Schon wieder der Missbrauch als Thema? Ja, und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Denn der Teufel legt jeden Tag noch eine Schippe drauf.

Kürzlich durfte ich in der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ einen kleinen Essay über den „Spiritual Warfare“ schreiben (Bezahlschranke), in dem es naturgemäß auch um den Teufel ging. Eine der Thesen ist: Wer nicht an die Existenz des Teufels glaubt, der versteht die Welt nur zur Hälfte. In besonderem Maße gilt das heute, wo die Skandale der katholischen Kirche überhand zu nehmen scheinen.
Vertrauen und Misstrauen
Die aufgedeckten oder wiederentdeckten Taten liegen meist in der Vergangenheit, die Strukturen, die den Missbrauch und die Vertuschung ermöglichen, sind aber noch höchst aktiv. In dieser Situation ist es – davon bin ich überzeugt – Aufgabe eines Katholiken, nicht das Vertrauen in Christus zu verlieren, aber den Menschen, zumindest denen, die sich in einer Position befinden, Teil dieser Strukturen zu sein, ein „gesundes Maß“ an Misstrauen entgegenzubringen. Nun bin ich mir durchaus bewusst, dass Misstrauen nicht eben eine christliche Tugend ist, aber allzu große Vertrauensseligkeit sind der Nährboden des Skandals in Deutschland wie in den USA (und wer weiß, aus welchen Ländern noch vergleichbares zu hören sein wird).
Insofern muss man den Satz vielleicht differenzieren: Ein Priester und ein Bischof genießt in meinen Augen immer noch einen gewissen Vertrauensvorschuss. Also keine pauschalen Verdächtigungen, nur weil jemand Priester ist. Umgekehrt sind es durchaus Priester gewesen, denen Gläubige ihre Kinder anvertraut habe, in eben dieser Art von Vertrauensvorschuss: Wem sonst würden Sie das Seelenheil ihrer Kinder anvertrauen wollen, wenn – über sich selbst als Eltern hinaus – nicht einem guten Priester? Das ist der Spagat, der sich auftut …
Generalverdacht
… und in eben diesem Spagat macht der Teufel gerade Überstunden. Ich sehe die Äußerungen von Kardinal Marx, von Kardinal Woelki, von Bischof Oster oder von Bischof Vorderholzer (das sind nur die, die ich besonders prägnant fand) und empfinde sie als ernst gemeint, teilweise tröstlich, teilweise auch motivierend hinsichtlich der Aufgaben, die auf uns Gläubige – Laien wie Kleriker – zukommen (nebenbei teilweise auch deutlich zu kurz gesprungen, was notwendige Konsequenzen angeht).
Andererseits weist der – noch nicht veröffentlichte – Untersuchungsbericht darauf hin, dass es ein erklecklicher Anteil an Klerikern als Täter gewesen sind, bei denen man nicht davon ausgehen kann, dass deren Treiben den Bistumsleitungen verborgen geblieben sein kann. Was wiederum bedeutet, dass es Bischöfe geben wird, die jetzt Krokodilstränen weinen, wo sie doch eigentlich selbst Täter oder Vertuscher sind. Und da ist er dann, der Generalverdacht.
Grundsätze der Kirche
Die Kirche ist – das ist notwendiges Wesen – hierarchisch organisiert. Hierarchiefrei ist eine Kirche, die der Wahrheit verpflichtet ist, gar nicht vorstellbar. Geradezu zwingend notwendig ist eine Hirtenfunktion, weshalb andererseits auf die Auswahl der Hirten, besonderes Augenmerk zu legen ist. Deren demokratische Legitimation ist aber genau so wenig sinnvoll herzustellen, wenn man vermeiden will, dass die Herde denjenigen zum Hirten „wählt“, der ihr den Schlachthof am schmackhaftesten macht.
Aus diesem Dilemma werden wir uns nicht befreien können, ohne einen Großteil unserer Glaubensüberzeugungen zur Disposition zu stellen – was verständlicherweise noch viel weniger eine Option ist als die Organisationsänderungen selbst.
Was tun?
Was also tun? Wie einen Hirten bewerten (um den Begriff des be- und verurteilens außen vor zu lassen)? Zum Glück haben wir einen Maßstab, dokumentiert in der Bibel und im Lehramt, niedergeschrieben im Katechismus. Letzterer ist ja nicht einfach aus einer Laune heraus entstanden und zusammengeschrieben wurden, sondern er enthält das christliche Glaubenswissen von zwei Jahrtausenden (und dessen jüdische Vorgeschichte). Wer an diesen Grundfesten unseres Glaubens herumwerkelt, der verdient Misstrauen.
Beispiel Todesstrafe
Und um dabei direkt in die Vollen zu gehen mit einem Beispiel, das mit dem Thema vermeintlich nichts zu tun hat: Die Regelungen zur Todesstrafe, wie sie bislang im Katechismus dokumentiert waren, sind sicher schwer zu durchdringen, aber sie sind das Ergebnis eines Jahrhunderte andauernden Glaubensringens [KKK 2266: „Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, dass der Angreifer außerstande gesetzt wird schaden. Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen.“) Aufgrund moderner Rechtsprechung und Strafverfahren in großen Teilen der Welt (lange nicht überall) eine solche Regelung zu kippen und damit gleichzeitig zu behaupten, bislang habe die Kirche hier Falsches gelehrt, wie es der Papst kürzlich getan hat, muss einen nachdenklich stimmen.
Dabei ist gar nicht die Frage, ob damit in Ländern wie Deutschland die Todesstrafe legitimes Mittel des Strafrechts sein könnte (was sie nicht kann), sehr wohl aber wird damit eine über Jahrtausende durch den Heiligen Geist vermittelte und immer wieder im Blick auf die Gottebenbildlichkeit des Menschen abgewogene Regelung entsorgt, und das nur deshalb, weil die Zeitläufte das zulassen. Ein gefährliches Experiment mit dem Zeitgeist, bei dem die Frage erlaubt sein muss, was dann zukünftig noch alles an verbindlichen Glaubensinhalten zur Disposition gestellt wird. Mancher argwöhnt mit der Regelung zur Todesstrafe einen „Versuchsballon“, und alleine die Möglichkeit einer solchen Rezeption macht deutlich, wie vorsichtig man mit „Arrondierungen“ an Glaubenslehren sein muss.
Lockerlassen?
Denn im Zuge des Missbrauchsskandals kommen alle diejenigen wieder ans Licht, die Zölibat, katholische Sexualmoral und Kirchenhierarchie schon immer entsorgen wollten. Auch bei Ihnen, besonders dann, wenn es sich um Hirten handelt, ist Vorsicht geboten. Offenbar erscheint es dem einen oder anderen geboten, gerade jetzt die Sexualmoral zu lockern, wo deutlich wird, was ein Lockerlassen an Auswüchsen erzeugen kann.
Natürlich ist es eine Interpretation, dass das Eindringen weltlicher Libertinage in die Kirche zu dem geführt hat, was wir jetzt erschreckt zur Kenntnis nehmen müssen. Ausgerechnet bei einem Großteil von Jungen und männlichen Jugendlichen unter den Missbrauchsopfern aber anzuregen, den priesterlichen Dienst vermehrt für homosexuelle Männer zu öffnen, erscheint mir bestenfalls zynisch, in keinem Fall logisch, geschweige denn mit der Kirchenlehre auch nur annähernd begründbar.
Prüft alles und behaltet das Gute!
Um die Frage noch einmal aufzugreifen: Was also tun? Ganz einfach, und doch vielleicht im täglichen Leben so schwer: Folgen wir Christus, folgen wir seinen Worten, folgen wir auch dem Lehramt der Kirche, wie es sich über Jahrtausende durch den Heiligen Geist beseelt herausgebildet hat. Folgen wir aber nicht denen, die meinen, sie hätten nun eine bessere Lehre gefunden. Folgen wir nicht denen, die meinen, den Worten Jesu, der Bibel oder eben des Lehramtes zu folgen sei nicht mehr zeitgemäß.
Oder um es mit Paulus zu sagen (der in den vergangenen Tagen auch von anderer Seite mit deutlich drastischeren Anweisungen zitiert wurde):
Wir bitten euch, Brüder: Erkennt die unter euch an, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten und zum Rechten anzuhalten. Achtet sie hoch und liebt sie wegen ihres Wirkens! Haltet Frieden untereinander! Wir ermahnen euch, Brüder: Weist die zurecht, die ein unordentliches Leben führen, ermutigt die Ängstlichen, nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen! Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun. Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört. Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt!
1. Thessalonicher 5,12-22
Hirten
Ob der Apostel wohl geahnt hat, dass seine mahnenden Worte auch nach zweitausend Jahren noch solche Relevanz haben würden, dass wir noch immer nicht klüger geworden sind und sie für uns immer noch immer neu annehmen müssen? „Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt!“ – das ist der oben beschriebene Spagat, wenn diejenigen, die Hirten sein sollen, nicht gemäß ihren Reden oder gemäß ihrem Auftrag handeln.
Vereinfacht, und in der Pauschalität sicher überspitzt formuliert: Den Worten eines Bischofs, der die Wahrheit verkündet, kann ich folgen … selbst dann, wenn seine Taten eine andere Sprache sprechen. Aber niemandem sollte ich folgen, der sich nach außen hin nichts zu Schulden kommen lässt, aber eine neue Lehre zu verbreiten versucht. Das wird vermutlich nicht immer die weltkonforme und beliebteste Art sein, aber das ist unser Glauben sowieso nie gewesen. Möglicherweise wird es aber jetzt noch ein bisschen schwieriger, wo sich herausstellt, dass die Frontlinien im „Spiritual Warfare“ nicht so eindeutig liegen, wie man sich das wünschen würde.
akinom
„Den Worten eines Bischofs, der die Wahrheit verkündet, kann ich folgen … selbst dann, wenn seine Taten eine andere Sprache sprechen. Aber niemandem sollte ich folgen, der sich nach außen hin nichts zu Schulden kommen lässt, aber eine neue Lehre zu verbreiten versucht.“ Das ist des Pudels Kern und der Mutmacher, den wir alle jetzt brauchen. Es ist genau das, wozu uns Jesus aufruft: Das zu tun, was Pharisäer lehren, aber nicht Maß zu nehmen an dem, was sie tun.Wie tröstlich, dass nicht alle Priester und Bischöfe Pharisäer sind.
„Der Teufel legt jeden Tag (genüsslich) noch eine Schippe drauf!“ Er ist der große Verwirrer. „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde.“ Lange habe ich diese Worte der Messliturgie nicht verstanden, sie deshalb aber nicht verändert sondern im Herzen immer mitgebetet…..
Gerd Franken
Kardinal Woelki schämt sich für seine Kirche, Bischof Oster bittet die Opfer um Vergebung und Kardinal Marx steht an der Seite der Opfer. Für meinen Geschmack sind das nur, man möge mir den Ausdruck verzeihen, verlöschte Nebelkerzen.
1. Niemand kann stellvertretend um Vergebung bitten, wenn er selber nicht schuldig geworden ist.
2. Ich schäme mich nicht für meine Kirche. Sie ist mitnichten das Werk von Päpsten, Kardinälen, Bischöfe, Priestern oder Laien.
3. Ich kann nicht an der Seite der Opfer stehen. Weder privat (weil ich keine kenne) noch öffentlich, weil das wohl das letzte ist, was das Opfer will.
Die Hilflosigkeit mit welcher unsere Hirten das Thema Missbrauch kommentieren ist offensichtlich. Sie haben mehrheitlich allerdings in der Vergangenheit nicht auf die Worte des hl. Paulus gehört, der gefordert hat, den Übeltäter aus der Mitte zu entfernen. Und zwar dann, wenn es fünf vor zwölf ist und nicht drei Uhr nachmittags, wie es jetzt geschieht. Nein, man hat den Häretikern, die von der Allerlösung träumten und den Teufel ins Reich der Mythen und Märchen verbannten, Tür und Tor geöffnet, sodass sie ihre Saat ausstreuen konnten. Wenn alle in den Himmel kommen, („ob sie wollen oder nicht“ OT unseres Diakons) dann auch alle die sich an Kinder vergehen, das ungeborenen Leben töten, oder sich selbst und Unschuldige in die Luft sprengen. Dann ist der Papstreue im Himmel und der Papsthasser. Weg mit den Irrlehrern aus den Universitäten und von den theologischen Hochschulen, die in der Vergangenheit eine Unzahl von Priesteramtskandidaten mit einer verfaulten Suppe von Halb-Teil und Unwahrheiten gefüttert haben und somit zu Wölfen in Schafskleidern ausbildeten.
akinom
Es gibt nicht meine und nicht deine Kirche, sondern immer nur SEINE Kirche! Und nur daran sollten wir und orientieren.
Rudolf Rüßmann
Wer den rechten Glauben vertritt und wer ihn missbraucht, sind zwei Paar Schuhe, die man nicht durcheinander bringen sollte. Wenn mindestens 4,3 Prozent der deutschen Priester in schwere Amtsverletzungen involviert sind bzw. Waren, lässt sich der Vorwurf, dass es sich bei der katholischen Kirche um eine kriminelle Vereinigung handelt, nicht so einfach vom Tisch wischen. Es ist dringend geboten, diesen Prozentsatz zügig zumindest auf ‚Normalmaß‘ zu bringen und dann zu halten.
Konrad Kugler
Keiner kann mich aus der Kirche drängen, weil ich immer auf die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche schaue. Aber nach dem Konzil sind mir die Verkünder aufgefallen, die Neues predigten und mir Unbehagen verursachten.
Genau auf dieser Schiene sehe ich unseren Papst. Seinen Barmherzigkeitsfimmel hat er schon selbst widerlegt, weil der Sonntag der Barmherzigkeit weiter keine Rolle spielt. Man kann versucht sein, zu glauben, daß unser Papst eher für paradiesische Zustände hier auf Erden kämpft, und nebenbei eine Autobahn bis zur schmalen Himmelspforte baut.
Unser Papst hat doch neulich etwas sehr Vernünftiges gesagt: Die Messe 40 und die Predigt 8 Minuten. Ich sage dazu, und zuvor den Rosenkranz. Diese Kombination ist besser als das unendliche Gerede. Wir haben zwei ordentliche Priester. Aber drei „Predigten“ (Belehrungen, Reli-Unterricht) in einer Messe statt mehr beten? Die Messen dauern bei uns ab 60 bis 90 Minuten.