17 Comments

  1. Andreas

    Ich hätte zunächst mal die Frage, ob man wirklich Christ ist, wenn man wie Frau Käßmann nicht an die Auferstehung Jesu glaubt?

    Kann denn jemand exemplarisch fūr die Grundsätze einer Religion sprechen, wenn er gar nicht (mehr) hinter diesen steht?

    • Papsttreuer

      Um es ganz direkt zu sagen: Ich bin nicht schnell dabei, jemandem das Christsein abzusprechen, aber wer nicht an die Auferstehung Christi glaubt, also auch nicht, dass Jesus Gott ist, der kann kein Christ sein. Auch anderen Aussagen von Frau Käßmann stehe ich sehr kritisch gegenüber.
      Dennoch mag ich nicht in das konservativ-katholische Halali gegen sie einstimmen, das sich gerade wieder erhebt. Auch wenn ihre Antwort eine zu einfache ist, ist das Gegenteil genau so zu einfach. Als Christ kann man nicht einfach über den Tod eines Menschen achselzuckend hinweggehen, bei einem Terroropfer so wenig wie bei einem Täter, bei einem Heiligen so wenig wie bei einem Sünder. An dem, was sie gesagt hat (bzw. im BamS-Interview wiedergegeben wird) ist also was dran, aber es springt deutlich zu kurz. Und so viel Differenzierung sollte schon sein.
      Herzliche Grüße und Gottes Segen für Sie!

    • Andreas

      Verstehe die Antwort nicht wirklich. Ich bin ja bekanntermaßen ungeeignet ūber das Christsein von Menschen zu befinden, deshalb war ja meine Frage ja, ob man denn Christ ist, wenn man die Auferstehung fūr falsch hält und ob man dann noch in Anspruch nehmen könne, fūr das Christentum zu sprechen.
      Ich sags mal so, wenn Frau Käßmann fūr das Christentum stehen kann, kann ich wiederum niemals Christ werden.

      Warum denn auch?

    • Papsttreuer

      Okay, das ist im Zweifel eher eine definitorische Frage: Was ist ein Christ? Einer, der sich an die christlichen Moralvorstellungen hält oder sich zumindest darum bemüht, würde sich vielleicht als Christ bezeichnen. Ich halte es da aber eher mit Ratzinger und andere Theologen, die darauf hinweisen, dass Christsein kein Regelwerk und seine Befolgung ist sondern eine Beziehung zu Jesus Christus. Dass das eine besondere Beziehung ist, die über menschliche Maßstäbe hinausgeht, sollte klar sein, aber es ist ganz sicher keine Beziehung zu einem guten Menschen, der vor 2000 Jahren ans Kreuz genagelt wurde. Der Glaube an ihn, sein Leben, sein Leiden, seine Auferstehung, daran, dass er uns dadurch erlöst hat (auch, wenn man das nicht funktional erklären kann) gehört dazu. Glaubt jemand nicht, dass Jesus auferstanden ist, dann verliert der christliche Glaube seine innere Logik. Dann glaubt jemand vielleicht an „einen“ Gott, bemüht sich um ein moralisch gutes Leben und ich möchte glauben, dass der Herr ihm gegenüber alle Barmherzigkeit zeigen wird, da er sich bemüht. Aber er hängt nicht mehr dem christlichen Glauben an, und ist insofern kein Christ. Ob das so für Frau Käßmann zutrifft, kann ich nicht sagen, aber wenn sie meinen sollte, Jesus sei nicht auferstanden, dann würde ich ihr tatsächlich das Christsein absprechen. Damit kann sie immer noch ein guter Mensch sein, aber zum Christsein gehört eben der Glaube an Jesus Christus, und an was sollte man da mehr glauben, als an seine Auferstehung?
      Allerdings: Darum geht es in meinem Beitrag ja nicht; es geht – allgemein – um die Ablehnung einfacher Antworten als Christ zum Thema des Islamismus. Frau Käßmanns einfache Antwort ist gängiger und mediengefälliger, aber es gibt auch andere, einfache Antworten, die nach Vergeltung rufen, um „denen mal zu zeigen, wo der Hammer hängt“ – das ist zwar menschlich verständlich, aber – da bin ich sehr sicher – nicht die Lösung Jesu und insofern auch nichts, was ich mit meinem Glauben vereinbaren kann. Ich hoffe, das ist damit ein bisschen deutlicher geworden?

    • Werner K.

      Zitat Papsttreuer
      „Als Christ kann man nicht einfach über den Tod eines Menschen achselzuckend hinweggehen, bei einem Terroropfer so wenig wie bei einem Täter, bei einem Heiligen so wenig wie bei einem Sünder.“

      Wirklich?

      Besteht kein Unterschied zwischen einem Adolf Hitler, Heinrich Himmler oder den Geschwistern Scholl? Bei Hitler zwar nicht „achselzuckend“, aber erleichtert, wenn ich Zeitgenosse gewesen wäre.
      Erleichterung ist auch eine Art von Freude.

      Steckt nicht eine gewisse Heuchelei in dieser Gleichstellung? Wenn Islamisten einen Christen kreuzigen, oder ihm die Kehle durchschneiden (schächten), muss ich dann den Schächter lieben und für ihn beten?

      Bin ich ein schlechter Christ, wenn ich mich freuen würde, wenn in den Medien gemeldet würde, dass die Clique um Al Baghdadi von einer amerikanischen Drohne vernichtet wurde ?

    • Werner K.

      Zitat Papsttreuer

      Feindesliebe und Selbstverleugnung: Käßmann hat Recht … und Unrecht!

      Die Headline erscheint mir als entschiedenes jein.

      Entweder hat sie recht oder unrecht …

  2. Andreas

    Ja, denke schon.

    Grundsätzlich ist für mich Margot Käßmann, neben Göring-Eckhardt und Bedford-Strohm einer der Gründe, warum mir ein Weg zurück in diese Kirche (unabhängig davon wo mich mein Weg zum Glauben hinführt)nicht möglich ist . Wo alles relativ ist, finde ich keine Wahrhaftigkeit.

    Ich sehe die Rede von Frau Käßmann daher auch nicht in religiösem Kontext, sondern eher der politischen Agenda, die nach jedem blutigen Gemetzel mit der These aufwartet, wir sinds eigentlich Schuld wenn wir ermordet werden, weil wir es den Attentätern an Bildung, materieller Versorgung, Aufmerksamkeit und jetzt eben – als weiterer Version der überwältigenden Liebe fehlen ließen.

    Dies spricht aus meiner Sicht einem freien Willen des Menschen Hohn, der zunächst selbst die Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat.

    Ich glaube auch nicht, dass von Frau Käßmann konkrete Schritte, die gepredigte Liebe in die Tat umzusetzen zu erwarten sind. Unabhängig von der Konfession finde ich die Botschaft, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, eine zeitlose Richtschnur.

    Ich kann auch nicht ermessen, warum die vielen christlichen Opfer in Pakistan, gerade wieder aktuell, im Vergleich zur medialen Beschäftigung mit Mördern so wenig der christlichen Anteilnahme von Käßmann und Co. bekommen.

    Ist aus christlicher Sicht,Feindesliebe denn höher zu achten, Nächstenliebe für die Opfer ?

    • Werner K.

      Irgendwann und irgendwo hat ein Kritiker geschrieben:
      Frau Käßmamn denkt mit dem Mundwerk.
      Sie ist eine eitle, narzistische Person.

      Bischof Schneider und Bischof Bedfürd Strohm sind aus gleichem Holz geschnitzt.

  3. Freunde! Christ ist zunächst einmal niemand, der das Credo nicht gläubig bekennt. Das ist nicht so schwer zu definieren. Wenn Frau K die Inhalte des Credo nicht glaubt, ist sie kaum Christin. Vielleicht spielt ihre Taufe noch eine Rolle. Aber die zwei Dinge sind elementar (ich würde sagen kumulativ).

  4. Werner K.

    Zitat Papsttreuer
    dass es sich dabei eher um Ausreden für den Hass gegen diese Schlächter handelt als um eine theologische oder philosophische Betrachtung des Menschseins: Auch ein IS-Terrorist ist ein Mensch, ein Geschöpf Gottes und – auch wenn es mir manchmal schwerfällt, das so anzunehmen – von Gott geliebt!

    Ob Al Bagdadi von Gott geliebt ist? Woher wollen Sie das wissen.

    Jenseits von süßlicher Gefühlsduselei und dumpfem Hass gibt es noch Möglichektenm

    das es unnmoralisch ist, zuzulassen, dasss Millionen von Menschen unter dem Terror dieser „Menschen“ leiden müssen. Das Bombardieren eine Lösund oder eher Teil des Problems ist, soll hier nicht beantwortet wwerden.

    Um es auf einen relativ einfachen Vergleich zu bringen:
    wenn man 1942 wusste, wohin es mit Hitler führen wird, dass Millionen von Menschen ums Leben kommen und dass er noch anordnen wird, dass Deutschland verdient hat, ausgelöscht zu werden – wer handelt richtig: der für Adolf betet, weil er auch von Gott geliebt wird oder Graf Stauffenberg.

    Jesus war kein Fantast, er hat in Bildern gesprochen. Die Bergpredigt ist keine Sammlung von frommen, weltfremden Sprüchen. Jesus war auch nicht katholisch, kein Christ, sondern jüdischer Rabbi. Dass die Juden die Gottessohnschaft Jesu nicht anerkennen, steht hier nicht zur Debatte. Aber es ist der gleiche Jesus, der die beiden Religionen verbindet.

    Das eitle, selbstgefällige Schwadronieren der Frau Käßmann wäre nicht der Rede wert, wenn sie nicht in den Medien populär wäre, bewundert würde als taffe Frau :…

  5. Werner K.

    Zitat Papsttreuer:
    “ Glaubt jemand nicht, dass Jesus auferstanden ist, dann verliert der christliche Glaube seine innere Logik. “

    Diesem Satz fehlt selbst die innere Logik. Gemeint ist wohl, ohne Glauben an die Auferstehung Jesu verliert der christliche Glaube seine innere Logik.

    Ich bezeichne mich eigentlich als Taufscheinkatholiken, einer, der sich seit der frühen Jugend von der katholischen Kirche abgewandt hat, weil er keine innere Logik erkennen konnte.

    Im Vaterunser: Und führe uns nicht in Versuchung. Wo ist da innere Logik, wenn der allwissende und allmächtige Gott mich in Versuchung führt, wo er mich doch mit meinen Fehlern geschaffen hat und weiß, dass ich versagen werde?

    Der jüdische Religionsforscher, der die Heilige Schrift in Hebräisch und Griechisch lesen konnte nennt das einen Übersetzungsfehler.

    Führe uns in der Versuchung.

    Das hat innere Logik.

    Lapides Interpretationen der Bibelstelle zur Feindesliebe ergeben eine innere Logik. Frau Käßmann Bischof Bedford Strohm plappern unreflektiert das nach, was sie während des Studiums aufgenommen, gelernt haben.

    Ob Jesus wirklich auferstanden ist? Ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber, ich halte es für möglich. Selbst wenn ich nach dem Urteil „guter Katholiken“ kein Katholik bin: die Meinung sogenannter guter Katholiken tangiert mich peripher, sehe ich innerhalb des Christentums die katholische Kirche an erster Stelle, mit ihren Päpsten seit Leo XIII, mit denen ich mich einigermaßen befasst habe. Die katholische Kirche hat das Potential, Grundlage für eine besser Welt zu sein. Nicht unbedingt die deutsche ….

    Die evangelische Kirche, für die Frau Käßmann, Bischof Schneider und Bischof Bedford Strohm stehen, ist nach meinem Empfinden keine richtige Kirche, sondern ein Sozialverein mit klerikaler Grundversorgung. Leider hat die katholische Kirche starke Tendenzen zur EKD-isierung oder Käßmannisierung. Speziell im Raum Frankfurt kann man sagen: hier sind sogar die Katholiken evangelisch. Die sogenannte Affaire Limburg beruht auf Intrigen aus Frankfurt.

    „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ – oder Petrus, der dem Söldner das Ohr abschlug, zeigen unter anderem, dass Jesus keinen suizidalen Pazifismus vorgelebt und auch nicht gepredigt hat. Petrus trug das Schwert mit Sicherheit zur Selbstverteidigung und nicht zum Brot schneiden. Jesus wollte nicht den Frieden mit den Unterdrückern, den Römern bringen, sondern das Schwert stand dafür, sich wehren zu können.

    Die Bergpredigt taugt schon als moralische Grundlage für Politik. Pinchas Lapide sagte, man kann die Bibel ernst nehmen oder wörtlich. Leider nimmt die Mehrheit der Kleriker die Bibel eher wörtlich, unabhängig von Luthers Übersetzungsfehlern und sehr oft ohne innere Logik.

    Auge um Auge, Zahn um Zahn (Thora) bedeutet eine gerechten Ausgleich – keine Rache.

    Und ob die IS-Mordgesellen Menschen sind? Biologisch ja, aber sie stehen auf einer Stufe unterhalb des Tieres. Denn kein Tür würde würde sich so „unmenschlich“ verhalten.

    Auch hier hat Bischof Bedford-Strohm süßlich von Nächstenliebe gegenüber den Terroristen geredet. Ich hasse Al Bagdadi, den Chef des IS und seine Clique nicht, ich halte es nur für sinnvoll, wenn diese Menschen so schnell wie möglich eliminiert werden, auch auf die gleiche Art, wie ihre Opfer gestorben sind. Vielleicht würde es der israelische Mossad schaffen.

    Zur inneren Logik: warum soll ich für meine Feinde beten? Ist Gott manipulierbar? Von mir beeinflussbar? Wenn der Papst auffordert, auch für die Feinde zu beten, kann das einen therapeutischen Aspekt haben, nämlich den, Hassgefühlen entgegen zu wirken, denn Hass macht hässlich.

    An meinem Arbeitsplatz hängt ein christlicher Kalender mit folgendem Text für den Monat März:

    Der Herr ist voll Güte,
    eine sichere Zuflucht
    in Zeiten der Not.
    Er kennt alle,
    die bei ihm Schutz suchen.
    Nahum, 1,7

  6. Selbstverständlich sind Christen aufgerufen, für Terroristen zu beten und ihnen auf diese Weise Liebe entgegenzubringen. Selbstverständlich sind Christen zudem verpflichtet, Hilfsbedürftigen zu helfen – egal was für Menschen es sind. Also: Wenn ein Attentäter sich nicht selbst umbringt, sondern seine Tat schwer verletzt überlebt, müssen Christen ihm helfen.
    Das ändert nicht, daß ihm auch ein gerechter Prozess gemacht werden muss.
    Jemanden lieben ist außerdem nicht das Gleiche wie jemanden mögen. Lieben heißt im Grunde: den Menschen als Mensch sehen, der (nicht: dessen Übeltat) von Gott gewollt ist. Es heißt auch, daß man bereit sein muss, ihm zu vergeben, wenn er darum bittet.
    Ganz gleich, was Frau Käßmann sonst sagt – mit diesem Ausspruch hat sie Recht.

  7. Also nein, da gehe ich nicht mit. Sofort „Rache“ zu unterstellen, wenn man seine Feinde nicht liebt, finde ich doch reichlich billig. Es wird mit Sicherheit nicht ausreichen, den IS militärisch zu besiegen; noch weniger wird es aber ausreichen, ihm mit Liebe begegnen zu wollen. Mir ist eben die Sicherheit des unschuldigen Kindes wichtiger, als die des Terroristen, der seinen Weg gewählt hat. Dann sofort „Hass“ bei mir zu suggerieren, ist doch reichlich polemisch und bar jeder Logik. Zudem widerspräche es der Aufforderung, die Schwachen zu schützen. Glaube schön und gut, aber ich dachte ja immer, dass unsere Konfession sich gerade auch durch Werke auszeichnet.

    Ganz abgesehen davon, dass ich die von Käßmann beschriebenen Feinde quellentechnisch nicht mit den von Jesus gemeinten gleichsetzen kann. Meine persönliche Ansicht, die ich aber guten Gewissens verteidigen kann. Die ganzen Männer, die bei der Verteidigung des Abendlandes gestorben sind – verblendete Idioten, damit Leute wie Frau Käßmann heute auf ihren friedlichen europäischen Weiden tollen kann und sich ihren Jesus zurechtzimmert, wie sie will.

    Nein, Herr Honekamp, ich wiederhole: da gehe ich nicht mit. Es gibt einen Unterschied zwischen Echthros und Polemios, und Jesus spricht nur von einer Gruppe. Dann können wir aus Nächstenliebe gleich das ganze Abendland an die Muslime ausliefern, denn das wäre besser für uns alle und entspräche damit der Botschaft Christi. Um ein Wort Carl Schmitts umzudeuten.

    • Papsttreuer

      Da habe ich mich offensichtlich nicht klar genug ausgedrückt: Ich will niemandem Hass oder Rache unterstellen, aber darauf hinweisen, dass es aus meiner Sicht schon auf die innere Einstellung ankommt: Will ich Menschen schützen, will ich Christen im Nahen Osten vor Greueltaten bewahren, oder will ich Rache üben? Letzteres ist menschlich verständlich, aber nicht christlich – die Rache steht uns Menschen nicht zu. Darum geht es auch nicht darum, das „Abendland auszuliefern“, das ist weder mein Vorschlag noch entspricht es dem, was Jesus gesagt hat. Aber die Feindesliebe, die Jesus noch am Kreuz vorgelebt hat, indem er für die bei seinem Vater betete, die ihn getötet habeb – das ist der Anspruch an uns. Jesus hat sich dabei geopfert, um uns zu erlösen – ob eine solche Aufopferung auch für mich persönlich richtig wäre, muss ich mit Gott ausmachen (darüber kann ich aus dem bequemen Sessel munter spekulieren), ich kann diese Entscheidung aber nicht für andere treffen oder sie zum Opfer meiner Entscheidung machen.
      Gottes Segen für Sie!

    • Herr Honekamp,

      nein, nicht Sie unterstellen Rache, das tat Frau Käßmann. In dem Sinne habe also ich mich ungenau ausgedrückt; aber eben das wird von ihr so unterstellt, gewissermaßen, dass jede gewaltvolle Reaktion Rache sein müsse (einen anderen Schluss lässt sie nämlich im Interview gar nicht zu). Der erste Abschnitt ist daher auch auf Käßmann zu beziehen.

      Wie Sie wissen, hat aber Jesus nie ein „politisches Programm“ gehabt. Gerade dieses „A-Politische“ macht ja einen so großen Unterschied zwischen Islam und Christentum aus.

      In diesem Sinne ist eben das „Ausliefern des Abendlandes“ zu sehen. Jahrhundertelang haben Christen – ob nun gemeines Volk oder Thomas von Aquin – diese Stelle nie so verstanden, dass darunter äußere Feinde subsummiert werden könnten. Gerade das meint Carl Schmitt damit, warum die Christen das Abendland aus Nächstenliebe nicht verschenkten: der Gedanke lag einfach außerhalb der Interpretation, weil das Wort „Feind“ in dieser Bibelstelle das Wort „echthros“ enthält, womit ein persönlicher Feind und kein politischer gemeint ist. Insofern halte ich jedweden Gedankengang der Feindesliebe bei außenpolitischen Feinden zuerst einmal für völlig überflüssig.

      Wie Sie wissen, hatte selbst Aquino bei seinen Gedanken über den Krieg festgestellt, dass zuerst einmal der Schutz der Gläubigen vor äußeren Feinden zu gewährleisten sei, zum Wohle aller (!). Das waren einfach elementare Dinge. Um es zusammenzufassen: es gab in 2000 Jahren Katholischer Gelehrsamkeit weitaus klügere und wachere Geister als die heutigen, aber niemand, absolut niemand kam auf die Idee, dass bei den „Feinden“ der äußere Feind/Kriegsfeind eine Rolle spiele. Sollte der verletzt, verstümmelt etc. werden greifen natürlich die Gebote für Verletzte und Kranke. Aber doch nicht, wenn sie gerade irgendwo unterwegs sind, und das nächste Attentat planen.

      Für mich, persönlich, ergibt sich diese Frage historisch-philologisch gar nicht, weil Jesus Worte bei Lukas auf diese Situation nicht angewandt werden können. Ich habe das etwas ausführlicher bei mir beschrieben:

      http://www.marcogallina.de/2016/03/31/feindesliebe-zwischen-echthros-und-polemios/

      Wie immer Ihnen Gottes Segen!

  8. Andreas

    In Ergänzung der Worte von Marco Gallina: Ich kenne durch den Blog von Theodred die Bilder des kleinen Kindes in der Flughafenhalle in Belgien, wie es blutüberströmt neben seiner toten Mutter weint.
    Ich höre schreckliche Dinge aus Lahore.
    Und über das Schreien und die Verzweiflung der Opfer und Ihrer Angehörigen drängt, Brosamen des Mitgefühls verstreuend, das organisierte Christentum vor die Kameras, um jetzt zu allererst mal wieder auf die die ganze Aufmerksamkeit zu richten, die morden, foltern, sengen. vergewaltigen.
    Da kennt man seine Bibel, da man doch sonst sicher ist, das da rückwärtsgewandtes, dringend der modernisierung harrendes zu finden ist, da weiß man mit aller sicheren Gewissheit dass die Feindesliebe universell für alle noch so dunklen Horden zu gelten habe, wo man doch sonst keine Gewissheiten mehr gelten lässt. Aber immerhin, der Applaus des angegrünten Establishments ist sicher, ein neuer Buchtitel kommt in den Sinn.
    Ich empfinde darüber nur Bitterkeit.
    So geht Christentum?

    • Papsttreuer

      Sie meinen, ob Christentum so geht, nur für die Feinde zu beten, aber nicht für die Opfer? Sicher nicht! Aber wenn Frau Käßmann im Interview die Frage nach den Tätern gestellt wird, muss sie sie beantworten. Ich hätte sie, das ist hoffentlich deutlich geworden, anders beantwortet als sie (und sie hat in dem Interview noch jede Menge anderenn Unsinn von sich gegeben), aber dass sie das Gebet für die Feinde anmahnt, halte ich erst mal für richtig. Bei dem Gegenwind, der ihr dabei sowohl aus christlichen wie aus säkularen Kreisen zwischenzeitlich entgegenschlägt, bin ich auch nicht sicher, ob ihre, Käßmanns, Position – unabhängig von der Richtigkeit – eine so bequeme ist.

      Noch mal: Ich halte die Antwort Käßmanns nicht für differenziert genug, damit auch für falsch bis gefährlich. Wenn sie sie so gemeint hat, wie ich es interpretiere, entspricht sie auch einem radikal-pazifistischen Ansatz, den ich mit meinem Glauben jedenfalls nicht übereinander bringe, eben weil sie damit die Opfer völlig ausblenden würde. Genau so wenig differenziert sind aber die meisten kritischen Erwiderungen. Einfache Lösungen tragen wie üblich nicht.

      Ich hoffe, ich habe damit meine Position ein bisschen klären können? Gottes Segen für Sie!

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