Die GEZ-Sender in Deutschland stellen sich gegen die No-Billag-Initiative in der Schweiz. Kein Wunder, sie würden das nicht überleben.
Der Begriff der „Demokratieabgabe“ steckt mir immer noch in den Knochen. Mit ihm hat der WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn einst den GEZ-Zwangsbeitrag zur Finanzierung der zahllosen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender zu legitimieren versucht. Das war damals schon keine gute Idee und ist es heute noch viel weniger. Denn der Schönenborn-Ausdruck stammt aus – hätten Sie es erraten? – 2012. Seither ist eine Menge passiert und mit wenig Ruhm haben sich seither die betreffenden Anstalten bekleckert. Man will sparen, so sagt man, aber für ein Sparprogramm brauche man, leider, leider, erst mal noch mehr Geld. Man sei journalistischen Prinzipien verpflichtet und scheut doch Nachrichten, die dem eigenen Weltbild – wie dem geforderten Atomausstieg, dem Diesel-Fahrverbot, vor allem der Migrationskrise – widersprechen.
Beiträge zur Meinungsbildung?
Wann haben Sie das letzte Mal eine Nachrichten-Ausgabe gesehen, bei der der zum Ausdruck gebrachten Meinung eines, sagen wir mal, Claus Kleber, durch einen Kommentar widersprochen worden wäre? Das aber wäre doch das Mindestmaß, wenn man sich denn schon als Nachrichtenableser dazu hinreißen lassen muss, seine eigene Meinung in die Nachricht mit einfließen zu lassen. Das wäre Diskussionskultur, das wäre ein kleiner Beitrag zu einer Meinungsbildung und damit zur Demokratie.
Was allerdings in Deutschland, mindestens in den Nachrichtensendungen, mehr und mehr aber auch im Unterhaltungsprogramm, passiert, ist betreutes Fernsehen; mit dem Auftrag einer Grundversorgung – mit Nachrichten und Unterhaltung – wie er mal in den Anfangszeiten des Fernsehens formuliert war, hat das nichts mehr zu tun. Und damit der deutsche Michel, der zum Bezahlen der dahinter steckenden Journalisten und Redakteure samt eines gigantischen Verwaltungsapparates verdammt ist, nicht auf dumme Gedanken kommt, setzt sich zum Beispiel Sonia Mikich, Chefredakteurin des WDR, in einem Kommentar mit der No-Billag-Initiative in der Schweiz auseinander, mit der die Eidgenossen am Sonntag über den Bestand des dort herrschenden Abgabensystems entscheiden dürfen (die Errungenschaft eines solchen direktdemokratischen Instruments erwähnt sie dabei allerdings nicht).
Mit Pathos gegen No-Billag
Bei der Besetzung wundert es nicht, dass Mikich ein Hohelied auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen singt. Und macht damit direkt das ganze Dilemma dieser Art der Berichterstattung deutlich. Man hätte ja zu einem solchen Zweck einen Kritiker der Zwangshaushaltsabgabe zu Wort kommen lassen können, der die Argumente contra-GEZ dargelegt hätte. Macht man in einer solchen Sendung, aus der immer noch ein großer Teil der Deutschen ihre politische Bildung bezieht, lieber nicht. „Wir Öffentlich-Rechtlichen sind Diener einer Gesellschaft, die informiert, unterhalten und aufgeklärt bleiben will.“ – bei solchem Pathos wünscht man sich ja fast den Begriff der „Demokratieabgabe“ zurück.Natürlich macht sie dann auch Werbung für all das, was ARD, ZDF und all die anderen Sender so zu bieten haben, von Breaking-News bis zu fantastischen Naturaufnahmen.
„Menschen befähigen, ein eigenes Urteil zu bilden“, so Mikich, „das ist teuer!“ Und dann kommt tatsächlich so was Ähnliches wie „Selbstreflektion“ (die aber natürlich keine ist): „Wir werden von allen bezahlt; bilden wir die Interessen aller ab?“ Die Frage bleibt offen, wie auch andere, mit denen Mikich sich und das sie nährende System angeblich in Frage stellt. Und so muss man wohl in ihren Augen einfach tun, wozu sie die Zuschauer auffordert: Glauben, dass die Macher über diese Fragen intensiv diskutieren.
17,50 € pro Monat und Haushalt
„Den Rundfunkbeitrag hole ich durch viele Programmjuwelen locker wieder rein“ meint Mikich in einem kleinen Ausflug in ihre private Welt. Und ich glaube ihr sogar, dass sie meint, die von ihr angesehen Sendungen, die – sie gibt das zum Glück zu – niemand gezwungen wird anzusehen, seien die 17,50 € pro Monat wert. Das ist schön für sie und gibt ihre ganz persönliche Einstellung wieder, für ihren Fernsehkonsum auch freiwillig 17,50 € bezahlen zu wollen. Und nun könnte man eine Umfrage unter allen Haushalten starten, ob sie das auch so sähen. Und wenn sie das täten, dann könnte man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfach in ein Bezahlfernsehen umstellen, für das die Nutzer ganz freiwillig zahlen.
Dreimal darf man raten, warum das keiner macht: Das Programm des Staatsfernsehens ist den meisten Menschen eben nicht so viel wert. Tierdokumentationen kriegen auch private Sender hin, Samstagabendshows kann Pro7 mittlerweile viel besser als ARD oder ZDF, und auch wenn diese Sender das anscheinend letzte Refugium für Schlager- und Volksmusiksendungen sind, so würden die Privaten diese auch produzieren – gegen Geld in Form von Werbung oder eben als Bezahlfernsehen.
Das ist es nicht wert!
Die einfache Wahrheit ist: ARD und ZDF bieten gegen eine Zwangsabgabe von 17,50 € pro Monat und Haushalt ein Programm, das viele Haushalte in dieser Form und unter diesen Konditionen nicht kaufen würden. Über deren Köpfe hinweg wird eine riesige Sendungs- und Verwaltungsmaschinerie in Gang gehalten für die Mikichs dieser Welt, die das von ihnen präferierte Potpourri zwar sehen, aber die dahinter stehenden tatsächlichen Kosten nicht bezahlen wollen. Die Rechnung ist einfach: Melden sich die Hälfte der Haushalte ab, müsste der Beitrag für die verbliebenen auf 35 € steigen. Wäre es das Frau Mikich immer noch wert? Und wenn ja, wie viel mehr noch? Das wäre dann der Preis, den sie – stellvertretend für andere Zuschauer, die das ebenfalls tun würden – zu zahlen bereit wäre. Und aus der Multiplikation der verbleibenden Haushalte und den von ihnen akzeptierten Preisen ergeben sich die Kosten, die solche Sender verursachen dürfen.
Sonia Mikich gehört zu einer Generation von Journalisten, die anderen gerne die Welt erklären, „Deutungshoheit“ für sich in Anspruch nehmen auf die komplexesten Themen dieser Welt, aber nicht mehr verstehen, wie diese Welt auf ihre Branche sieht. Was ihr vorschwebt ist in der Tat betreutes Fernsehen, das jeder – wenn er schon nicht gezwungen werden kann, es zu schauen – bezahlen soll. Dass sie dabei eine der einfachsten marktwirtschaftlichen Gesetze – dass der Preis die Kosten bestimmt und nicht umgekehrt – mit Füßen zu treten bereit ist, liegt dann nicht so sehr in ihrem Sendungsbewusstsein sondern in der unter ihresgleichen vorherrschenden sozialistischen Weltsicht.
Es gibt eben einen Grund, warum der GEZ-Rundfundbeitrag eine Zwangsabgabe ist. Und diesen Grund wird weder ein Jörg Schönenborn noch eine Sonia Mikich mit Worten wie „Demokratieabgabe“ oder „Diener der Gesellschaft“ wegquatschen können.
Den ganzen Kommentar Sonia Mikichs kann man hier ansehen.
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Bild: Christoph Konitzer – www.pixelio.de
Stefan S.
Ich bin wieder da, juhu! :)
Eigentlich hatte ich, als ich angefangen habe Ihren Blog zu lesen, gedacht, dass ich des Öfteren anderer Meinung wäre, als Sie.
Irgendwie ist dies nicht der Fall!
Naja, eben katholisch, konservativ, libertär. Schonmal 2 von 3 Treffern. ;-)
Wie dem auch sei.
Fernsehen schaue ich seit Jahren nicht mehr.
Mich interessiert das Programm einfach nur noch selten.
Im Internet kriege ich das was ich will wann ich es will. (z.B. den Papsttreuen Blog ;-) )
Allerdings machen sich die öffentlich-rechtlichen Sender mittlerweile auch abseits von Mediatheken im Internet breit. (z.B. das Netzwerk Funk auf Youtube)
Ich bin mit diesen Entwicklungen nicht einverstanden.
Es gibt ein sehr vielfältiges, privat organisiertes Programm im gesamten Rundfunk, o.k. soweit ich es überblicken kann, deshalb fände ich es angebracht im öffentlich-rechtlichen Programm Strukturen zu vereinfachen und sich auf das Wesentliche zu beschränken.
Ich empfinde z.B. gut recherchierte und präsentierte Nachrichten als wichtiger für die Demokratie, als das Musikantenstadl. Daher räume ich diesen Nachrichten eine höhere Priorität bei den Öffentlich-Rechtlichen ein.
Daher Strukturen vereinfachen, Sender zusammenstreichen, Programme anpassen und und und.
Meiner Meinung nach. Kommt wahrscheinlich nicht so, es könnte ja eine große Menge an Menschen Geld sparen.