Wenn Gerichte oder die Medien entscheiden, welchen Auftrag ein Unternehmen anzunehmen hat, ist wieder mal die Freiheit in Gefahr.
Gay-Pride-Torten sind ein Muss, Pegida-T-Shirts sind Autobahn – so oder so ähnlich lassen sich ein paar in Zusammenhang gesetzte Schlagzeilen zusammenfassen. Natürlich lassen sich beide nicht direkt vergleichen, natürlich entstammen die Hintergründe unterschiedlichen Rechtssystemen … und trotzdem: Es geht auch um die mediale Begleitung bestimmter Themen:
Vor einiger Zeit wurde berichtet, dass eine irische Bäckerei zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil sie sich weigerte, den Auftrag, eine Torte mit den Sesamstraße-Figuren Ernie und Bert und dem Spruch „Support Gay Marriage“ („Unterstützt die Homo-Ehe“) zu erstellen, ablehnte. Ebenfalls nicht lange her ist es, dass eine us-amerikanische Bäckerei zu nicht weniger als 135.000 $ Schmerzensgeld verurteilt wurde, weil sie es ablehnten, eine Hochzeitstorte für ein lesbisches Paar zu backen. In beiden Fällen argumentierten die Bäckereien mit ihrem christlichen Glauben, nach dem sie Homosexualität ablehnten. Einhellig die Beurteilung damals in den Medien: Das war Diskriminierung, die Verurteilungen sind richtig so!
Nun kann man sich trefflich darüber streiten, ob es eigentlich besonders sinnvoll ist, einen solchen Auftrag abzulehnen – die Presse ist einem jedenfalls sicher, und wie die Dinge nun mal liegen, ist die gegenüber solchen Aktionen wie gegenüber Christen generell nicht gerade positiv gestimmt. Der Sache Jesu ist mit so einem Vorgehen im Zweifel nicht gedient, möglicherweise hätte man auch wertschätzender mit den Auftraggebern umgehen können … aber die Details kenne ich gar nicht, kann also auch nicht beurteilen, wie ich gehandelt hätte. Generell bin ich aber der Ansicht, dass noch jedes Unternehmen und jeder Unternehmer selbst entscheiden können soll, wen er bedient und welche Aufträge er annimmt. Einen Kontrahierungszwang sollte es ganz generell nicht geben. Und wer dann Aufträge wie diese ablehnt, verpasst Umsatz und verschlechtert möglicherweise seine Reputation. Das sind die Konsequenzen eines freien Marktes. Und selbst, wenn man das Handeln der beiden Bäckereien nicht gutheißt: Wieso meinen Gerichte, festlegen zu können, welche Aufträge sie anzunehmen haben?
So kann ich es aus dieser Sicht auch der Firma „Spreadshirt“ nicht verübeln, dass sie sich weigerte, den Auftrag für ein T-Shirt mit dem Aufdruck „I love Pegida“ anzunehmen. Ich halte von Pediga nicht viel, von dieser Art T-Shirt noch viel weniger. Man mag trotzdem die Frage stellen, ob sich Bewegungen wie Pegida eigentlich außerhalb unseres Verfassungsrahmens bewegen, was die Entscheidung von „Spreadshirt“ nachvollziehbar machen würde. Da das bislang jedenfalls nicht der Fall ist, passt also der Druck-Firma die Gesinnung seiner Kundin nicht. Muss man nicht gut finden, aber auch hier sollte der Grundsatz gelten: Kein Kontrahierungszwang, niemand sollte gezwungen werden können, mit jemandem Geschäfte zu machen. Die Kundin ist zwischenzeitlich an anderer Stelle fündig geworden, wie wohl auch die Besteller der Gay-Marriage-Torte sicher anderweitig ihre Bitte erfüllt bekommen haben … der Markt funktioniert!
Nur diesmal reibt man sich als naiver Mediennutzer die Augen: Da ist kein Wort von Diskriminierung die Rede, kein Schmerzensgeld dafür, dass „Spreadshirt“ die Meinung der Kundin in einer Antwort als „rassistische, diskriminierende und menschenverachtende Äußerungen“ betrachtet. Stattdessen Überschriften wie „So mutig reagiert eine T-Shirt-Druckerei auf eine Pegida-Anfrage“ beim Focus. Natürlich darf auch ein privates Nachrichtenmagazin schreiben, was die Redaktion will, aber ganz offensichtlich wird hier doch mit zweierlei Maß gemessen. Abgesehen davon, dass eine Ablehnung eines Pegida-Auftrags wohl kaum besonderen Mut erfordert, ist der Applaus in diesem Fall und die Kritik im anderen, nicht so einfach unter einen Hut zu bringen.
Offenbar scheint die Devise zu sein: Freiheit gilt nur so lange als verteidigungswürdeig, wie sie in der richtigen Gesinnung ausgefüllt wird. Eine Torte für eine homosexuelle Verpartnerung? Darf man nicht ablehnen! Ein T-Shirt für eine – meinetwegen – rechtslastige Bewegung? Muss man nicht machen! Sind von da aus nur ein paar Schritte bis zum „Darf man nicht machen“? Denn ein Unternehmen, das sich auf einen derartigen Auftrag einlässt, wird sich zukünftig medial an „Spreadshirt“ messen lassen müssen. Da braucht’s gar kein Verbot, das macht man dann – wenn der eigene Ruf nicht ohnehin schon „rechts“ ruiniert ist – von ganz alleine nicht mehr.
Ich finde die Ablehnung der Bäckereien, so wie sie sich in den Medien darstellen, nicht gut, hätte persönlich anders gehandelt. Ich mag Pegida nicht, und ich kann durchaus nachvollziehen, wenn ein Unternehmen aus grundsätzlichen Erwägungen solche Aufträge wie die für ein entsprechendes T-Shirt ablehnt. Aber das eine zu bejubeln und das andere zu verurteilen verheißt nichts Gutes mit Blick auf die Freiheit der Zivilgesellschaft und des Marktes.
akinom
Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die sich in unserer Familie ereignet haben soll: Bei einem Hochzeitsmahl mahnte die Oma der Braut den Opa auf impertinente Weise immer wieder: er möge doch auf seine „wete Weste“ aufpassen. Diesem platzte schließlich der Kragen. Er patschte mit beiden Händen immer wieder in die Ochsenschwanzsuppe und auf seine Weste und skandierte dabei lautstark: „Ick… kann…mit… mene… wete… Weste… maken,… wat…. ick…will !!!“
Die Zeiten sind offenbar längst vorbei und auch schon das „ehrenwerte Haus“
aus dem Song von Udo Jürgens. Längst darf ein Hausbesitzer nicht mehr frei entscheiden, mit wem er einen Mietvertrag machen will und mit wem nicht.
Für Rechtsanwälte ist sinnloser Streit um solche Mietverträge,Gay-Torten und Pegida-Shirts und anderen Schwachsinn ein lohnendes Geschäft, während in Großstädten No-Gos-Areas, Massenschlägereien etc. die Justiz zunehmend lahm legen.
Papsttreuer
Danke für den Kommentar: Genau darum geht es! Kann ich mit dem, was mein ist (mein Geld, mein Unternehmen, meine Arbeitskraft) auch eingedenk meiner christlichen Verantwortung tun was ich will, oder nicht? Und wenn nicht, wer hat dann das Recht, mich einzuschränken? Roland Baader hat das mal treffend formuliert: „“Das einzig wahre Menschenrecht ist das Recht, in Ruhe gelassen zu werden“
Natürlich gibt es für einen Christen eine wesentliche moralische Instanz, die mich einschränkt – aber diese Einschränkung nehme ich freiwillig in Kauf, diese Instanz, Gott selbst, drängt sich nicht auf sondern lässt mir die Wahl, ihm zu folgen oder nicht. Versuchen wir das mal beim Staat oder bei den Steuern?!
akinom
Offenbar hat sich auch Gerhard Richter zu Ihrem und meinem Kommentar geäußert und sieht „Eingriff in die Freiheit“. Heute las ich in einer dpa-Meldung unter dieser Überschrift: „Der Maler Gerhard Richter sieht in der geplanten Verschärfung des Kulturgutschutzgesetzes einen Eingriff in die Freiheit. ‚Niemand hat das Recht, mir vorzuschreiben, was ich mit meinen Bildern mache‘, sagte er der DRESDNER MORGENPOST. Er werde seine Bilder nicht irgendeiner Kommission zeigen und fragen, ob er sie verkaufen dürfe, sagte der teuerste lebende Gegenwartskünstler. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung den Schutz von Kulturgut neu regeln und an EU-Recht anpassen. Verschärft werden dadurch unter anderem die Ausfuhrbeschränkungen. Die Reaktion seines Malerkollegen Baselitz, der nun seine Dauerleihgaben zügig aus deutschen Museen abzieht, kann Richter verstehen. ‚Ich würde es genau so machen: Die Bilder aus den Museen holen, schnellstens auf den Markt bringen und verkloppen.'“
Peter Friedrich
„…, nach dem sie Homosexualität ablehnten. …“ – Wessen Homosexualität bloß lehnten sie ab, frage ich mich?!?
Übrigens hat es in der Bundesrepublik nie die Freiheit gegeben, jemandem eine Dienstleistung wegen seiner persönlichen Merkmale zu verweigern. „Ich bediene Sie nicht, weil Sie eine andere Hautfarbe/Rasse/sexuelle Orientierung haben.“ – Zum Glück geht das nicht mehr!
Papsttreuer
Danke für den Kommentar – aber da ich kein Jurist bin, wäre ich für Aufklärung dankbar: Gibt es – abgesehen vom Taxigewerbe und anderen kleineren Branchen – einen Kontrahierungszwang? In den von mir geschilderten Fällen geht es ja nicht darum, dass eine Bäckerei ein homosexuelles Paar oder „Spreadshirt“ nicht eine Anhängerin von Pegida bedienen wollte; sie wollten einen bestimmten Auftrag nicht annehmen. Das ist schon noch ein Unterschied.
Gottes Segen!
Tabea Schiller
http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__2.html begründet einen Zwang, greift hier aber jedenfalls nicht. Trotz des Gesetzes wird auch jeder halbwegs intelligente Mensch unliebsame Personen unter vorgeschobenen Gründen abweisen. Derartige Diskriminierungsverbote sind primär Symbolpolitik.
Aufgrund der Nähe des Produktes zum Glauben sollte die Verweigerung ohnehin hinzunehmen sein.
Im konkreten Fall ist es nach irischem Recht wohl nicht falsch, gut finden muss man die Gesetze natürlich nicht.
Einfache Brötchen wären (v.a. moralisch-ethisch) ein anderes Thema, ebenso wie ein Produkt, für das eine Monopolstellung besteht. Darunter fallen Hochzeitstorten sicher nicht, ein Paar kann ohne Aufwand auf Alternativen zurückgreifen.
Von daher – Nehmen wir an, die Verweigerung der Bäckerei wird akzeptiert. Wie schon festgestellt fällt die Reputation, sie verlieren Kunden. Andererseits gewinnen sie womöglich einen homophoben Kundenstamm. Ähnlich der Nazi-Bekleidungsmarken (wo wir schon beim Thema Verbote sind) bildet sich eine Nische heraus, die mit zwei oder drei Hochzeitstortenbäckern auch gesättigt sein dürfte.
Alles in allem kein großes Drama.