Die 68er-Generation kämpfte und kämpft für die Freiheit. Bei allen eingestandenen Verdiensten: Was für eine Freiheit ist das?
Fast 50 Jahre ist das Jahr 1968 jetzt vorbei. Wer in diesem Jahr geboren ist, gehört heute schon nicht mehr zur Jugend; wer diese 68er-Jahre politisch und gesellschaftlich mitgeprägt hat, ist heute schon ziemlich alt. Das muss immer berücksichtigen, wer heute meint, bei den „68ern“ habe man es mit Jugendkultur, Aufbruch und Bewegung zu tun. Politisch ist schon seit einigen Jahren klar: Die wahren Spießer, die echten Bewahrer ihrer eigenen Pfründe sind diejenigen, die durch die sogenannte 68er-Revolution an die Spitze gespült wurden. Wer hier Freiheit vermutet, Freiheit der Gedanken oder des Wortes, Freiheit gar in der politischen Betätigung, liegt völlig falsch. Meinungsfreiheit bedeutet in diesen Kreisen heute, die Meinung äußern zu dürfen, die zur eigenen passt. Weicht eine Meinung ab ereilt sie schnell der Bannstrahl der in und durch die 68er geprägten Medien- und Politikvertreter.
Politische Verlierer
Jüngstes Beispiel sind die Vorkommnisse auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Die Messeleitung ließ hier – man ist geneigt „gnadenvoll“ zu schreiben – ein paar wenige „rechte“ (oder was sie dafür halten) Verlage wie Antaios oder Junge Freiheit zu, konnte sich aber nicht verkneifen, gleichzeitig moralisch „Gegen Rechts“ mobil zu machen, was dann sogenannte Aktivisten auch gleich richtig verstanden und die Stände dieser Verlage stürmten und teilweise demolierten: Gewaltsamer Protest gegen andere Meinungen auf einer deutschen Buchmesse – man ahnt einen Hauch von Weimar, allerdings kann man auch konstatieren, dass dort die politischen Verlierer aufbegehrten. Wie Roger Köppel es im Editorial der „Weltwoche“ ausdrückte: „Wer es nötig hat, den anderen niederzubrüllen, zu demolieren, auszugrenzen oder am Reden zu hindern, gibt zu, dass ihm nichts Besseres mehr einfällt.“
Aber war die politische 68er-Generation nicht mal unter der Flagge der Freiheit angetreten? Waren sie es nicht gerade in Deutschland, die mit Blick auf die jüngere deutsche Vergangenheit gegen eine Schweigekultur aufbegehrten; die den Mund aufmachen wollten, ohne ihn verboten zu bekommen? Was – so könnte man fragen – hat sie bloß so ruiniert? Oder ist bereits die Basis brüchig, auf der das Gedankengebäude der 68er aufgebaut ist? Ist es vielleicht schon deren Verständnis von Freiheit, das sie auf mittlere Sicht in die Enge und von dort aus in den Extremismus der Freiheitsbeschneidung anderer führt?
Freiheit – zwei unterschiedliche Begriffe
Der Begriff der Freiheit lässt sich in zwei unterschiedliche Richtungen definieren, wenn man mal akzeptiert, dass er ohne einen Bezug nicht sinnvoll mit Inhalt zu füllen ist. Es ist eine „Freiheit von“ oder eine „Freiheit zu“. Rufe ich nach einer Freiheit, von etwas nicht beeinträchtigt zu werden oder nach der Freiheit, etwas tun zu können? Letzteres ist der Freiheitsprimat der 68er, ersteres der Primat des Konservativen, aber auch des Christlichen. Was ist gemeint? Gott hat den Menschen geschaffen und ihm Freiheit gegeben. Natürlich in der Intention, dass er sich ihm zuwenden möge, aber die Freiheit in dieser Richtung zu begrenzen, wäre keine Freiheit. Der Mensch kann sich frei für oder gegen die Liebe Gottes entscheiden. Die Schöpfungsgeschichte und das gesamte Alte Testament sind Zeugnis dieser Freiheit: Adam und Eva misstrauen, verführt von der Schlange, Gott und wollen ihr Leben lieber in die eigene Hand nehmen. Mit dieser Ur- und Erbsünde fängt die Entfremdung des Menschen von Gott an; und Gott fällt uns dabei nicht in den Arm. Wer sich gegen ihn entscheidet, der ist frei, das zu tun.
Gottes größter Wunsch ist, dass wir ihn lieben, aber Liebe unter Zwang ist keine und so nimmt Gott in Kauf, dass wir uns lieber anderen Göttern zuwenden als dass wir ihn gar nicht lieben könnten. Dieser Begriff der Freiheit ist es auch, der den politischen Liberalismus und Libertarismus prägt: Er meint die Freiheit von Gewalt und gewaltsamer Einflussnahme auf mich und das von mir geschaffene Eigentum. Eine solche Freiheit ist dort realisiert, wo ich mich nur noch im Einverständnis in Abhängigkeiten begebe, allerdings auch die Konsequenzen meiner Freiheit zu tragen bereit bin. Um ein Lieblingsthema der 68er, die sexuelle Freiheit, aufzugreifen: Ich habe die Freiheit, mich sexuell auszuleben – so lange ich dabei die Freiheit eines anderen (nebenbei auch die eines dadurch geschaffenen neuen Lebens) nicht beeinträchtige. Ich muss aber auch mit den Konsequenzen dieser genutzten Freiheit leben – mit den geistlichen, die ein solcher Missbrauch des Sinns der Sexualität mit sich bringt, aber auch mit den eher weltlichen, wie dem damit vielleicht gezeugten Kind.
Freiheit ohne Verantwortung?
Das unterscheidet sich deutlich vom Freiheitsbegriff der 68er: Hier wird einerseits Konsequenzenlosigkeit gefordert, andererseits die Unterstützung durch den Rest der Gesellschaft erwartet. Die biologischen Konsequenzen der Sexualität werden abgelehnt – chemisch oder mechanisch unterstützt durch allerlei Verhütungsmittel oder durch die Tötung des noch ungeborenen Kindes. In gleicher Weise werden die Konsequenzen der sonstigen gewählten Lebensführung abgelehnt: Man wünscht sich die Freiheit, sich so zu „benehmen“ wie es einem passt, ist aber nicht bereit, die Konsequenzen einer Ablehnung durch einen Großteil der Gesellschaft anzunehmen und ruft laut „Diskriminierung!“ wenn man mit ungepflegten Haaren den begehrten Job doch nicht erhält.
Wer in diesem Sinne frei sein will, eine Freiheit als Forderung postuliert, der entwickelt daraus den Anspruch an die Gesellschaft, ihn darin zu unterstützen. Wie viele Studenten liegen der Gesellschaft heute auf der Tasche, weil sie nie die Konsequenzen eines zwar für sie interessanten aber beruflich absehbar erfolglosen Studiums tragen mussten? Nicht jeder ausgebildete Philosoph kann von seinen Publikationen leben oder findet einen Mäzen, der sein Leben unterstützt – für den Rest soll die Gesellschaft aufkommen, um die Freiheit zu jedem gewünschten Studium zu garantieren. Im Gegensatz dazu definiert die „Freiheit von“, dass natürlich jeder studieren können sollte, was er mag, aber bitte in eigener Verantwortung, selbst finanziert und mit Blick auf die weitere Lebensführung, für die kein anderer, schon gar nicht die Gesellschaft als Ganzes verantwortlich „gemacht“ werden kann.
Anspruch aus Freiheit
Die „Freiheit von“ basiert auf der gottgeschenkten Freiheit des Menschen. Der Mensch ist frei in seinen Meinungen, Äußerungen, Entscheidungen und Handlungen (wobei gesellschaftlich sichergestellt sein muss, dass er mit diesen Handlungen nicht die in gleicher Weise gottgeschenkte Freiheit eines Anderen einschränkt), er trägt selbst die Lasten dieser Freiheit, und er trägt vor allem die Verantwortung für sein Handeln. Die „Freiheit zu“ nimmt ein Mensch für sich selbst in Anspruch, fordert von Anderen, seine Meinungen, Äußerungen, Entscheidungen und Handlungen zu akzeptieren und zu unterstützen und lehnt die Verantwortung für Folgewirkungen seiner Freiheit ab.
Diese letztere Freiheit hat – in dieser Konsequenz gedacht – mit der gottgeschenkten Freiheit nicht mehr viel zu tun. Die gesellschaftsdurchdringende Kommunikation der 68er Generation hat es allerdings geschafft, den Freiheitsbegriff in einer Weise zu korrumpieren, dass die „Freiheit von“ heute von vielen als unmenschlich und eigentliche Unfreiheit betrachtet wird. Wer diese Art von Freiheit fordert, es ablehnt die Konsequenzen freier Entscheidungen anderer Menschen mitzutragen, wird im Wirtschaftsleben als „Turbokapitalist“, gesellschaftlich als „Rechter“ gebrandmarkt.
Kein Grund zum Feiern
Dabei wird durch die gesellschaftlichen Verwerfungen dieser Tage – die Vorkommnisse bei der Frankfurter Buchmesse sind nur ein sehr kleines Beispiel – immer deutlicher, dass das 68er-Freiheitsverständnis in totalitären Strukturen mündet, ohne die eine solch pervertierte Freiheit nicht zu gewährleisten ist. Wer also zum „Jubiläum“ der 68er-Generation, die sich „Peace, Love and Liberty“ (sic!) auf die Fahnen geschrieben hat, den hierdurch erreichten Zugewinn an „Freiheit“ gegenüber einer als vermufft wahrgenommenen vorherigen Kriegsgeneration feiern möchte, sollte sich darüber klar sein, welche Art von Freiheit da gemeint ist … und dass sie mit der gottgeschenkten Freiheit der Menschen nichts zu tun hat.
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Bildquelle: By Derek Redmond and Paul Campbell [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons
Konrad Kugler
Die 68er waren vor allem durch ideologische Verblödung ein verwahrloster Sauhaufen. Sogar das angeblich Gute war schon schlecht, weil es dem 4. Gebot widersprach: Ehre Vater und Mutter (und deine Vorfahren)!
Das verhindert nicht eine vernünftige Aufarbeitung, aber so wie es gemacht wurde, war das wesentliche Ziel das Verstecken der sozialistisch-kommunistischen Gräueltaten. Maßlosigkeit und Haß sind die Schande der 68er. Der ganze Staat ist ruiniert und wer redet über die neuesten „Errungenschaften“ dieser Narren, die schon Kleinkinder in ihren Seelen verderben?
Jean
Die 68er Bewegung war ein Versuch die Gesellschaft zu Modernisieren. In Deutschland hat nur es nur partieller Erfolg im Gegenteil zu Frankreich.
Konrad Kugler
Modernisieren heißt in der Regel, Regeln zu entregeln.
Verwahrlosung auf der einen Seite (Moral), das Ziel sind neue Vorgaben und gaaanz neue Wahrheiten.