Es sind nur Filme, es ist nur Phantasie. Aber nach dem Leitspruch „Keep the enemy out of the camp“ eignen sich Horrorthriller wie „Bird Box“ nicht für Christen.
Früher habe ich Horrorfilme beinahe verschlungen. Der Nervenkitzel ungewissen Ausgangs hat mich unglaublich gereizt. Der Einbruch einer bösen Macht von außen macht den Reiz von Werken wie „Bram Stoker’s Dracula“ genauso aus wie den von „Sieben“ oder „SAW“. Alles sehr unterschiedliche Filme, alle aber spielen mit der Angst der Menschen, auch mit Mystik und Mythologie. Ob mir das Anschauen solcher Filme damals gutgetan hat, darf man bezweifeln, aber ich konnte sie mit wohligem Schauer ansehen.
Schlechte Träume
Mittlerweile kann ich das nicht mehr. Interessanterweise ist mir dabei erst gestern ein Zusammenhang aufgefallen. Der erste Film, der mir einfach sowohl körperliches als auch vor allem seelisches Unwohlsein bereitete war „I am legend“, ein technisch eigentlich gut gemachter Horror-Thriller mit Will Smith als einzigem Überlebenden einer Zombie-Katastrophe in New York. Eigentlich dachte ich dabei, ich sei vielleicht zu alt für sowas. Die Spannungsmomente in dunklen Räumen ließen mich tatsächlich die Hand vor Augen halten. Auch andere Horror-Thriller habe ich dann nicht mehr anschauen können, sodass ich mich irgendwann entschieden habe, mir das nicht mehr anzutun.
Der wohlige Schauer war einem seelischen Angriff gewichen, den ich nicht bewusst aufnehmen wollte. Irgendwann haben wir, meine Frau und ich, noch mal auf Empfehlung von Freunden die Serie „The walking dead“ angefangen, auch eine Geschichte nach einer Zombie-Katastrophe. An sich, so die Idee, geht es dabei nicht so sehr um die Zombies sondern darum, wie sich eine Gesellschaft unter solchen extremen Bedingungen neu formt. Und trotzdem, nach ein paar Folgen und ein paar Nächten, in denen ich zwar nicht schlecht geträumt habe, nach denen ich aber trotzdem wie gerädert aufgewacht bin, haben wir das wieder eingestellt. Meine Nachtruhe – um das Mindeste zu sagen – ist mir wichtiger als Nervenkitzel.
Teufel und Dämonen
Und der angesprochene Zusammenhang? Ich nehme an, und die Rückschau legt das nahe, dass es mein, beziehungsweise unser, Weg zurück in den Glauben war. Damals vielleicht eher unbewusst, ist mir über die Zeit immer klarer geworden, dass es zwischen Himmel und Erde Dinge gibt, die sich der Wissenschaft entziehen, die sich auch unserem „normalen“ Leben entziehen. Es gibt Gott, es gibt Engel, es gibt Wunder, es gibt Heilige … aber es gibt eben auch den Teufel, es gibt Dämonen, es gibt Besessenheit vom Bösen. Und mit letzteren, mit Bildern oder Phantasien davon, spielen nicht selten Horrorfilme, vor allem als Thriller.
Andere Filme, die man früher als klassische Horror-Filme betrachtet hätte, wie Godzilla oder Arnold-Palmer-Schinken, hatten einen anderen Hintergrund. Dabei ging es nicht um dämonische, geistig böse Kräfte, sondern in der Regel um wissenschaftlich – anscheinend – erklärbare Entwicklungen. Die Kreaturen waren vielleicht durch wissenschaftliche Versuche oder Atomunfälle (auch Filme sind Kinder ihrer Zeit) entstanden, und auch wenn sie „gruselig“ aussehen, liefert man sich mit dem Betrachten der Filme doch nicht einer geistigen Kreatur aus.
Bird Box
Ganz anderes eine, wie ich annehme, noch wieder andere Generation von Horror-Thrillern, zu denen sicher „The walking dead“ genauso gehört wie eine Netflix-Produktion, die wir am vergangenen Wochenende zur Hälfte gesehen haben: „Bird Box – Schließe deine Augen“ mit Sandra Bullock und John Malkovich in den Hauptrollen. Ich empfehle meinen Lesern bewusst, sich diesen Film NICHT anzusehen, aber zum besseren Verständnis die Handlung auf Wikipedia nachzulesen. Diesmal sind es nicht Zombies die umgehen, sondern tatsächlich dämonische Mächte, die die Welt überfallen und die Menschen, die sie „sehen“ durch eine unfassbare Traurigkeit und Angst innerhalb von Sekunden in den Selbstmord treiben. Übrig bleiben Menschen, die sich durch das Schließen der Augen vor den Bildern schützen und solche, die als Besessene durch die Gegend streifen und normale Menschen dazu bringen, sich das Unfassbare anzusehen (das soll hier soweit reichen, mehr auf Wikipedia).
Der Film hat es kürzlich auch deshalb in die Presse geschafft, weil es offenbar nicht wenige Zuschauer gibt, die das ganze insofern nachpielen, als sie mit einer Augenbinde versuchen, alltägliche Dinge zu tun (und dabei verunfallen, was den Anbieter Netflix dazu veranlasst hat, diese Zuschauer in den sozialen Netzwerken dazu aufzufordern, das bitte zu lassen und sich und andere nicht in Gefahr zu bringen).
Spiel mit Ängsten und dem Bösen
Das ist aber nur das halbe Problem: Ein wesentlich größeres ist, dass der Film mit den Ängsten der Menschen in einer Weise spielt, die insbesondere für Anfällige tatsächlich gefährlich sein können. Wie ich vor einiger Zeit mal gelesen habe: Ein Alkoholiker stirbt an einer Fettleber, ein Raucher stirbt an Lungenkrebs oder einem Herzinfarkt. Wer aber Depressionen hat, stirbt an Selbstmord. Und das ist, was hier in Extremform dargestellt wird. Die Opfer „sehen“ etwas, dass sie so depressiv bzw. traurig und ängstlich macht, dass sie sich sofort das Leben nehmen. Das ist nicht lustig, das ist nicht spannend, das ist nichts anderes als eine grausame Überhöhung dessen, was mit Menschen passiert, die an Depressionen leiden.
Was die Sache noch schlimmer macht: Auslöser ist in dem Film keine Atomkatastrophe oder ein schiefgelaufenes wissenschaftliches Experiment; es sind offenbar dämonische Kräfte am Werk, die die Menschen zerstören, indem sie sie in den Selbstmord treiben oder sie so manipulieren, dass andere Menschen sie dabei unterstützen. Das mag nun durchaus auch als ein dem christlichen Glauben recht nahekommenden mythischen Bild durchgehen, in Form eines Filmes ist es aber auch ein Spiel mit dem Feuer.
Spielerei mit dem Okkultismus
Als Christen wissen wir, dass es den Teufel und Dämonen gibt, wir wissen auch, dass sie durch Christus besiegt sind. Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass sie deshalb nicht machtlos sind, und man gut daran tut, sich nicht auf einen Dialog mit diesen Mächten einzulassen (was die katholische Kirche bewusst nicht dazu ausgebildeten Menschen (wie Exorzisten) verbietet) und diese Mächte vor allem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Fälle echter Besessenheit ergeben sich, so berichten bekannte Exorzisten wie Pater Gabriele Amorth, oft durch die illegitime Beschäftigung mit den bösen Mächten: Tischerücken, Seancen, Spielereien mit Okkultismus … alles das spielt mit Dämonen in einer Weise, wie es dem Menschen nicht gut tut. Und als eine Spielerei mit dem Okkultismus muss man auch Filme wie „Bird Box“ – damit ebenfalls Produkte ihrer Zeit – ansehen. Wer dem Geistlichen gegenüber abgestumpft ist, mag bei derartigen Filmen „Freude“ am Horror haben. Als Christen können wir aber nicht umhin festzustellen, dass uns so etwas zu nah an den Bösen bringt, von dem wir uns soweit wie möglich fern halten sollten. In jedem Fall sorgen solche Filme für – nach Papst Paul VI. – …
„Risse, durch die das Böse eindringt“
[…] Risse, , durch die das Böse leicht eindringen und die innere Einstellung des Menschen verändern kann. Es ist nicht gesagt, dass jede Sünde auf einen direkten Einfluss des Teufels zurückgeht. Aber es ist auch wahr, dass derjenige, der nicht mit aller sittlichen Strenge über sich selbst wacht (vgl. Mt 12,45; Eph 6,11), sich dem Einfluss der „geheimnisvollen Macht der Gesetzlosigkeit“ aussetzt, von der der heilige Paulus spricht (2 Thess 2,3-12); sie macht unsere mögliche Erlösung problematisch
(Ansprache Papst Paul VI. über den Teufel, 15. November 1972)
Empfehlung: Fernhalten!
Hänge ich das Thema zu hoch auf? Ich glaube nicht! Wir haben den Film zur Hälfte abgebrochen, als sich der wahre Inhalt langsam herauskristallisierte. Meine Frau hat schlecht geschlafen, uns beide geht der Plot noch immer nach. Solche Filme sind – Nervenkitzel hin, wohlige Schauer her – einfach nicht gut für die Seele, sie vergiften unsere Seele. Halten wir uns fern davon.
akinom
„Was braucht die Kirche heute am dringendsten? Unsere Antwort soll euch nicht erstaunen, nicht einfältig oder geradezu abergläubisch und unrealistisch vorkommen: Eines der größten Bedürfnisse der Kirche ist die Abwehr jenes Bösen, den wir Teufel nennen.“ Dies sagte Papst Paul VI. Bei einer Audienz am 15. November 1972.
Und Papst Franziskus forderte uns dazu auf, täglich zu beten:
„Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampf; gegen die Bosheit und Nachstellungen des Teufels sei unser Schutz! `Gott gebiete ihm‘, so bitten wir flehentlich. Und Du, Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die anderen bösen Geister, die zu Verderben der Menschen die Welt durchziehen, mit der Kraft Gottes in den Abgrund.“
Jesus selber war Exorzist. Ich bin ein Verehrer von Pater Gabriele Amorth, bete um seine Selig- und Heiligsprechung und bitte ihn inständig, nicht aufzuhören, seines so wichtigen Amtes zu walten. Warum fördert die Kirche nicht eindringlicher solche Berufungen?
„… Wer aber Depressionen hat, stirbt an Selbstmord. Und das ist, was hier in Extremform dargestellt wird. Die Opfer „sehen“ etwas, dass sie so depressiv bzw. traurig und ängstlich macht, dass sie sich sofort das Leben nehmen. Das ist nicht lustig, das ist nicht spannend, das ist nichts anderes als eine grausame Überhöhung dessen, was mit Menschen passiert, die an Depressionen leiden.“
Dieser Gedanke ist auch ohne Film Horror pur! Öffnen wir Satan kein Einfallstor! Das fängst schon an bei faszinierend-schrecklicher Kindermode und lässt mich auch schaudern bei der Mode, seine Haut mit gruseligen Tätowierungen zu Markte zu tragen…
Claudia Sperlich
Auf netflix gibt es leider reihenweis Sachen mit derartig üblem Kern. Technisch perfekte Serien, die im Grunde vom Siegeszug des Bösen handeln (ich kann das nicht weniger pathetisch und genauso deutlich sagen).
Das war der Hauptgrund, warum ich da nur kurz ein Abo hatte und die Seite nicht mehr anrühre.
Was Dracula angeht, so ist der Film „Bram Stoker’s Dracula“ mit einigem an Esoterik aufgepeppt, was in Stokers Roman gar nicht vorkommt (z.B. Wiedergeburt), und die sexuellen Anspielungen sind in der Verfilmung ziemlich grobschlächtig, im Roman eher subtil. Trotz einiger Abstriche würde ich immer noch sagen: Stokers Roman ist eigentlich ein christliches Werk, das von nicht nur von Dämonen, sondern von Sünde, Schuldverstrickung und Erlösung handelt. Von dem Film kann ich das (schon wegen des Wiedergeburt-Unfugs) nicht sagen.
Konrad Kugler
Als NICHT-Fernseher und -Kinogänger reicht mir der tägliche Polithorror vollständig.
Danke Euch Dreien für die Aufklärung. So bleibe ich informiert, ohne den Schmarrn anschauen zu müssen.
Wolfgang
Da ist schon was Wahres dran. Es gibt Filme die guttun und andere nicht. Wir gucken zur Zeit die Serie „Medici“ Und uns überrascht positiv, wie häufig da der christliche Glaube explizit eine tiefe Rolle für das Handeln darstellt..Empfehlung! (leider wohl aktuell nur bei sky)
Schalttagskind
„Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass sie deshalb nicht machtlos sind, und man gut daran tut, sich nicht auf einen Dialog mit diesen Mächten einzulassen“.
Damit bekräftigen Sie – entgegen Ihren erklärtermaßen libertären Impulsen – das derzeitige gesellschaftliche Alltagsphänomen, bestimmte „Mächte“ (ersetze hier politisch: „Rechte“) als ausschließlich böse zu definieren und daher von allem Dialog auszuschließen.
Mir ist schon klar, dass Sie überirdische Mächte meinen, nicht weltliche. Ich behaupte auch nicht, dass die politische Analogie für Ihr eigenes Verhalten zutrifft, da ich Sie ja gar nicht kenne. Trotzdem: Die gedankliche Versuchung einer totalen Stigmatisierung der absolut „Bösen“ liegt bei solch einem Dogma dann auch für diese Welt sehr nah. Das finde ich beunruhigend. Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es unter anderem genau diese Verteufelung, die mich der Kirche endgültig entfremdet hat.
Das absolut und ursprünglich Böse ist der realen Welt fremd; nicht einmal Hitler und Konsorten können als Beweis dienen, da selbst sie als unschuldige Menschen auf die Welt kamen. Ich glaube lieber daran (weil man es nachweisen kann, ich weiß es also vielmehr), dass es im Universum konstruktive und destruktive Kräfte gibt, im Sinne von Werden und Vergehen. Beide sind aber in ihren Wirkungsgraden und -richtungen berechenbar und damit – mindestens theoretisch – beherrschbar. Ihre letzten Ursachen hingegen werden vielleicht für immer unerforschlich bleiben. Das lädt sicher zu einer gewissen Poetisierung ein, aber mich jedenfalls nicht zu einer Dämonisierung. Das Heraufbeschwören von Dämonen ist lediglich ein mehr oder weniger subtiles Instrument von Menschen, um sich andere Menschen mittels Angst und Unwissenheit gefügig zu machen.
Was wir gerne „Dämonen“ nennen, sind Projektionen einer gequälten Psyche, die aber ebenso Naturgesetzen unterliegt wie Planeten und Sonnensysteme.