Warum sollten Laien beten und fasten, wenn Kleriker sich an Kindern und Seminaristen vergehen? Weil der Missbrauchsskandal sogar noch größer ist als vordergründig sowieso schon.

„Diese Art aber kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden“ – mit dieser Bibelstelle begründet Papst Franziskus seinen Aufruf an die ganze Kirche zu eben jenem Fasten und Gebet im Hinblick auf den Missbrauchsskandal in den USA – dessen Ausmaß und Wirkung man nicht auf die USA oder Pennsylvania beschränken kann (der gesamte Text des Schreibens ist hier nachzulesen):
Verbunden mit diesen Bemühungen ist es nötig, dass jeder Getaufte sich einbezogen weiß in diese kirchliche und soziale Umgestaltung, die wir so sehr nötig haben. Eine solche Umgestaltung verlangt die persönliche und gemeinschaftliche Umkehr. Sie leitet uns an, in die gleiche Richtung zu schauen wie der Herr. So sagte der heilige Johannes Paul II.: »Wenn wir wirklich von der Betrachtung Christi ausgegangen sind, werden wir in der Lage sein, ihn vor allem im Antlitz derer zu erkennen, mit denen er sich selbst gern identifiziert hat« (Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte, 49). Lernen zu schauen, wohin der Herr geschaut hat. Lernen dort zu stehen, wo der Herr uns haben will, um das Herz, das in seiner Gegenwart steht, zu bekehren. Zu diesem Zweck helfen Gebet und Buße. Ich lade das ganze heilige gläubige Volk Gottes zu dieser Bußübung des Gebets und des Fastens entsprechend der Aufforderung des Herrn [1] ein. Er weckt unser Gewissen, unsere Solidarität und unseren Einsatz für eine Kultur des Schutzes und des „Nie wieder“ gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch.
[1] „Diese Art kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden“ (Mt 17,21).
Wieso ich?
Mancher fragt sich, ob diese Aufforderung an die gesamte Kirche gerechtfertigt ist, wenn es doch Priester, Bischöfe und Kardinäle sind, die in den aktuell bekannt gewordenen Fällen schuldig geworden sind. Wieso muss ich beten und fasten wenn in den USA ein Kardinal Kinder missbraucht?
Der Schlüssel dafür liegt aber genau in dem Hinweis, den der Papst auf Matthäus 17,21 liefert: Jesus hat einen Jungen von einem Dämon befreit, was seine Jünger nicht zu tun in der Lage waren. Auf die Frage “Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben?“ antwortet er: „Wegen eures Kleinglaubens. Denn, amen, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort! und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein. Diese Art aber kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden.“
Die heilige und kranke Kirche
Es ist nur eine Fußnote, die der Papst eingefügt hat, aber – man mag unken: wie so oft beim Papst – es ist gerade diese Nebenbemerkung, die Sprengkraft besitzt. Denn der Papst spricht nicht von einer individuellen Schuld des einzelnen Gläubigen, die ihn zu Gebet und Fasten als Bußakt führen müsste. Er spricht von einem Dämon, der zu vertreiben ist – aus der Kirche! Und diese Kirche ist – ich habe das im vorherigen Beitrag etwas emotional aufgeladen geschrieben –eben auch unsere Kirche, es ist die Kirche, die Jesus gegründet hat und an die wir im Glaubensbekenntnis zu glauben jeden Sonntag bestätigen.
Diese Kirche ist einerseits heilig – weil sie von Jesus gegründet wurde. Ihre Glieder aber können krank sein, und insofern ist es eben auch die Kirche die krankt. Und eines der dramatischsten und widerwärtigsten Symptome dieser Krankheit ist eben der Missbrauch von Kindern und Seminaristen durch Kleriker. Doch so schlimm diese vielen Fälle sind, so abstoßend wie uns die Zeugenaussagen erscheinen: Der Missbrauch ist ein Symptom für eine viel tiefer liegende Fäulnis, die die Kirche offenbar befallen hat: Eben in jenem Dämon, der es einigen Priestern offenbar gleichgültig erscheinen ließ, sich an Kindern zu vergehen und später eine Messe zu feiern – in persona christi!
Symptome
Es wird alles nichts helfen: Die Schuldigen, und das sind nicht nur die direkten Täter, müssen bestraft und aus ihrer Rolle entfernt werden. Die Kirche als Institution muss ihrer Rolle als Verantwortlicher gerecht werden und Strukturen schaffen, die diese schändlichen Taten in Zukunft soweit Menschen möglich verhindern. Und ein Umgang mit den Opfern muss vermutlich erst noch gefunden werden, da man die Wunden eben nicht ganz wird heilen können: „Die Wunden verjähren nie“ schreibt der Papst.
Doch mit alldem operieren wir an der Oberfläche, bekämpfen Symptome. Denn ein Dämon ist durch offene Türen in die Kirche eingedrungen und konnte sein Vernichtungswerk beginnen – den Geist und das Gewissen der Beteiligten so zu korrumpieren, dass sie zu den Taten überhaupt in der Lage waren. (Wohlgemerkt: Das ist keine Entschuldigung! Der Mensch hat den freien Willen, dem Teufel zu widerstehen. Es maße sich keiner an, aus den Tätern Opfer des Teufels und seiner Angriffe zu machen!)
Offene Türen für Dämonen
Was sind das für offene Türen? Möglicherweise der Zustand, den eigenen Glauben nicht mehr allzu ernst zu nehmen? Die Gebote und die Morallehre aufzuweichen? Nicht mehr einzustehen für den eigenen Glauben, selbst wenn ich ihn als Priester und Bischof zu vertreten habe? Speziell ein augenzwinkernder Umgang mit dem sechsten Gebot, aber auch allen anderen? Ich stehle nicht und bringe niemanden um, warum soll ich da zur Beichte gehen?
Die Sünde gebiert Sünden, so sagt man, und wer wüsste nicht auch aus eigener Anschauung, dass einmal eingerissene Mauern gegen die Versuchungen, die einen am meisten bedrohen, schwer wieder aufzubauen sind. Wenn dann noch ein System dahintersteckt von gegenseitiger Deckung, des vorrangigen Verständnisses für die Sünde des anderen anstatt diese gemeinsam zu bekämpfen, dann kann schnell der Punkt erreicht sein, wo das Gewissen so abgestumpft ist, dass man Dinge tut, die man eigentlich weit von sich weisen müsste und vielleicht frühe auch weit von sich gewiesen hat.
„… gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“
Beginnend auf Ebene einfacher Priester – ich kenne einen Priester, der mir mal bei einer Beichte gesagt hat, ich solle nicht so streng mit mir selbst sein – setzt sich das fort in einer Hierarchie, die sich gegenseitig entschuldigt und deckt. Dann müsste es einen auch wundern, dass sich dieses System nicht auch auf Laien auswirkt, die diesen Priestern vertrauen. Vielleicht nicht im Sinne eines „Klerikalismus“, wohl aber in der Annahme, dass man es bei Priestern mit schon jetzt quasi-heiligen Respektspersonen zu tun hat, oder – noch schlimmer – indem der Lebensweg als Beispiel für das eigene Verhalten gewertet wird. Nichts, so glaube ich, ist insofern eine Sünde, von der irgendjemand standfest behaupten könnte, er würde sie niemals begehen. Aber in einem solchen Umfeld sind die Voraussetzungen für einen Dämon, der versucht, die Kirche zu zerstören, ideal.
Insofern ist Gebet und Fasten für alle Gläubigen durchaus ein nachvollziehbarer Vorschlag, und der Hinweis auf „diese Art“ macht deutlich, mit wem wir es zu tun haben: „Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“ (Epheser 6,12) Jesus hat versprochen, dass die Kräfte der Unterwelt die Kirche nicht überwältigen werden; er hat nicht gesagt, dass sie nicht Angriffen ausgesetzt sein wird. Und in diesen Tagen stellen wir – wieder mal – fest: Der Teufel steht nicht vor den Toren, er ist mittendrin in der Kirche und sucht, wen er verschlingen kann.
Gebete und Fasten wären angesagt.
Ich verweise gerne noch auf den Beitrag des Journalisten und Bloggers Peter Winnemöller, der in der MeinungsMacher-Rubrik der katholischen Tagespost Tacheles redet: „Der Sumpf der Pädophilie in der Kirche„
ANDREAS N
Zusammengefasst:Die pädophilen Netzwerke bleiben an der Macht, weil niemand, schon gar nicht der Papst, sie zerstören wird. Alles bleibt wie es war.
Konrad Kugler
@ ANDREAS N
Heute habe ich über den Verlag Antaios das Buch „Der Diktator Papst“ von Marcantonio Colonna bekommen. Ich bin jetzt bei Seite 92: Ein echt katholisches Buch!!! Er beschreibt Fakten, die jeder kennen kann und dazu Hintergründiges.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die nachkonziliare Katastrophe, die unter dem „Geist des Konzils“ gestartet wurde.Da binnt nicht nur der Niedergang der rk Kirche, sonder noch schlimmer der Evangelischen und des Staates.
Andreas N
Habe mir das Buch auch bestellt, nachdem ich auf Kathnet über die Meldungen zur Rücknahme von Maßregelungen gelesen habe, die Papst Benedikt verhängt hatte. Wie war das noch? “Who am I to judge?l
Gerd Franken
„Zu diesem Zweck helfen Gebet und Buße.“
Eine Binsenwahrheit die für die Christen gilt und gegolten hat, noch ehe der erste Missbrauchsfall in der Kirche öffentlich wurde. Gebet und Buße sind allerdings und das muss man fest stellen bevor man sich über die Ursachen vom Eindringen des Dämons in die Kirche Gedanken macht, die vernachlässigten Inhalte der Verkündigung des Evangeliums hierzulande und anderswo. Nun ist es so wie mit der Zahnpasta die man vollständig aus der Tube gedrückt hat…die bekommt man nicht mehr herein. Gebet und Buße sind sozusagen stille Grundvoraussetzungen um ein Christ zu sein. Und das täglich bis zu unserm Tod! Nicht vor sich herposaunend, sondern allein vor dem Vater der auch das verborgene sieht. Ohne Umkehr an jedem Tag des Jahres gibt es das Reich Gottes nicht. Was uns in den letzten Jahren von den nicht mehr vorhandenen Kanzeln „gepredigt“ wurde war immer die „frohe Nachricht“, das „Fest des Glaubens“ oder das „Fest des Lebens“ oder das „kleine Senfkorn“ und last but not least „das Brot das wir teilen!“ In diesem Gebräu vom Sozi-Jesus konnte sich ungehindert der Satan einnisten und ganze Arbeit leisten. In einem Beichtgespräch sagte mir mein Jugendpfarrer: „Glaube ja nicht, dass wir Priester in Gnade schwimmen!“ Diesen Pfarrer hat man aus der Gemeinde gejagt weil er genau das seinen Anbefohlenen gepredigt hat, was der Papst jetzt fordert. Diese Fortgejagten diese Abgestempelten, die den Niedergang längst vorher gesagt haben, stehen zumindest vor meinem geistigen Auge, wenn ich mir den Rauch Satans in der Kirche genauer anschaue. Allein Gott kann seine Kirche reinigen. (Ich glaube das wird uns nicht gefallen) Wir können unser Scherflein beitragen und das schon zu allen Zeiten.
Andreas N
Auf Kathnet: Jesuitenpater sieht nur “Ausreißer“, die Vertuscher sind schon aktiv.
akinom
„Die Sünde gebiert Sünde!“ Ja. aber auch: „Heilige machen Heilige!“ Das ist das Gegenmittel. Und zur Heiligkeit sind wir alle berufen, wohl wissend, dass sie nicht zum Nulltarif zu haben ist. Wer war und ist nicht alles begeistert von einer „Bunten-Bänder-Regenbogen-Kirche“? Wir kommen alle, alle in den Himmel? „Heute ist das Fest „Maria Königin“. Wählen wir ihre Regierung zusammen mit „Christus König“ ! Die Alternative dazu sind die Gesetze von Verwirrung, Sünde und Todsünde, die der „Herr der Welt“ einfordert.
Andreas N
Missbrauchsopfer mit goldenen Kreuzen markiert, nackte Kinder in “Jesuspose“ fotografiert von Satanisten in Soutane, die dann heilige Messen leiten, die Mauer ist doch längst überwunden, wie denn sonst? Oder steht sie aufrecht bei den Kopten?