Ob jemand die Eucharistie empfangen darf, hängt nicht nur von seiner Konfession ab. Darauf hinzuweisen versäumen fast alle im Streit um die Kommunion beteiligten Bischöfe und Theologen.
Wann haben Sie das letzte Mal einen Erwachsenen gesehen, der mit verschränkten Armen zur Kommunionausteilung geht und dort, statt um den gewandelten Herrn, um einen Segen des Priesters bittet? Wenn ich selbst das Gefühl habe, nicht in der Verfassung zu sein, die Eucharistie zu empfangen, bleibe ich meistens sitzen. Um einen Segen bitte ich nur, wenn ich sicher weiß, dass ich da vorne nicht an einen Kommunionhelfer gerate, der mir den Leib Christi notfalls mit Gewalt in die Hand drücken oder in den Mund schieben wird, sondern an Priester, die um die Besonderheit dessen, was hier passiert wissen. Zum Glück gibt es die bei uns in der Gemeinde.
Was ist schiefgegangen?
So lange es aber nicht zu einer Normalität wird, dass die Gläubigen ihre Verfassung zunächst mal hinterfragen (Wann war ich das zuletzt zur Beichte? Welche Sünden hätte ich zu beichten? Sind es schwere?) bevor sie sich in die lange Reihe derjenigen stellen, die zur „Kommion“ gehen, müssen wir uns nicht darüber wundern, dass ein Ausschluss von diesem Sakrament als unfair und ausgrenzend erlebt wird. Und genau darum dreht es sich bei dem Streit unter Bischöfen und Theologen, wann ein solcher Härtefall in einer gemischtkonfessionellen Ehe vorliegt, dass der evangelische Partner kommunizieren darf.
Natürlich kann ein Priester dem Gläubigen nur „vor den Kopf gucken“ und nicht sehen, ob er zum Eucharistieempfang disponiert ist. Aber wenn man die Heerscharen von Menschen sieht, die Sonntag für Sonntag (immerhin, sie gehen in die Messe) zur Kommunion anstehen, und im Vergleich dazu die mäßige Nutzung von Beichtgelegenheiten, können einem schon Zweifel kommen: Was muss alles in der Glaubensvermittlung schiefgehen, dass jeder Katholik (und mancher Nicht-Katholik) meint, er habe ein Anrecht auf „das Stück Brot“? „Ich zahle schließlich Kirchensteuer“ ist eines der schlechteren, „ich habe doch niemanden umgebracht“ schon eines der besseren Argumente. Eigentlich denkt aber gar keiner so recht darüber nach.
Ich muss nicht, ich darf zur Beichte
Ich erinnere mich, dass es zu meiner Zeit heftige Diskussionen darüber gab, ob Erstkommunionkinder vor dem ersten Empfang des Herrn zur Beichte müssen. Wenn mich nicht alles täuscht, ist das auch heute noch so; vielfach nicht mal, weil man die Beichte an sich ablehnen würde, aber weil die Erfahrung zeigt, dass die Kinder sich vorher austauschen, was man denn so sagen kann, statt sich selbst zu hinterfragen. Das ist – nebenbei – dann nicht die Schuld der Kinder sondern die einer fehlgeleiteten Katechese. Wenn jedenfalls schon hier versäumt wird, auf den engen Zusammenhang zwischen der Freiheit von Sünde und dem Empfang der Eucharistie hinzuweisen – wie sollen die Kinder das später lernen?
„Die Kinder müssen zur Beichte“ ist eine ebenso entlarvende Formulierung wie die, dass sie „zur Kirche müssen“. Nein, sie dürfen (!) dem Herrn ihre Sünden beichten, um die Lossprechung zu erlangen. Was für ein großartiges Sakrament, das uns Jesus hier geschenkt hat! Einsicht in die Sünde, Bekenntnis, Reue und Vorsatz zur Besserung – mehr braucht es nicht, mehr will Gott gar nicht von uns. Er weiß um unsere Schwächen und ist bereit, uns immer wieder zu vergeben. Aber das muss man erst mal verstanden haben, damit man nicht meint, es gäbe ein Recht auf den Kommunionempfang.
Anspruch auf die Eucharistie?
Wiederverheiratete Geschiedene und evangelische Ehepartner, das sind die medienwirksamen Interessengruppen, die Anspruch auf die Kommunion anmelden. Und natürlich kann auch ich diesen Menschen nur vor den Kopf schauen und nicht erkennen, wie groß das Leid, die Eucharistie nicht empfangen zu dürfen, wirklich ist. Wer aber den Anspruch formuliert, man dürfe ihm (oder ihnen) die Kommunion nicht verwehren, zeigt deutlich, dass er nicht verstanden hat, worum es beim Leib Christi, eigentlich beim ganzen Messopfer, wirklich geht. Ein bisschen pauschal formuliert: Wer so redet, kann kaum für den Eucharistieempfang disponiert sein. Sich das aber selbst einzugestehen, das fällt auch Katholiken nicht leicht, die die ganze Diskussion vielleicht von außen mit einer „Was geht mich das an?“-Attitüde betrachten.
Und ob uns Katholiken das was angeht. Wenn wir nämlich das Opfer des Herrn nicht ernstnehmen, dann können wir kaum erwarten, dass Außenstehende das tun. Der Versuch, den Weg frei zu machen zu einer „Eucharistie für alle“ ist unter diesem Gesichtspunkt nichts anderes als das Eingeständnis, das Geheimnis der Eucharistie aus dem Blick verloren zu haben. Es ist zu wertvoll, um es zu verramschen, und ich wünschte mir, mal wieder häufiger das Schuldbekenntnis in der Messe sprechen zu können oder sogar eine Predigt zu hören, die klar macht, dass alle eingeladen sind zum Herrn, aber mancher noch ein paar Dinge mit ihm zu klären hat, bevor er sich mit schmutziger Kleidung zu einer Hochzeit aufmacht.
Die Richtung der Diskussion
Und ich wünschte mir, dass mehr der am „Kommunionstreit“ beteiligten Bischöfe und Theologen diese Zusammenhänge in den Vordergrund stellten und die Diskussion damit in die richtige Richtung lenkten, anstatt wohlfeile Forderungen mit Applausgarantie zu formulieren oder sich nur auf kirchliche Regeln zurückzuziehen.
Gerd
Vielleicht würde es helfen zu betonen, dass eine eucharistische Gemeinschaft erst einmal nur in der katholischen Kirche zu finden ist. So hat es mir der Pfarrer meiner Kindheit und Jugend gepredigt(!) und reichlich Prügel eingesteckt, auch aus der Richtung seines und unseren Bischofs.
Aber das scheitert seid gefühlten 60 Jahren an der „versöhnten Verschiedenheit“. Mit diesem sperrigen Begriff, der eigentlich das Gegenteil von dem ist was Jesus uns aufträgt, dass nämlich unser Ja ein Ja und unser Nein ein Nein sein soll, konnte ich persönlich noch nie etwas anfangen. Diese „versöhnte Verschiedenheit“ führte uns in den „Kommunionstreit“ weil Verschiedenheit in Verbindung gebracht wird mit Toleranz. Wenn Herr von Hirschhausen seine Oblate nicht bekommt fühlt er sich intolerant behandelt. Zumal er sogar dafür bezahlt. Geht es noch dümmer? Geht es noch banaler? Trotzdem jodeln die katholischen Zuhörer und klatschen bereitwillig Applaus. Den katholischen Bischöfen und Theologen sei es angeraten sich auf kirchliche Regeln zu konzentrieren. Denn die haben wir als Katholiken. Sie können mit Josef Ratzinger ja anfangen: Die protestantischen Glaubensgemeinschaften sind keine Kirche im Sinne unseres Credos. Dabei allerdings das Wegducken vor den Geschossen mit ins Kalkül nehmen. Um es mit Oliver Kahn zu formulieren: „Dazu braucht man Eier.“ Keine Weicheier versteht sich.
Thekla
„So lange es aber nicht zu einer Normalität wird, dass die Gläubigen ihre Verfassung zunächst mal hinterfragen (Wann war ich das zuletzt zur Beichte? Welche Sünden hätte ich zu beichten? Sind es schwere?) bevor sie sich in die lange Reihe derjenigen stellen, die zur „Kommion“ gehen, müssen wir uns nicht darüber wundern, dass ein Ausschluss von diesem Sakrament als unfair und ausgrenzend erlebt wird.“
„Schwere Sünde“? Was ist das? Das Gewissen der meisten Gläubigen ist in dieser Hinsicht gar nicht mehr gebildet.
Ich bin selbst noch nicht so lange katholisch (erst 21 Jahre). Nach dem zu urteilen, was ich so von älteren Menschen gehört habe, hat man es früher mit der Beichte übertrieben. Die Menschen wurden moralisch gezwungen zu beichten und beichteten dann irgendetwas, damit der Pfarrer zufrieden war.
Das ist natürlich genauso falsch, wie gar nicht zur Beichte zu gehen. Und beides hat den gleichen Ursprung: Nicht zu wissen, was Sünde eigentlich ist und was heiligmachende Gnade ist. Denn wenn man das wüsste, würde man von ganz alleine zur Beichte gehen, wenn es notwendig ist, und sich von Jesus heilen lassen.
Übrigens gehen evangelische Christen auch nicht einfach so zum Abendmahl. Auch sie sollen sich erst mit ihren Mitmenschen und Gott versöhnen, bevor sie das Abendmahl empfangen. Manche protestantischen Kirchen kennen sogar die Beichte. Natürlich weiß ich auch, dass das nicht dasselbe ist wie eine sakramentale katholische Beichte, aber man darf das auch nicht unterschätzen. Gott sieht alle unsere Bemühungen und heilt auch außerhalb der Sakramente.
Ich verstehe eigentlich nicht, warum unsere Bischöfe sich auf diese Diskussion einlassen. Sollen sie doch erst einmal dafür sorgen, dass ihre eigenen Schäfchen, die Katholiken, wieder unterscheiden lernen zwischen gut gemeint und gut gemacht, zwischen einer Heiligen Messe und einem Wortgottesdienst, zwischen einem Priester und einem/-er Pastoralreferenten/-in. Ich möchte die Verdienste der Pastoralreferenten nicht schmälern. Aber sie haben andere Aufgaben als die Priester.
akinom
Danke, Herr Honekamp, für diesen sehr wichtigen Beitrag! Ich habe evangelische Bischöfe weinen sehen, weil sie bei einem Pontifikalamt nicht kommunizieren konnten. Wenn Katholiken und Christen anderer Konfessionen diesen Schmerz bewusst leben, tun sie der Ökumene meines Erachtens nach den größten Dienst. Wir sind eben das „Salz der Erde“ und nicht das Zuckerwasser. Dazu gehört auch das Apostolat des wunderbaren Sakramentes der Versöhnung.Fasten wir – wenn nötig – die Eucharistie, nicht aber die Beichte!
Über meinem Laptop hängt das Foto eines Altars. Er steht im Zimmer eines Priesters, der daran täglich zelebriert, weil er aus gesundheitlichen Gründen den Raum kaum noch verlassen kann. Wenn ich aufblicke bete ich an dem Bild die „Geistliche Kommunion“ mit den Worten: „Ich möchte Dich empfangen, o Herr, mit jener Reinheit, Demut und Andacht, mit der Deine heiligste Mutter Dich empfing; mit dem Geist und der Inbrunst der Heiligen!“ Dann füge ich hinzu: „Teile Du, lieber Jesus, bitte jetzt meine Hostie mit allen, denen ich ein Gebetsabo versprochen habe und mit allen, die Deiner Barmherzigkeit besonders bedürfen.“ Ich hoffe sehnsüchtig, dass dann niemand unwürdig kommuniziert.
Markus
Es ist zu wünschen, dass der Artikel bzw. der Gedanke Verbreitung findet. Es gibt immerhin Ansätze des Segen- statt Kommunionempfangs, z.B. weiss ich von den ökumenisch offenen Kisi-Kids, die dies in der Hl. Messe so handhaben und auch in Frankreich scheint dies üblich zu sein. Vor vielen Jahren schon beeindruckte mich ein Urlaubspriester aus der franz.sprachigen Schweiz, der nicht nur unser Kind, das ich auf dem Arm trug, sondern auch mich Indisponierten segnete.
Hier bei uns muss aber nötigt der Priester der Gemeinde auf: „Herr, ich freue mich…“ statt „Herr, ich bin nicht würdig.“. Es muss wohl noch viel gebetet und dicke Bretter müssen gebohrt werden – der Begriff „Eucharistie für alle“ zeigt sehr schön Parallelen zu anderen Phänomen auf, deren dahinterstehender Zeit-/Ungeist gerade auch in der Kirche gehuldigt wird.
Papsttreuer
Danke für den Kommentar. Dazu von mir nur ein Hinweis: An der Verbreitung eines solchen Beitrags können Sie natürlich selbst mitwirken :-)
Herzliche Grüße und Gottes Segen!
Stefanie Selhorst
Einen protestantischen Menschen, der mit einem katholischen Menschen verheiratet ist, verlangt es nach der heiligen Kommunion. Der einzig plausible Grund für dieses Verlangen ist der Glaube an das Sakrament der Eucharistie. Dieser Glaube zeichnet den Katholiken aus. Wo liegt also das Problem? Der Mensch muss nur den Spuren seines Glaubens folgen.