Mit Bildern wird Politik gemacht. Das ist bei Maria L. nicht anders, als es bei Aylan K. war.
Machen wir uns nichts vor: Sowohl Maria L. als auch Aylan K. werden bzw. wurden instrumentalisiert. Das vergewaltigte und ermordete junge Mädchen aus Freiburg genauso wie der kleine kurdische Junge, der an den Strand gespült wurde. Beiden Schicksalen wird die mediale Berichterstattung nicht gerecht, beide haben Familien, die auch über Aufmerksamkeit und Bilderflut doppelt leiden müssen.Aylan K. und Maria L.: Nicht nur ein eine Nachricht
Trotzdem ist es nicht so, als ob die Schicksale nicht berichtenswert wären. Nicht im Sinne der Neugier der Leser, sondern in dem Sinne, dass sie politische Bedeutung haben, die über die reine Instrumentalisierung hinausgeht. Aylan K. war eben nicht nur ein kleiner Junge, dessen Bild von den Medien zu Unrecht als Beispiel für ein Flüchtlingsschicksal herangezogen wurde. Er war darüber hinaus auch ein kleiner Junge, der nach deutscher Rechtslage gar kein Flüchtling war, dessen Vater sich aber offenbar durch die Berichterstattung aufgefordert sah, sein Glück doch lieber in Deutschland zu suchen. Die Aufmerksamkeit war insofern zweischneidig, weil die ursprüngliche Intention durch die Realität überholt wurde.
Maria L. ist nicht nur das Opfer eines 17-jährigen alleinreisenden Flüchtlings aus Afghanistan geworden. Sie war auch in der Flüchtlingshilfe tätig, er ist ein ein Flüchtling wie diejenigen, um die sie sich gekümmert hat. Und der Täter steht nicht für die Mehrheit der Migranten und Flüchtlinge, er steht aber sehr wohl für die Problematik von Massenflucht und Massenmigration, die sich in Deutschland durch die Politik der offenen Grenzen besonders manifestiert. Irgendwo las ich den treffenden Kommentar: In seiner Heimat wäre seine Tat ebenso unentschuldbar gewesen, vermutlich wäre es dort zu so einer Tat gar nicht gekommen. Ist es darum so abwegig zu sagen, dass die Flüchtlingspolitik eine der Ursachen für derartige Taten ist – abseits der Polemik, Angela Merkel sei mitverantwortlich?
Mitgefühl und Wut
Das Bild Aylan K.s hat viele zu Tränen gerührt, ich zähle mich dazu. Es hat auch in vielfacher Weise wütend gemacht: Wut auf die Politik, die den Tod eines kleinen Jungen nicht nur nicht verhindert sondern sogar dazu beiträgt, Wut auch darüber, dass eben dieses Bild von vielen Seiten politisch instrumentalisiert wurde. Das Bild des lächelnden jungen Mädchens Maria L. geht ebenfalls zu Herzen, wenn man weiß, wie grausam sie ums Leben gekommen ist. Es macht traurig und es macht auch wütend: Wut auf die Politik, die die Augen verschließt vor dem, was den Menschen Tag für Tag begegnet, Wut auf einen öffentlich-rechtlichen Sender, der dem Mord nur eine „regionale Bedeutung“ zumessen wollte um nicht über die Hintergründe berichten zu müssen. Und auch hier, jedenfalls für mich: Wut auf die vielfache Instrumentalisierung.
Mit Bildern wird Politik gemacht – das ist kein neuer Effekt, jeder Diktator kennt die Wirkung, wenn er ein kleines Kind scheinbar liebevoll auf dem Arm hält. Mit Bildern von brennenden Flüchtlingsheimen wird genau so Politik gemacht, wie mit Bildern von völlig verwahrlosten Turnhallen, nachdem diese als Flüchtlingsheime genutzt wurden. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – so heißt es überall, aber meist soll nur eines gehört werden. Wir tun gut daran, die politische Instrumentalisierung jedes emotional aufgeladenen Bildes zu erkennen und nicht nur das eine Wort zu hören sondern auch die neunundneunzig anderen. Das macht die Instrumentalisierung von Bildern und Taten nicht besser, aber ohne Bilder werden wir auch nicht auskommen. Ich selbst bin jedenfalls einfach nicht in der Lage für eine gesichtslose Menge von Menschen mein Herz wirklich erwärmen zu lassen; ich brauche ein Gesicht, ich brauche ein Bild.
Kein Hass
Schauen wir also auf das Bild Aylan K.s, schauen wir in das Lächeln Maria L.s. Und lassen wir als Christen nicht zu, dass dadurch etwas anderes als Mitgefühl und Nächstenliebe geweckt wird, ganz sicher jedenfalls kein Hass. Dann, nur dann, sind diese Bilder, ist ihre millionenfache Verbreitung, sinnvoll und im besten Sinne ein gutes Instrument.