Ein Papstbesuch in Deutschland wäre ein Grund zur Freude. Es gibt aber auch ein „aber“.
Der Papst 2016 in Deutschland? Das ist es, was gerade nach einer Audienz von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), berichtet wird (z.B. hier). Das wäre wirklich toll! Je früher, desto besser, vor allem, damit nicht allzu viel Zeit bleibt, den Besuch medial so vorzubereiten, wie es den Interessengruppen in den Kram passt (wohlgemerkt „den“, nicht „manchen“ Interessengruppen). Denn machen wir uns nichts vor: Ein solcher Besuch ist ungleich weniger kalkulierbar als bisherige Besuche eines Papstes, zuletzt von Papst Benedikt XVI.
Bis 2016 und bis zu einem potenziellen Papstbesuch wird noch ein bisschen Zeit ins Land gehen, in der noch viel passieren kann. Es wird wohl noch ein nachsynodales Schreiben zur Familiensynode geben – von einigen erhofft, von einigen befürchtet, von allen Interessierten mit Spannung erwartet. Das Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit beginnt im Dezember und ich bin sicher, der Papst hat sich dafür noch die eine oder andere Überraschung ausgedacht, um die Vorstellungen von Barmherzigkeit an den Grenzen auszutesten. Und in welche Richtungen das gehen wird? Die Vergangenheit hat gezeigt, wie wenig vorhersehbar der Papst ist.
Nehmen wir aber mal die gegenwärtige Stimmung an, dann könnte es schon besonders sein, zu sehen, wie der Papst im Vergleich zu seinem Vorgänger empfangen würde: Ob es wohl wieder eine Einladung in den Bundestag geben würde? Und ob sich dann wieder einige Bundestagsabgeordnete nicht entblöden würden, demonstrativ den Saal zu verlassen? Oder wären es diesmal eher die Linken, die dem Papst zuhören wollten, während sich die Konservativen bemühten, ihn so zu interpretieren, dass es ihren Vorstellungen am nächsten kommt?
Würde es Demonstrationen geben gegen … oder eher für den Papst, jedenfalls dessen Positionen, so wie man sie wahrnimmt und für sich nutzen möchte? Wäre das Interesse überhaupt so hoch wie bei Papst Benedikt, der seine Heimat besucht hat, im Vergleich zum Papst vom anderen Ende der Welt? Was wäre in den Talkshows los: Würde man sich darin überbieten, zwischen sich und die Positionen des Papstes so viel Distanz wie möglich zu bringen, oder würde man versuchen zu verdeutlichen, dass der Papst auf der Seite der eigenen Partei stehe?
Wie würde der Papst sich zu akuten Problemen äußern: zur Flüchtlingskrise, zur Frage des Gender Mainstreaming, zu Familienthemen, zur Entwicklung der katholischen Kirche in Deutschland? Gäbe es ein Donnerwetter für Politik und Kirchenvertreter, die den Glauben hinter sich zu lassen drohen oder eine Seelenmassage für Offenheit und Toleranz? Würde er Gewalt gegen Flüchtlinge, Gewalt gegen Christen und Agressionen gegen katholische Positionen zur Sprache bringen?
Würde der Papstbesuch wieder ein Riesenevent werden – mit Olympiastadion und allem drum und dran – oder eher ein möglichst klein gehaltener Arbeitsbesuch, bei dem sich der Papst tatsächlich ein Bild von Land und Leuten machen wollen würde? Und mit welchen Autos würde der Papst durch Deutschland fahren: Mercedes oder eher Opel? Oder gar VW? Würde es ein Besuch voller Symbolik werden oder eher eine unprätentiöse Reise eines Mannes, der zufällig weltliches Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken ist?
Und würde man – würde ich! – diesen Besuch nicht auf Schritt und Tritt vergleichen mit denen seines Vorgängers? Was würde ich alles verpassen, nur weil ich den Blick nicht frei habe auf den Mann aus Argentinien, weil in meinem inneren Auge immer der Mann aus Bayern im Weg stünde, wie zum Beispiel mit seiner Ansprache im Bundestag oder seiner Regensburger Rede?
Täte ein Papstbesuch den Deutschen im Allgemeinen, den Katholiken im Speziellen eher gut oder wüssten wir im Moment wenig damit anzufangen? Wäre ein Papstbesuch in Deutschland 2016 eine Bereicherung für den Glauben oder würde er bei vielen Verwirrung stiften, nicht wegen des Papstes selbst sondern wegen des ganzen Drumherum?
Sollten wir uns – sollte ich mir einen Besuch des Papstes in Deutschland für 2016 wünschen? Ich fände es wunderbar, wenn er Deutschland besuchen würde, aber ich bin nicht sicher, ob dieses Land im Moment in der richtigen Verfassung dafür wäre. Vielleicht gerade deshalb …
akinom
Das Wechselbad Ihrer Gefühle teile ich, Herr Honekamp! Der Geist weht wo er will. Und auch Überraschungs-Papst Franziskus in Deutschland wird – ohne Wenn und Aber – ein nicht nur katholisches Abenteuer (des Heiligen Geistes) werden: „Komm, Heiliger Geist!“
Cinderella01
Ja, das würde mich wirklich für die Sachsen freuen, wenn sie mal einen Besuch des Papstes bekommen würden. Er ist ja nächstes Jahr zum WJT in Krakau und da könnte sich doch so ein kurzer Ausflug nach Sachsen und auch ins politische Berlin (falls während der „Sommerpause“ jemand da ist) durchaus anbieten. Es müsste nicht mal viel kosten, da er ja sogar im Kleinwagen über die Grenze fahren könnte. Diese 500 km fährt so ein Ostpendler in der Regel jedes WE und auch immer mit dem Kleinwagen. Und zu Zeiten JPII’s sind die Polen sogar mit ihren Polski-FIATs in D unterwegs gewesen.
Allerdings sollte Herr Tillich bedenken, dass er die gläserne Fabrik (in der VW seine Luxussparte prodziert) in Dresden und die Werke von Porsche und BMW (in Leipzig) zuhängt, damit er sich keine Schimpfkanonaden des Papstes anhören muss.
Berlin stelle ich mir auch lustig vor. Ob dann die ganzen Zugereisten ihre „Mama Merkel“-Bilder gegen „Papa-Franziskus“-Bilder austauschen? Oder ob die „andere Fraktion“ wieder mal lauter ist? Na, wenigstens gibt’s in Berlin genug Linke, die gerne mit ihm eine Heilge Messe feiern würden (besonders wenn er Morales‘ Hammer und Sichel-Kreuz mitbringt) und mit denen man das Olympiastadion füllen könnte. Und Abwehrreaktionen wie 2011 wird es bestimmt auch nicht geben. Wird bestimmt ein spannender Besuch und ich werde jetzt schon eifrig beten, besonders dafür, dass er Bayern weiträumig umfliegt, umfährt, umgeht, umschifft oder was auch immer.
Konrad Kugler
Liebe Cinderella,
Glauben Sie wirklich, er könnte in Bayern Schaden anrichten?
Das hat doch der GdK, der Geist des Konzils schon besorgt. Und der „Geist der Synode“ ist jetzt die Fortsetzung. Zwei Pfarrer aus der nächsten Umgebung haben sich öffentlich schon so geäußert. Und wenn das Lehrschreiben so kommt, wie ich es erwarte, dann läuft die Katze auf ihren alten Füßen. Alle machen weiter wie gehabt, die Konservativen unter noch mehr Druck. Nur die Spaltung wird noch viel tiefer.
Theodreds Schicksal
Ich bitte darum, die Bilder und Reaktionen des letzten Besuches in Erinnerung zu rufen. Wie groß der Aufschrei der Linken war (also jener nun scheinbar doch irgendwie regierenden Truppe, die sich nicht um den Besuch des Dalai Lama in Hessen wenige Wochen vorher scherte) und wie widerlich die Proteste vor der Tür (bei der Karrikaturen und Obszönitäten gezeigt wurden, gegen die Charlie Hebdo Kindergartenlektüre war) des Bundestages.
So kurz nacheinander sollte es nicht geschehen und in einem Land, in dem Angriffe auf Christen stillschweigend toleriert werden gibt es auch keinen Anlaß, öffentlich einen Besuch des Papstes zu feiern.
Wenn er käme, dann sollte das eine innerkatholische Sache sein – losgelöst vom Staat, von dessen Problemen und Interessen. Aber das geht von Seiten der Gesellschaft nicht.