Weiter geht’s mit dem zweiten Teil des Mission Manifest. Mission müsse Priorität Nummer Eins werden. Was denn sonst?
Pater Karl Wallner hat die Erläuterung zur zweiten These des Mission Manifest geschrieben; eine These, die besonders in den Gemeinden und in der Gemeindearbeit in der Kritik steht. „Wir wollen, dass Mission Priorität Nummer eins wird.“ heißt es und wird in der Thesenbeschreibung direkt fortgesetzt mit „Und zwar durch Fokussierung der finanziellen und personellen Ressourcen der Kirche auf die Evangelisierung.“ Das sorgt für Unruhe in Pfarreien, vor allem wenn die jeweiligen Ortsbischöfe Befürworter oder Unterzeichner des Manifests sind. „Wird jetzt alles anders? Ist das, was wir bislang gemacht haben, nicht richtig gewesen?“
Nein, vieles ist nicht gut!
Beschwichtigend könnte man dann sagen „Nein, nein, es ist schon in Ordnung, es geht nur um eine Feinjustierung“. Aber ganz ehrlich: Das wäre gelogen. Es war vieles nicht gut, was in der Vergangenheit passiert ist, und Pater Wallner nennt die Themen beim Namen. Mit viel Engagement sind zum Beispiel derzeit wieder Eltern in der Katechese von Kommunionkindern unterwegs, dann startet auch wieder die Katechese der Firmlinge … und nach der Erstkommunion / Firmung ist vor der Erstkommunion. Und was ist der Output? Weiter schrumpfende Mitgliederzahlen in der Kirche. Also: Bisher alles richtig gemacht?
Dabei mangelt es nicht an Geld, es mangelt – so könnte man es etwas platt beschreiben – an Gelegenheiten. Denn eine Amtskirche, die zu einer Gremienkirche geworden ist, zu einer „sitzenden Kirche“, die findet schlicht nicht mehr die Zeit und die Ressourcen, sich im anderes zu kümmern. Da wollen Kindergärten oder Schulen oder Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft bewirtschaftet und organisiert sein, da sind Liegenschaften zu verwalten, Vorbereitungen sind für Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Erstkommunion, Firmungen und – Höhepunkt des Kirchenjahres – das Pfarrfest zu treffen … und schon ist das Kirchenjahr um, ein wachsender Anteil der Gläubige ist weggestorben, ein wenig hat man den Taufservice anbieten können für Kinder, die man hoffentlich zur Erstkommunion und Firmung noch mal wieder sieht … und so geht es geordnet dem Ende der Kirche entgegen.
Schlechte Nachrichten
Diese Botschaften (nicht alles, was ich oben geschrieben habe, stammt in dieser Weise von Pater Wallner), will man aber nicht hören, wohl auch um diejenigen nicht zu verschrecken, die sich in diesen Themen engagieren. Man will niemandem auf die Füße treten, da spricht man lieber nicht über das, was schief läuft – am Ende könnte man auch noch die verlieren, die einsatzbereit zur Stelle sind, wenn Grill und Bierbänke aufgestellt werden sollen. Ich kenne einen Pfarrer, der Hochrechnungen anstellt, dass bei den derzeitigen Messbesuchern mit Kinder x davon zur Firmung gehen werden, davon wieder x-y dabei bleiben und anschließend Familien gründen, mit Kindern, die wieder in der Gemeinde sein werden … am Ende hofft man, den Status Quo an „aktiven Mitgliedern“ (gemeint sind Kirchgänger) zu halten. Ich will nicht sagen, dass eine solche Kalkulation nicht statthaft wäre, aber erstens wird sie einer an Disruptionen nicht eben armen Zeit nicht gerecht, und – was schlimmer ist – sie lässt all diejenigen außer Acht, die eigentlich Gegenstand der Mission der Kirche sein sollten: Die Fernstehenden, die Abgefallenen und die größer werdende Zahl von Menschen, die von Jesus noch nie etwas gehört haben.
Dabei sind die Botschaften der jüngsten Päpste, gerade auch von Papst Franziskus eindeutig. „Versetzen wir uns in alle Regionen der Erde in einen Zustand permanenter Mission.“ Schreibt Franziskus in Evangelii Gaudium. Pater Wallner fragt „Jetzt übertreibt er aber! Oder doch nicht?“
Nicht einfach „wegfirmen“
Nein, er übertreibt nicht. „Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch“ stellt das II. Vatikanische Konzil fest – und an diesem Anspruch muss sie sich auch messen lassen. Und damit auch jede Aktion, die personelle und finanzielle Ressourcen bindet. Was ist der Beitrag des Pfarrfestes zur Mission? Was ist der Beitrag der Erstkommunion- oder Firmkatechese zur Mission? Vorsicht, das heißt nicht, dass man Pfarrfeste nicht mehr feiern oder Katechesen einstellen sollte, es heißt aber, dass sie einer dringenden Überprüfung ihrer Schwerpunkte und Inhalte bedürfen. Gerade ging durch die Presse, dass Bischof Stefan Oster aus Passau entschieden hat, ein paar Jahre keine Firmungen durchzuführen. Das wirbelt Staub auf, aber eine solche Auszeit gibt Gelegenheit, den ewigen Kreislauf „Nach der Firmung ist vor der Firmung“ zu durchbrechen und darüber nachzudenken, wie eine Katechese aussehen kann, bei der die Jugendlichen nicht einfach „weggefirmt“ werden. Bei dem dynamischen Bischof wird man davon ausgehen dürfen, dass der missionarische Aspekt in dieser Revision der Katechese keinen geringen Stellenwert einnehmen wird.
Der Schwerpunkt des Kapitels des Mission Manifest liegt tatsächlich auf der Amtskirche. Aber einerseits ist das, was Pater Wallner über die Priester schreibt auch auf Laien anzuwenden, andererseits bilden Priester und Laien ohnehin eine Einheit: Mission lässt sich nicht delegieren. „Demjenigen, der tut, was er kann, dem verweigert Gott die Gnade nicht.“ zitiert Pater Wallner eine Glaubensgewissheit aus der Spätscholastik. Das ist keine Aufruf zu hektischem Aktionismus, denn zu dem, was ein Mensch kann, gehört auch das Denken und das Nachfragen, aber es verbietet auch, die Hände in den Schoß zu legen und sich einem „falschen Gnadenfatalismus“ des „Jetzt hilft nur noch Beten!“ zu ergeben. Gebet, Betrachtung, Empfang der Sakramente und auch das einfache Nachdenken, die Klugheit, gehören dazu, aber dann ist es auch an jedem Gläubigen raus zu gehen.
Ite missa est!
„Ite missa est!“ sind die Schlussworte des Kapitels, in dessen letzten Abschnitt Pater Wallner den Vorschlag macht, für die lateinische Abschlussformel der Messe („Ite missa est!“ – „Deo gratias!“) eine bessere Übersetzung zu finden als „Gehet hin in Frieden!“ – „ Dank sei Gott dem Herrn!“, was mindestens vom Sprachgefühl ziemlich genau das Gegenteil dessen ausdrückt, was eigentlich gemeint ist.
Richtig übersetzt müsste der Priester sagen: „So, und jetzt raus mit euch, ihr habt genug Kraft getankt – missa est! – jetzt seid ihr hinausgesandt. Also strengt euch an, dass Gott überall hinkommt, wo er hin will! Amen!“ Und die Gemeinde könnte antworten: „Dankeschön, lieber Gott, dass du uns sendest! Danke für deine Gnade! Wird erledigt!“
Alle zu Christus führen
Eigentlich sollte es ja selbstverständlich sein, dass die Kirche – dass jedes einzelne Mitglied der Kirche Jesu Christi – missionarisch sein muss, niemand der bei Trost ist und wenigstens ab und zu mal in der Bibel blättert würde das bestreiten. Aber in einer langen Phase der „Volkskirche“ in unseren Breiten ist dieser Gedanke untergegangen. Es lief ja von alleine. Ist aber der Gedanke der Mission erst mal ungewöhnlich und unbequem geworden, dann fällt es leicht, in der Phase des quantitativen Niedergangs der Kirche Ausreden zu suchen, in der Art, dass eine „kleine Kirche“ ja auch eine reine Kirche sein solle, oder dass man Anders- und Nichtgläubige nicht mit missionarischen Aktionen verschrecken dürfe. All das übersieht den Auftrag Jesu an uns, nicht ein paar, nicht nur die, die an die Tür klopfen, sondern alle (!) zu ihm zu führen. Es gibt niemanden, der nicht das „Objekt der Evangelisierung“ sein sollte (inklusive der aktiven Gläubigen selbst, für die die tägliche Umkehr zu Jesus auch immer eine Herausforderung darstellt).
Also, welche Ausrede gibt es für ein Pfarrfest, das abgesehen von einer kurzen Ansprache des Pfarrers keinen Bezug zu Christus herstellt? Welche Ausrede gibt es für eine Firmkatechese, bei der man davon ausgeht, dass 95 % der Kinder anschließend bis zur Hochzeit keine Kirche mehr von innen sehen werden? Welche Ausrede gibt es für mich, in einem Gespräch wenigstens bei sich bietender Gelegenheit – die man auch herstellen kann – nicht von Jesus zu sprechen? Mir fällt keine ein.
Konrad Kugler
Alle Fundamente sind zerstört. Vor allem der bedingungslose Glaube.
Das ist mehr als seine Verdunstung. Da steht ein neuer Glaube der Wahrheit entgegen.
Warum tun Krawattenpfarrer und solche in Räuberzivil Dinge, die noch nicht einmal der Vorschrift, viel weniger derTradition entsprechen? Warum wurden altgläubige von den neugläubigen Priestern gemobbt und um ihre Gemeinden gebracht?
Wenn ich predigen müsste, würde ich mit dem ersten Teil des Glaubensbekenntnisses anfangen. Und wetten, daß alle an der Kirchentür noch wüßten, worüber diese gehandelt hat. Ob mit freudiger Zustimmung oder Wut im Bauch.
Die leichtesten Frömmigkeitsübungen hat man uns wegargumentiert. Der Freitag und das Abstinenzgebot. Plötzlich hieß es, man dürfe am Freitag auch Fleisch essen, wenn man stattdessen ein anderes Opfer bringt. Gehört – getan. Fleisch gegessen – Opfer vergessen. Regelmäßig, jahrelang. Bis es mir dämmerte. Seither halte ich das Gebot mühelos ein. Jetzt bin aber berechtigt, auf das Opfer zu „verzichten“. Etliche Wirtschaften bieten am Freitag Schweinshaxen an. Dagegen regt sich gelegentlich mein Grant, weil ich gern auch einmal eine solche möchte. Werd nix draus!
Liesl Karlstadt
Wer eine Gotteserfahrung gemacht hat, die ihn wirklich entzündet, wird die These Mission first nicht nur aus Verstandesgründen unterschreiben. Dieser Funke der Gotteserfahrung glimmt auch in dem alten „ ite, missa est“ mit. Bei diesem Thema können sicher auch die Autoren des Buches mitreden.
Wo aber politische Korrektheit, Stolz aufs eigene Engagement, rein soziale Impulse, frommes Leistungsdenken u.v.m. das kirchliche Leben prägen wird’s schwierig. Wie also mache ich eine Gotteserfahrung, in der mich der Heilige Geist entzündet, und nicht nur ein weltlicher Impuls, komme er noch so fromm daher…?
Gerd
Eine Gotteserfahrung kann man nicht „machen“. Sie wird geschenkt, denn der hl. Geist weht wo er will.