Der Sonntag ist ein Geschenk Gottes – Nehmen wir es richtig an?
Ist shoppen am Sonntag eine Sünde? Die Frage kann man sich stellen, wollte man die Heiligung des Sabbats im Judentum und des Sonntags im Christentum legalistisch betrachten. Aber wie schon Jesus festegestellt hat, dass der Sabbat für den Menschen da ist, fängt man mit dieser Frage an der falschen Seite an. Das hat Papst Franziskus in seiner neuesten Katechese deutlich gemacht. Es ging wieder um die Familie, darum, welche Elemente den Rhythmus des Lebens der Familie bestimmen: das Fest, die Arbeit und das Gebet.
Am Mittwoch ging der Papst auf das Thema der Feste, besonders des Sonntags ein. Ausgehend von der Schöpfungsgeschichte (Genesis 2,3) sind wir als Abbilder Gottes aufgefordert, es ihm gleich zu tun und am siebten Tag „das Werk der Arbeit zu betrachten und zu genießen, liebevoll und dankbar auf die Familie, Kinder und Freunde zu schauen, auf das Haus und die Gemeinschaft, die uns umgibt.“ (Zitate hier wie im Folgenden von vatican.va, der offiziellen Übersetzung der Katechese, der Wortlaut wird anders gewesen sein). Dabei macht Franziskus deutlich, dass es dabei nicht nur um die Anbetung Gottes geht, um den Dienst an Gott, den man am Sonntag in besonderer Weise verrichtet, sondern auch um die Justierung der Prioritäten:
Wir dürfen keine Sklaven der Arbeit sein. Die Profitbesessenheit und Leistungsorientierung gefährden heute oft den Rhythmus des menschlichen Lebens. Die Zeit der Erholung, vor allem am Sonntag, dient unserem Wohl. Sie darf ihrerseits nicht durch die Ideologie des Konsums zu einem Geschäft verkommen, so dass uns der Drang zu konsumieren am Ende müder zurücklässt als vorher.
Mich erinnert das an eine Frage, die meine Frau und ich uns kürzlich gestellt haben, nämlich ob man am Sonntag Sport machen, beispielsweise in ein Fitness-Studio gehen dürfe. Das allerdings hat zwei Aspekte: Der eine bezieht sich auf mich selbst, der andere auf diejenigen, die dort arbeiten:
Ist der Sport für mich eine Erholung oder eine weitere Pflicht, zu deren Erfüllung ich in der Arbeitswoche nicht komme? Bin ich am Montagmorgen, nicht nur wegen des Sports sondern auch wegen anderer Aktivitäten, müder als am Samstagabend? Dann habe ich den Sonntag einfach nicht in der Weise genutzt, wie Gott ihn sich – für mich – gedacht hat. Egal, was ich am Sonntag also unternehme, es sollte sich in den Zweck dieses heiligen Tages einfügen. Wer sich den ganzen Tag auf dem Golfplatz fern der Familie um die Ohren schlägt, der begeht diesen Tag nicht in der Weise wie er gut für ihn wäre. Es geht dabei nicht um ein Ver- oder Gebot sondern darum, was gut für mich ist. Die Entscheidung, was meiner Familie und mir an diesem Tag dient, kann man also nicht pauschal beantworten, muss man sich aber gegenseitig stellen und gemeinsam beantworten.
Etwas anderes ist es, wenn ich mit meinen Aktivitäten, die der Entspannung, auch der Betrachtung der Woche dienen, anderen Arbeit mache: Im Fitness-Studie arbeiten Menschen, die sich in dieser Zeit eben nicht erholen können. In einem Restaurant, das ich besuche, um nicht kochen zu müssen, kochen andere für mich und bedienen mich. Ich will an dieser Stelle nicht päpstlicher sein als der Papst selbst, aber zumindest dem Gedanken Raum zu geben, dass die Kellnerin und der Koch in der Zeit der Arbeit eben nicht für ihre eigene Familie da sein zu könne, relativiert vielleicht den Drang, sich bedienen zu lassen. Zumindest in der Wertschätzung der Arbeit dieser Menschen sollte das zum Ausdruck kommen – selbst wenn denen das gar nicht klar sein sollte, weil sie den Sonntag nicht als heilig betrachten:
Der Sonntag ist ein kostbares Geschenk Gottes an die Menschen. Wir dürfen ihn nicht kaputt machen!
Das heißt einerseits, dass diesen Tag nicht zu heiligen, mindestens mal mit dem Besuch der Messe, bedeutet, ein Geschenk Gottes auszuschlagen. Es kann bedeuten, dass ich andere nötige, dieses Geschenk nicht anzunehmen, wenn ich den Tag nicht heilige. Erst anschließend stellt sich die Frage, ob dieses Ausschlagen auch mein Verhältnis zu Gott selbst trübt. Ich glaube, Gott wird traurig sein, wenn wir seine Geschenke nicht annehmen – die Frage, ob es Sünde ist, sollte sich dann von selbst erledigen.
In diesem Sinne wünsche ich jetzt schon mal ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag!
Imrahil
Für Otto Normalkatholik steht aber nun einmal die Frage im Vordergrund, ob das, was er jetzt tut, denn nun erlaubt ist oder nicht. Auch wenn das der Idealist noch so oft als Legalismus verschreit: die Replik darauf ist „ach, ich darf also machen was ich will? nein? Ja dann – Kraftausdruck einsetzen – laß mich doch wenigstens herausfinden was ich darf!“
Zum Thema: das alte Prinzip lautet, daß am Sonntag alle Arbeit für den Sonntag erlaubt ist.
Und wenn man sich in der Kirchengeschichte mal umschaut und von der Vermutung ausgeht, daß die Gewohnheiten katholischer Gesellschaften wahrscheinlich auch katholisch in Ordnung gehen, dann waren Restaurants am Sonntag immer erlaubt. Genaugenommen hat ein englischer König mal gehörig Prügel dafür bezogen, weil er (ein Anglikaner) derlei Dinge am Sonntag erlaubte, und die Katholiken waren wenigstens in dem Punkt ganz seiner Meinung; die Puritaner und andere Protestanten hielten das für frevlerisch und was nicht noch alles; sie hätten den Sonntag lieber als eine Art Karfreitag begangen sehen. (Ich habe in einer Internetdiskussion in dem Zusammenhang gelesen, in gewissen Gegenden seien am Samstagabend die Schaukeln angekettet worden, mit der Begründung, es sei unangebracht, am Sonntag Spaß zu haben.)
Papsttreuer
Danke für die Hinweise. Möglicherweise habe ich mich aber nicht richtig ausgedrückt. Mein Plädoyer sollte nicht sein, am Sonntag nicht ins Restaurant gehen zu dürfen, sondern sich darüber bewusst zu sein, dass das bedeutet, dass an diesem Tag andere Menschen dafür arbeiten. Die Bedienung im Restaurant ist dann natürlich auch Dienstleister, aber in erster Linie mal Abbild Gottes, der für mich da ist. Besser noch: Besonders am Sonntag sollte das so sein. Was den Rest betrifft: Ansichten, nach denen Spaß am Sonntag nicht erlaubt ist, halte ich für absolut nicht christlich, wenn ich auch direkt kein prägnantes Bibelzitat dafür vor Augen habe.
Gottes Segen!
akinom
„Du sollst den Sabbat (Sonntag) heiligen!“ Das umfasst mehr als die hl. Messe am Sonntag. Deshalb bin ich für den Beitrag dankbar. Trotzdem habe ich auch ein wenig „Bauchschmerzen“ bezüglich Ihrer Gedanken an die „Sonntagsarbeiter“ die dem Vergnügen dienen und sich nicht selber vergnügen. Anders als Polizei, Ärzte und Krankenschwestern ermöglichen sie es vielen, den Sonntag zu „heiligen“ . Aber ebenso wie diese haben sie die Möglichkeit, ihren freien Tag zum „Sonntag“ zu erklären und zu „heiligen“. Wie „heilige“ ich den Sonntag, wenn ich vielleicht das Kirchengebot schon mit der Vorabendmesse erfüllt habe?
Mit dieser Gewissensfrage tue ich mich nicht leicht. An „verkaufsoffenen Sonntagen“ meide ich (mit Ausnahmen) die Geschäfte. Aber viele Jahre habe ich mit meinem Mann sonntags auf Trödel- und Büchermärkten gestanden. Eine wirkliche Knochenarbeit! Trotzdem war es für mich „Sonntagsheiligung“. Und zwar aus dem Grund, weil das mit (Vor- und Nachbereitung) eines der wenigen Dinge war, die ich mit meinem Mann gemeinsam tun konnte.
Nebenbei erlebte ich manch „katholisches Abenteuer“ dort, wenn ich trotz Vorabendmesse irgendwo in eine fremde Kirche ging, wenn Glocken läuteten. Z.B. war ich erstaunt, wie Touristen aus aller Welt (- sicher die wenigsten Christen-) die Domgottesdienste mit Stiille, fremder Liturgie und Orgelmusik wirklich staunend genossen. Besonders auch die Kinder haben mich dort beeindruckt.Wann gönnt man ihnen Stille statt Events?
Beim Christopher-Street-Dei,(- wir hatten von dem Ereignis nichts gewusst- ) der in Köln bei Kind und Kegel beliebt ist, weil dort „de Zoooch kütt“, entdeckte ein junger Mann bei mir eine kleine geschnitzte Muttergottes. Er nahm sie liebevoll in die Hand und bekannte: „Isch bin en “ Ich dachte, ich sei im falschen Film und führte ein sehr schönes Gespräch mit ihm. Bitte beten auch Sie für meinen „Euscharistie-Fan“.
Übrigens zog beim nächsten Kölner Trödelmarkt eine Prozession an uns vorbei… mit einer Reliquie der Kleinen Heiligen Theresia von Lisieux“. Dat ist Kölle!
Siegfried Simperl
Gott sei Dank, morgen ist Sonntag!
Nur ein ruhendes Gewässer wird wieder klar.“ Diese Weisheit aus Tibet veranschaulicht, wozu es den Sonntag gibt: Er schenkt uns Ruhe, die hinter uns liegende Woche sacken zu lassen und wieder klar zu sehen. Der Fluss der Arbeiten und Geschäfttätigkeiten kommt am Sonntag zum Stehen, wir können uns besinnen und durchatmen.
Nur ein ruhendes Gewässer wird wieder klar. Diese Weisheit aus Tibet veranschaulicht, wozu es den Sonntag gibt: Er schenkt uns Ruhe, die hinter uns liegende Woche sacken zu lassen und wieder klar zu sehen. Der Fluss der Arbeiten und Geschäfttätigkeiten kommt am Sonntag zum Stehen, wir können uns besinnen und durchatmen.
Es gilt als ausgemacht, dass die Glückseligkeit sich in der Muße findet, sagte Aristoteles im vierten Jahrhundert vor Christus. Auf gut Deutsch: Nichtstun macht glücklich.Unsere Kultur hat sich aus dieser Weisheit wenig gemacht. Preußisch-protestantische Arbeitmoral hielt nichts vom Nichtstun.
Wir kennen Sätze wie: Müßiggang ist aller Laster Anfang“. Disziplin, Fleiß und Selbstverleugnung sind preußische Tugenden. „Gib, dass ich tu mit Fleiß, was mir zu tun gebühret …, so klingt es im Evangelischen Gesangbuch.
Auch heute noch gilt es als schick und moralisch korrekt, im Stress zu sein, unabkömmlich, mit einem übervollen Terminkalender. In der Regel haben wir es einfach nicht gelernt, mal fünfe gerade sein zu lassen.
Dabei gibt es gute Gründe, wenigstens am Sonntag das Leben jenseits der Rastlosigkeit zu entdecken: die Kinder nicht zu drängeln, sich Zeit zu nehmen Gott zu danken, ein Nichtstun einzuplanen und die einfachen Dinge des Lebens zu genießen. Um Ideen zu entwickeln, muss der Kopf frei sein.
Von Albert Einstein wird erzählt, dass er im Schnitt zwölf Stunden schlief – und nebenbei seine Relativitätstheorie entwickelte. „Den Seinen gibt es der Herr im Schlaf“, sagt schon die Bibel (Psalm 127,2). Sie weiß wohl darum, dass Welt- und Selbsterkenntnis nicht dem Alltagsstress entspringt, sondern Zeit und Raum braucht, die ein freier Sonntag schenken kann.