Immer wenn über geistliche Dinge ein Streit entfacht wird, stellt sich die Frage: Cui bono? – Wem nützt das?
Der Kölner Kardinal feiert die Messe zu Fronleichnam an einem zu einem Altar umgebauten Flüchtlingsschiff, mit der Begründung, Jesus würde heute auch in solch einem Schiff sitzen. Man kann geteilter Meinung sein, ob das eine so gute Idee ist, ob sie liturgisch nicht ein Irrweg sein könnte und ob die dahinter stehende politische Aussage für einen Bischof angemessen ist. Was vom Zaun gebrochen wird, ist aber ein heftiger Streit, in dem von der einen Seite dem Bischof das Katholischsein, von der anderen den Kritikern das generelle Christsein abgesprochen wird. Dialog, so scheint es, ist auf diese Weise nicht mehr möglich – Der jeweils Andere liegt falsch – Punkt, oder besser: Ausrufezeichen!Vielleicht kennen Sie auch eine solche Situation: Ein guter Freund ist auf dem Weg, einen für sich selbst – vielleicht mit Wirkung auf andere – dramatischen Fehler zu machen. Sie fassen sich ein Herz und sprechen ihn darauf an. Er aber wiegelt ab, will das nicht wissen. Sie unterstellen ihm dabei – vielleicht sogar zu Recht – bösen Willen, die Situation eskaliert und am Ende sprechen sie nicht mehr miteinander. Der Fehler ist nun naheliegender als bisher, und anscheinend ist niemand mehr da, der das verhindern kann. Vielleicht haben Sie sich Rückendeckung geholt in ihrer Argumentation, der Andere auch – Freundeskreise können über sowas zerbrechen.
Die beiden Fälle haben vermeintlich nichts miteinander zu tun. Natürlich, da ist ein Dissens, aber eine Frage der Kirchenpolitik und des Glaubensverständnisses einerseits und der manchmal schwierige Umgang von Freunden untereinander, das sind doch zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Neben der Tatsache, dass es dabei aber um einen Streit geht, haben beide Situationen aber auch eines gemeinsam. In beiden Fällen kann man ihn tanzen und singen hören, den Teufel.
Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum! […] Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt und dem, der es hört, Nutzen bringt. Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes, dessen Siegel ihr tragt für den Tag der Erlösung. Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat. (Epheser 4,26ff)
So schreibt es der Apostel Paulus; diese Worte erscheinen einleuchtend, und doch sind sie schwierig. Sie verlangen Kommunikation auch in schwierigen Situationen, die zu einer Eskalation führen können, und sie verlangen gleichzeitig Barmherzigkeit und Vergebung für den anderen, den wir doch auf einem falschen Weg wähnen. Geht die Sonne aber über unserem Zorn erst mal unter, dann hat der Teufel Raum gewonnen. Siegen kann er nicht mehr, dafür hat Jesus ein für allemal gesorgt, aber Schaden anrichten kann er immer noch. Und er tut es – und ein besonderer Erfolg muss es für ihn wohl sein, wenn in einem Streit alle Parteien der Meinung sind, sie würden damit auf Seiten Jesu stehen, das Richtige tun.
Manchmal kann es helfen, die Interessen des jeweils Anderen zu hinterfragen (ihm dabei nicht direkt bösen Willen zu unterstellen), die Frage nach dem „Warum?“ immer wieder zu stellen um auf die Wurzel des (vermeintlich?) falschen Handelns zu stoßen? Vielleicht ist das, was der Andere tut, dann gar nicht mehr so abwegig, oder man kann zumindest Verständnis aufbringen. Über diese Wurzel lässt sich dann hoffentlich reden, man kann Alternativen ausloten … bleibt aber in jedem Fall im Gespräch und auch geistlich nah bei dem Anderen. Für wirklichen Zorn oder Hass ist in einer solchen Beziehung dann kein Platz. Und wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist? Mag sein, dass ich selbst einen größeren Anteil daran zu verantworten habe, als ich mir selbst eingestehen möchte. Vielleicht ist es auch hilfreich, um Vergebung zu bitten, selbst wenn dem nicht so ist: Die Schuld auf sich zu nehmen für etwas, für das man nichts kann – es wird wohl wenig geben, was den Teufel so sehr aus dem Konzept bringt! Und wir handeln damit – die Situation sollte uns doch bekannt vorkommen – nach dem Beispiel Jesu: Er hat unsere Schuld auf sich genommen und für seine Gegner um Vergebung gebeten.
Ist das leicht? Sicher nicht! Ist es notwendig? Wenn wir den Teufel nicht singen hören wollen, ist es das wohl! Und der Teufel, das ist nicht der Andere, das bin auch nicht ich selbst, aber das ist der, der immer der Nutznießer eines Streits ist. Vielleicht gibt es noch andere, denen ein unversöhnlicher Disput nutzt – der Teufel tanzt aber in der Nacht, die über unserem Zorn hereingebrochen ist.
Lehrer Lämpel
Also, ich habe die gesamte Predigt Kardinal Woelki’s vom Fronleichnams-Gottesdienst vor dem Kölner Dom sehr aufmerksam in Bibel.tv gesehen und gehört, um mir ein eigenes Bild machen zu können.
Nach meinem nüchternen Urteil war sie einwandfrei und absolut auf dem Boden des Evangeliums stehend; gut katholisch.
Ich kann nur jeden dazu ermuntern, sich ebenfalls die Predigt anzuhören z.B. über den entsprechenden Podcast in Bibel.tv.
Einzelne Sätze davon aus dem Zusammenhang gerissen herauszufinden und zu kommentieren, kann dagegen zu großen Missverständnissen bei den Lesern solcher Kommentare führen und ggf. schon vorhandene vorgefasste Meinungen – Vorurteile – verstärken.
Ja, Jesus begegnet uns u.a. im Fremden; auch in dem Flüchtling, der im Boot über das stürmische Mittelmeer aus schrecklichen Verhältnissen seiner Heimat zu uns flieht.
Es lohnt sich für jeden von uns, die Mahnungen des Herrn in Mt 25,31-46 „Vom Weltgericht“ zu lesen, worin Er auf die Frage in Vers 38 „Wann haben wir Dich fremd und obdachlos gesehen?“ in Vers 40b antwortet: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan.“
Genau darauf hat auch der Kardinal in seiner Predigt abgezielt.
Man mag das für politisch ansehen – aber es sind die Worte des Herrn Jesus Christus und er mahnt uns sehr ernst damit:
Am Ende im Weltgericht wird Euer Verhalten gegenüber Euren Nächsten über Euer Seelenheil entscheiden.
Man mag einwenden: Sind denn Muslime oder überhaupt Nichtchristen wirklich Brüder des Herrn?
Auch hier wiederum Vorsicht vor zu schnellen Abqualifizierungen.
Jesus hat alle die als Seine Brüder und Mutter bezeichnet, die den Willen Seines Vaters tun.
Was ist dessen Wille?
Es ist das Doppelgebot der Gottes- und der Nächstenliebe.
Danach kann auch ein nomineller Nichtchrist handeln und so doch zum Bruder des Herrn werden.
Giallorosso
Ich bin Fronleichnam vor Ort am Kölner Dom gewesen und war (und bin immer noch) begeistert von der Predigt. Genau solche Worte rufen einem doch deutlich in Erinnerung, was es bedeutet, Christ zu sein: Nicht wegzuschauen, wo Hilfe gebraucht wird und im Notleidenden Jesus zu erkennen.
Auf domradio.de müsste die Predigt ebenfalls noch zu finden sein
Johannes
Das ist alles richtig! Aber den Kern des Problems berührt es nicht. Es gibt unzählige Dialogtreffen mit Muslimen und im „Gemeinsames Grußwort der Kirchen zum Ramadan 2016“ heißt es u. a.: „Christentum und Islam verbindet der göttliche Grundauftrag: Sorge und Hilfe für Fremde, Geflüchtete und Verfolgte“. Und hier liegt die Verlogenheit der Bischöfe! Warum haben sie nicht den Mut, ihren lieben muslimischen Mitbrüdern in aller Höflichkeit folgende Fragen zu stellen: Nennen Sie mir bitte ein Land, das vom Islam dominiert wird, in dem es volle Religionsfreiheit gibt? Wie sehen Sie es, wenn ein Muslim zum Christentum konvertieren möchte? Warum werden Christen und andere religiöse Minderheiten in vom Islam dominierten Staaten bedrängt, diskriminiert und sogar getötet? Können Sie uns erklären, wieso selbst in der gemeinsamen schwierigen Situation als Flüchtlinge Christen in den Asylunterkünften von Muslimen – milde ausgedrückt – bedrängt werden? (Das ist keine Erfindung konservativer Christen, es wird auch in der liberalen Presse dokumentiert) Anzumerken wäre auch, was wohl die vom Islam verfolgten Christen über den katholischen „Islamschmusekurs“ denken mögen. In diesem Zusammenhang fällt mir auch auf, dass Kardinal Woelki noch nie einen Abtreibungsoperationstisch als Altar benutzt hat. Sie wissen sicher auch, wie viele ins Leben drängende Kinder im Mutterleib ermordet werden. Gibt es für diese keine Willkommenskultur? Das ist die Verlogenheit.
Giallorosso
Zum Thema Islam haben sie vollkommen recht. Es fehlt oft die Courage seitens der Kirche zu sagen, dass viele solcher Dinge sehr wohl etwas mit dem Islam zu tun haben. Und zwar, weil der Gründer des Islam selbst ein Schlächter war. Das sollte man ruhig ansprechen können. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass jeder Muslim auch wie das religiöse Vorbild seiner Religion sei. Er ist schließlich kein wandelnder Koran auf zwei Beinen. Der Mensch steht immer über der Ideologie. Und genau aus diesem Grund sollten wir auch die notleidenden Flüchtlinge willkommen heißen, egal welcher Religion sie angehören, uns aber nicht vor einer Islamkritik scheuen oder den Islam gar zu hofieren. Es ist vielmehr eine Chance durch Aufklärung die Wahrheit in die Welt für diejenigen zu bringen, die noch nicht die Möglichkeit hatten die Wahrheit kennenzulernen. Und wer die Wahrheit ist, wird jeder Christ wissen.
Lehrer Lämpel
@Johannes
Ihre Kritik bzgl. fehlender Religionsfreiheit in muslimischen Ländern oder z. T. selbst hierzulande in bundesdeutschen Flüchtlingseinrichtungen ist zutreffend – aber Fronleichnam vor dem Kölner Dom ging es nicht darum, sondern um unser Verhalten gegenüber zu uns flüchtenden Menschen. Und da hat Kardinal Woelki uns in der Predigt die richtige Weisung nach den Worten des Herrn Jesus Christus gegeben.
Ja, natürlich ist auch die massenhafte Abtreibung hierzulande wie fast überall in der westlichen Welt ein schwer sündhaftes Verhalten.
Aber diesmal ging es eben um Flüchtlinge – nicht um abgetriebene Kinder im Embryonalzustand.
Gegen alle von Ihnen genannten himmelschreienden Missstände gehen Christen übrigens aktiv vor; in der Gesellschaft und Politik oder zumindest im persönlichen oder öffentlichen Gebet.
Und das tun auch Bischöfe.
Ich hoffe, Sie sind auch entsprechend aktiv.
Ich kann Ihnen und allen, die an ihrem Bischof zu kritisieren haben, aus eigener Erfahrung nur wärmstens empfehlen, neben angebrachter Kritik zumindest für ihn persönlich und regelmäßig zu beten; z.B. vor der hl. Messe.
Das wirkt wirklich – ich habe es selbst erlebt.