Die Erstkommunion – ein Schreckgespenst für alteingesessene Gemeindemitglieder und Freunde der Liturgie? Damit kann man schief liegen.
Wenn es Ihnen so geht, wie mir, dann versuchen Sie an den Sonntagen nach Ostern diejenigen Messen zu meiden, in denen dann die Feier der ersten heiligen Kommunion der Kinder gefeiert wird. In unserer Gemeinde gibt es zum Glück ausreichend Kirchen und Sonntagsmessen, von der Vorabendmesse am Samstag bis zur Sonntagsmesse am späten Sonntagnachmittag, dass es da immer Alternativen gibt.
Was man von Erstkommunionfeiern erwartet
Der Grund für diese Ausweichtaktik ist in „konservativen katholischen Kreisen“, zu denen ich mich zähle, klar: Eine schon mindestens eine halbe Stunde vor Messbeginn vollbesetzte Kirche, Teilnehmer, die schon Jahre keine Kirche mehr von innen gesehen haben und es auch wohl in den kommenden Jahren auch nicht mehr tun werden, die trotzdem alle munter zur Kommunionausteilung marschieren, die Händen in den Taschen, wenn sie nicht gerade das Handy umklammern um fotografisch festzuhalten, was das Töchterchen oder Söhnchen da vorne macht, und sich ansonsten durch fundamentale Unkenntnis darüber auszeichnen, was „Respekt vor einem heiligen Ort“ bedeutet, geschweige denn dass sie wüssten, wann eine stehende oder kniende Haltung angemessen wäre.
Wenn dann noch dazu kommt, dass die Katechetinnen und Katecheten zusammen mit ihren Schützlingen einen Großteil der Liturgie „gestaltet“ haben, kann man von Glück sagen, wenn bei der ersten Kommunion die Eucharistie überhaupt gültig gefeiert wird. Darum, das weiß jeder versierte Kirchgänger: Erstkommunionmessen genauso meiden wie Firmungen!
Volle Parkplätze und ein Sitzplan
Wenn man aber mal aus verschiedenen Gründen nicht anders kann und zur Einhaltung der Sonntagspflicht in eine solche Messe gerät, so wie das bei mir gestern der Fall war, dann hält man besser die Luft an und die anderthalb Stunden durch. Ich jedenfalls bin entsprechend vorgeprägt und ein bisschen übellaunig zur Kirche gefahren – Parkplatz schon von weitem sichtbar lange vor Messbeginn voll … na großartig! Dann den längeren Weg von Parkplatz zur Kirche gelaufen und auf viele Menschen getroffen, die man sonst um diese Zeit hier nicht trifft, die sich kleiden, wie sie sich sonst nie kleiden würden. Angekommen an der Kirchentüre … aha, ein Sitzplan: die ersten Reihen für die Kommunionkinder mit Katechetinnen reserviert, dahinter die Reihen reserviert für Familie Meier, dann Schmitz, dann Müller, dann … oh, ganz hinten offenbar noch „Hocker und Extraplätze“: Dann „darf“ also die normale Gemeinde doch noch an dieser Messe teilnehmen, danke schön.
Also in einer der vorderen hinteren Reihen Platz genommen und versucht, mich irgendwie auf die Messe vorzubereiten. „Hiiiiier!“ ruft eine Tante dem Rest der Familie zu, um sie lautstark auf die reservierten Plätze aufmerksam zu machen. Familien, die sich offenbar schon lange nicht mehr gesehen haben, liegen sich in den Armen und versichern sich und dem Rest der Gemeinde, dass sie sich freuen, sich doch endlich mal wieder zu treffen … das letzte Mal war bei der Beerdigung von Oma Hilde … An Gebet ist hier eigentlich nicht zu denken. Je näher die Messe rückt (es sind noch gute 15 Minuten) umso gereizter werden diejenigen, die es nicht zeitiger geschafft haben und nun keine Plätze mehr finden, jedenfalls nicht mehr in der Nähe der Nichte, die man doch an diesem Tag begleiten wollte.
Eine Basecap
So ziehen sie durch die Kirche, notfalls auch durch den Altarraum als Abkürzung, Hände in den Taschen … ein Jugendlicher mit einer Basecap, dem niemand gesagt hat, dass man eine solche Kopfbedeckung in einem Haus generell ablegt, ganz sicher aber beim Betreten einer Kirche. Mussten wir unserem Sohn auch erst beibringen, dass das was mit der Heiligkeit des Ortes und dem Besonderen, was hier gefeiert wird zu tun hat, mit Respekt vor Christus, der in dieser Kirche zugegen ist und später auf dem Altar geopfert wird und aufersteht. Hat er verstanden … und er ist erst sieben. Von 14-jährigen scheint man das nicht mehr verlangen zu können, die begleitenden Eltern tun das jedenfalls nicht.
Überraschungen
Vorabbegrüßung durch den Pastor … und Beginn der Auflösung dieses Beitrags: Ein freundliches Willkommen an alle Teilnehmer zu diesem besonderen Tag, an dem die Kinder erstmals den Herrn empfangen dürfen. Die Bitte, keine Fotos zu machen, auch wenn alle heute so ein kleines elektronisches Gerät in der Tasche haben, und die Handys ganz auszuschalten, nicht nur auf „lautlos“, eine kurze Erläuterung des Ablaufs. Danke für die Rücksichtnahme auf die anderen Feiernden und auf das, was gleich hier geschehen wird. Am Ende geht der Pastor zu dem bemützten Jugendlichen, tauscht unhörbar ein paar Worte … der setzt die Mütze ab und hält sie den Rest der Messe in der Hand.
Kurz noch mal Unruhe und dann ziehen die Erstkommunionkinder gemeinsam mit dem Messdienern, dem Diakon und dem Pastor in die Kirche ein … und die Messe beginnt, tatsächlich in (okay, relativer) Ordnung. Kein Handy wird hochgereckt, der eine oder andere kann es nicht lassen, dem Neffen zuzuwinken, beherrscht sich aber immerhin, auch noch akustisch auf sich aufmerksam zu machen. Beim Gloria kurze Unsicherheiten ob man besser steht oder sitzt (ein Junge in einer Bankreihe vor mir, vielleicht zehn Jahre alt, kniet sich hin, ich denke: „Besser ein bisschen mehr Würde als ein bisschen zu wenig“), aber da die meisten aus ihrer Kindheit offenbar noch wissen, dass man sich im Zweifel auch an den Messdienern orientieren kann, ist auch dieser Moment bald geschafft. Lesungen, Evangelium, dann eine dem Anlass angemessene Predigt, die die Kinder einbezieht aber nicht zum Kindergeburtstag verkommt.
Lieber ein ehrliches Danke als ein auswendig gelernter Friedensgruß
Glaubensbekenntnis der Kinder, dann „Fest soll mein Taufbund immer stehen“, Gabenbereitung .. Hochgebet: Okay, es ist sicher den meisten einfach nicht mehr einsichtig, warum man sich da hinkniet. Die meisten allerdings, zumindest die noch einen Platz in einer Bank gefunden haben, tun es ihren Sitznachbarn gleich. Es gibt immer ein paar Unentwegte, die trotzig stehen oder sitzen bleiben, aber die gibt es in normalen Gemeinden auch, deren Anteil ist heute nicht wesentliche höher. Vater unser … einige versuchen „durchzubeten“ aber der Pastor setzt unbeirrt den Embolysmus fort (wieder ein Robbenbaby gerettet!). Friedensgruß … der Junge vor mir scheint ehrlich überrascht und erfreut, als ich ihm die Hand reiche und „Der Friede sei mit dir“ sage, worauf er nur strahlend ein „Danke“ rausbringt. Ich jedenfalls freue mich mehr über dieses Danke als ich mich über eine auswendig gelernte Erwiderung gefreut hätte.
Jesus freut sich … über jeden hier
Dann endlich der große Moment, in dem zunächst die Erstkommunionkinder nach vorne gehen und das erste Mal in ihrem Leben die Eucharistie empfangen. Ich schaue auf den großen Korpus hinter dem Altar und stelle mir vor, dass Jesus, trotz der kleinen Widrigkeiten dieser Messe, mit unfassbarer Liebe auf diese Kinder schaut. Er weiß schon, dass viele von ihnen bis zur Firmung nicht mehr oft in einer Kirche sein werden, von Weihnachten mal abgesehen, aber er liebt sie nur umso mehr, weil er auch weiß, wie sehr sie ihn in ihrem Leben noch brauchen werden. Wie demütig Jesus ist … erscheint in diesem Brot und lässt sich verteilen, auch an die, die nicht wissen, was es mit diesem Brot auf sich hat. Die Kommunionkinder sollten es in den vergangenen Monaten der Katechese gelernt haben, aber ob ihnen das wirklich bewusst ist? Aber andererseits: Ist mir das immer so bewusst? Und trotzdem lächelt Jesus auch mich an … auch an diesem Tag, an dem ich ihn ziemlich unwillig besucht habe, an dem ich mich über die anderen Messbesucher erhoben habe … „danke Herr, dass ich nicht so bin wie diese da“ …
Am Ende der Messe bricht wieder ein bisschen Chaos aus, aber ich bleibe noch geläutert sitzen. Hier ist heute etwas passiert: Die Kinder – acht oder neun Jahre alt – haben den Leib des Herrn empfangen, vielleicht hat der eine oder andere eine Ahnung von der Heiligkeit dieses Moments erhascht … und ich habe gelernt, dass die Erstkommunionmesse in unserer Gemeinde so gefeiert wird, wie sie es sollte.
Ein kurzer Moment des Gebets
Ich gehe nach vorne, entzünde noch drei Kerzen: eine für eine schwer erkrankte Freundin, eine für unsere Familie, die an diesem Wochenende nicht gemeinsam die Messe besuchen konnte, und eine für die Kommunionkinder mit der Bitte an Jesus und die Gottesmutter, deren Hand nun nicht mehr loszulassen – so wenig wie meine. Es beten noch ein paar mehr Leute in der nun schon fast leeren Kirche und ich gehe, in bestem Sinne beseelt, nach Hause, fest entschlossen, hierüber einen Blogbeitrag zu schreiben. Darüber, dass man mit seiner missmutigen Einstellung gegenüber Erstkommunionfeiern auch grundfalsch liegen kann.
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Bild: karrenbrock.de – www.pixelio.de
akinom
Immerhin ist der Weiße Sonntag ja auch Barmherzigkeitssonntag und Höhepunkt der Novene des Barmherzigkeitsrosenkranzes! Ich pflege – nicht nur angesichts solcher Bilder – vor der Kommunion die „Geistliche Kommunion“ zu beten mit den Worten: „Ich möchte Dich empfangen, oh Herr, mit jener Reinheit, Demut und Andacht, mit der Deine heiligste Mutter Dich empfing; mit dem Geist und der Inbrunst der Heiligen!“ Dann füge ich hinzu: „Teile Du Herr bitte meine Hostie mit der ganzen Gemeinde und mit allen, denen ich ein Gebetsabo versprochen habe!“ Ich denke, man darf so „unverschämt“ bitten und kann mir dann eigentlich auch nicht mehr vorstellen, dass einer unwürdig kommuniziert hat.
Gerd
Der Artikel lässt mich etwas ratlos zurück. Was genau ist jetzt die Quintessenz? Weiter so wie bisher, weil Jesus uns alle liebt? Mir persönlich ist noch nie der Gedanke gekommen, dass „ich nicht so bin wie diese da“. Mich treibt eher die Sorge um, was aus den Kommunionkindern wird, wenn sie mal älter sind und die Stürme des Lebens heranbrausen. Oder übertreibe ich? Die landläufigen Erstkommunion-Feiern haben in meinen Augen einen Hauch von Zwangsmissionierung. Da wird etwas vollzogen, was in vielen Fällen gar nicht nachvollzogen wird. Stehe ich mit dieser Meinung grundfalsch dar?
Dieter Schrader
Lieber Herr Honekamp, vielen Dank für diesen wunderbaren Blog. Wie sich die Bilder doch gleichen. In der ev. Kirche finden zur Konfirmation ähnliche Gottesdienste statt ,nur mit dem Unterschied, daß die Jugendlichen schon 13 bzw.
14 Jahre alt sind. Auch uns ist es so ergangen wie Ihnen, daß wir am liebsten diese Gottesdieste gemieden hätten. Nun war am letzten Sonntag in unserer Gemeinde
( eine ev.luth. Freikirche-SELK) eine ev. Messe mit „Prüfung“ der Konfirmanden über das aus dem Katechismus erlernte. Und was erlebten wir zu unserem großen Erstaunen? Ganze Kapitel aus dem kl. Katechismus konnten die Kinder aufsagen- nicht runterleiern- sondern auch mit ihren Worten erklären. Wir waren baff. So etwas haben seit Jahren nicht mehr erlebt. Es hat allen auch noch Freude gemacht.
Unser Pastor und seine Assistentin waren genauso erfreut, wie die übrige Gemeinde. Die eigentliche Konfirmation mit Empfang der hl.Eucharestie findet nächsten Sonntag statt. Dieses Erlebnis läßt uns hoffen und auch danken.