn westliche Waffen diese geschundenen Menschen von ihrem berechtigten Protest abhalten (und solche Protestierenden allzuleicht als “Terroristen” abgestempelt werden) etc. und wenn in vielen Medien über diese Zusammenhänge kalt hinweggegangen wird, dann widersetzt sich etwa auch ein Eugen Drewermann – in der Nachfolge Erich Fromms – ausdrücklich einer totschweigenden, verdrehenden, erstarrten und erstarrenden “politischen Korrektheit”.

    Gruss
    Peter Friedrich

  2. Sehr geehrter Herr Friedrich, zunächst wünsche ich ein gesegnetes neues Jahr 2015 und danke für Ihren Kommentar. Grundsätzlich kann ich Ihre beiden Ansätze nachvollziehen, wobei ich nicht recht sehe, an welcher Stelle die unter ihrem zweiten Punkt aufgeführten Kritikpunkte im Sinne der „political correctness“ (pc) nicht formuliert werden können? Im Gegenteil scheint es doch zumindest medial Konsens zu sein, dass die Übel dieser Welt in der Ausbeutung und dem Konkurenzdenken begründet liegen. Für eine solche Aussage ist heute doch kein Mut und kein Verstoß gegen die pc erforderlich? Wenn Sie meinen Blog kennen, werden Sie auch nachvollziehen können, dass ich dazu eine gänzlich andere Einschätzung habe, die in der Tat aktuell keinen Konsens darstellt.

    Was vor diesem Hintergrund aber fehlt ist ein dritter Aspekt, der insofern schwer zu beschreiben ist, als er fließend von ihrem ersten Punkt übergeht. Wenn nämlich die Forderung nach respektvollem Umgang dazu führt, dass eine Wahrheit oder auch nur eine Meinung nicht mehr gesagt werden darf, egal wie respektvoll sie formuliert ist, dann ist das schon ein Mangel, gegen den sich – wie mir scheintl, ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass das nicht meine Veranstaltung ist – Aktionen wie Pegida wenden. Um beim Beispiel Pegida zu bleiben: „Ausländer raus“ ist natürlich kein respektvoller Umgang, weder in der Einstellung noch in der Wortwahl. Infragezustellen, ob die jetzige Einwanderungspolitik tatsächlich eine Bereicherung darstellt, ob es Unterschiede in den Herkunftsländern und Religionen von Migranten und Flüchtlingen gibt, das sollte möglich sein und wird doch direkt mit dem Stempel „Fremdenhass“ oder „Islamfeindlichkeit“ versehen. Hier wird der ursprünglich mal ehrenwerte, im ersten Punkt von Ihnen beschrieben Ansatz der pc pervertiert.

    Ich hoffe, ich habe klar machen können, worum es mir geht?

    Ihnen Gottes Segen!

  3. Danke für Ihre Antwort und auch Ihnen ein gutes Neues Jahr!
    Da ich wenig Zeit habe und auch möglicherweise in nächster Zeit nicht schreiben kann, vielleicht noch als Teilantwort auf das Thema der angeblich nicht mehr zu sagen erlaubten Meinungen (welche ständig gesagt werden) und zur Erhellung meiner Position folgenden Brief:
    „Lieber A.,
    absichtlich habe ich mich jeglichem Disput bezüglich jeglicher Verfolgungsideen nicht angeschlossen, Sie verstehen.
    Abgesehen davon, dass ich mich beispielsweise in keinster Weise irgendeinem „Gesinnungsterror“ ausgesetzt sehe, wenn Homosexuelle ihre Form partnerschaftlicher Liebe und Zärtlichkeit als völlig gleichwertig betrachtet sehen wollen
    zu meiner eigenen heterosexuellen Weise zu leben und zu lieben (dabei kann ich Homosexuellen gleichermassen vom Herzen her alles Glück wünschen und – auf mich selber bezogen – Homosexualität abstossend finden, das nur am Rande), meine ich, dass all das, was zum Thema Gender, Homo, Pegida etc. gesagt wird, mit meinem Verständnis einer christlichen Haltung im Leben erst einmal überhaupt nichts zu tun hat. Unter „christlich“ verstehe ich grundsätzlich die Frage des Menschen nach Erfüllung seines tiefsten und wesentlichsten Bedürfnisses nach dem Geliebtwerden. Wie vermenschlicht sich ein Mensch im zentralen Gefühl
    des Geliebtseins und beginnt – in der religiösen Sprache – ein ganz neues Leben aus „Gott“, dem Gott, der die personale und mitfühlende Liebe
    selbst ist, das wäre für mich das
    öffentlich zu behandelnde Thema.
    Ich meine, dass sich dann der Blick auf Ausländer und Minderheitengruppen anders darstellen würde.
    Die Gräueltaten von „ISIS“, diese sadistischen Mordrituale, machen mich als Mensch ersteinmal böse, wütend, ja hassend. Wenn so ein glaubenstoller Islamist seinem hilflosen Opfer den Kopf abschneidet, dann krieg ich mich erstmal nicht mehr ein!
    Solche Gefühle halte ich für absolut gerechtfertigt.
    Aus meiner christlichen Haltung heraus kann ich jedoch später noch eine andere Perspektive einnehmen: Kein Mensch wird geboren, um Anderen soetwas anzutun. Irgendetwas liess ihn zur Bestie werden, man könnte dann die Gräueltat als Schrei nach Liebe wahrnehmen.
    Und wenn ein solcher Täter eines Tages ruhiger, liebesfähiger geworden sein sollte und zu fühlen beginnt, was er da eigentlich angerichtet hat – vielleicht sind seine Qualen dann schlimmer als bei seinem Opfer?
    Ich glaube, lebendige Christen denken so.
    Ich schreibe dies besonders ausführlich, weil wohl ein wesentlicher Teil der Aengste der westlichen Bevölkerung angetrieben ist durch besagte zur Schau getragene Grausamkeit im Orient.
    Irgendwann muessten wir also den Hintergründen solchen Verhaltens in südlichen Ländern nachgehen. Und könnten vielleicht nach und nach entdecken, wie wir selber darin verwickelt sind.“

    Nochmal zum Thema „Besorgte Eltern“ / Homosexualität etc.:
    Es sei angemerkt, dass die „Demo für alle“ etc. implizit u. a. darauf basiert, dass Homosexualität etwas irgendwie Böses und Schlechtes sei, das heute Kindern boshafterweise „schmackhaft“ (Meves) gemacht werden solle.
    Nicht nur, dass solche Annahmen und Unterstellungen einfach nur völlig irre sind, sie sind vor allem eine ungeheuerliche Beleidigung und Menschenverachtung der verfemten Minderheiten, zu denen übrigens auch die eigenen Kinder gehören könnten!
    Und wenn ein Kind nichtheterosexuell wird – was ist daran eigentlich schlimm?

    Alles Gute
    Peter Friedrich

    • Lieber Herr Friedrich,
      danke auch für diesen umfassenden Kommantar, auf den zu antworten sich ein eigener Blogbeitrag lohnen würde. Daher fasse ich mich kurz und gehe zunächst nur auf den bereits diskutierten Punkt der political correctness ein:

      Die Frage, ob es überhaupt politisch inkorrekte Formulierungen gibt, die heute nicht geäußert werden können, ist in der Tat berechtigt. Ein Großteil derjenigen, die die pc beklagen tun dies womöglich nur, weil ihre Meinung kein Gehör findet, nicht weil sie sie nicht äußern könnten. Das ist natürlich ein erheblicher Unterschied. Andererseis gibt es eben auch die Tendenz der einsetzenden Schere im Kopf oder dessen, was „Schweigespirale“ genannt wird, dass man sich nämlich nicht mehr traut, bestimmte Dinge öffentlich zu sagen, weil man z.B. berufliche Konsequenzen fürchtet. Da sind zum Beispiel Personen wie Matussek oder Pirincci im Vorteil, ein normaler Angestellter tut dagegen gut daran genau zu überlegen, ob er in der Firma äußert, Pegida-Anhänger oder Einwanderungskritiker zu sein. Der Übergang erscheint mir auch hier fließend.

      Die anderen Punkte zum Gender Mainstreaming oder zur Demo für alle lassen sich leider nicht in der in einem Kommentar gebotenen Kürze, beantworten. Viele der Gegner des Gender Mainstreamings argumentieren sicher auf Basis der christliche Wertordnung, aber auch rein weltliche Beobachter halten das Konzept für unwissenschaftlich und ideologisch. Wenn so etwas in Schulen vermittelt wird, dann soll das offenbar einen Eziehungsaspekt haben (wohlgemerkt nicht, um jemanden homosexuell „zu machen“), von dem ich deutlich ablehne, dass der beim Staat liegen sollte. Bildung gehört primär in die Schule, Erziehung primär in die Familie (natürlich gibt es Überschneidungen). Oder um es akzentuierter zu sagen: Auch eine negative Beurteilung der Homosexualität in der Schule (außerhalb des Religionsunterrichts) halte ich für falsch!

      Ich hoffe, sie bleiben trotz weniger Zeit dem Papsttreuen Blog als Leser erhalten und freue mich auf weitere Diskussionen. Gerade in diesen Themen ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben!

      Herzliche Grüße und Gottes Segen für Sie!

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