Die Kathedrale von Notre Dame hat gebrannt: Ein Symbol der französischen Hauptstadt, ein historisch nicht zu unterschätzendes Gebäude. Und doch noch viel mehr.
Zwei Geständnisse muss ich machen: Erstens, dass ich am Montagabend mit einer fiebrigen Erkältung in einem Hotelzimmer lag und schon gegen 19:00 Uhr das Licht ausgemacht habe. Vor dem Hintergrund habe ich in der Nacht irgendwann auf’s Handy geschaut und die breaking-news gesehen, dass die Pariser Kathedrale Notre Dame brennt. Im Halbschlaf habe ich noch gedacht „Wird schon nicht so schlimm sein“ und hab mich wieder umgedreht. Was für ein Trugschluss.
Christliche und historische Bedeutung
Zweitens war ich noch nie in Paris, habe also Notre Dame noch nie gesehen, und kann daher auch nicht behaupten, dass ich, bei aller christlichen und auch historischen Bedeutung des Gebäudes, eine besondere Beziehung dazu hätte. Natürlich: Eine Kathedrale ist nie nur ein Gebäude, aber ab und zu fehlt einem einfach der persönliche Bezug um einen direkt betroffen zu machen, wenn man von einer solchen Brandkatastrophe erfährt.
Positive Nachrichten
Am nächsten Morgen gehen die Schreckensbilder aus Paris um die Welt. Es gehen auch um die Welt positive Nachrichten, dass nur wenige Menschen leicht verletzt worden sind und dass trotz immenser Schäden die Gebäudestruktur offenbar erhalten ist und man Notre Dame wieder aufbauen kann. Es geht auch die positive Nachricht um die Welt, dass eine Großzahl der unersetzbaren Kunstwerke und Reliquien gerettet werden konnten, die einen wunderbaren Glaubensschatz der Kirche darstellen.
Und es gehen positive Nachrichten um die Welt, dass weltweit Mitgefühl gezeigt wird: Die Welt trauert. Ja, Notre Dame ist „nur“ ein Gebäude, aber es ist eben doch etwas anderes, ob ein normales Haus abbrennt, selbst wenn es von historischer Bedeutung gewesen sein mag, oder eine Kathedrale – noch dazu, wenn sie von historischer Bedeutung ist. Dieser Unterschied scheint den meisten – abgesehen von ein paar Hardcoreatheisten und Islamisten, die ihre Freude über den Brand eines Gotteshauses nicht verhehlen konnten – durchaus bewusst zu sein.
Gesellschaft ohne Kirchen
Wenn einer Gesellschaft die Kirche abhandenkommt, beten die Menschen früher oder später Tiere an; das hat in anderen Worten schon der Heilige Pfarrer von Ars gewusst und seine Kirche darum, besonders für die Beichte, beinahe Tag und Nacht offen gehalten. Nun ist es nicht so, als ob mit Notre Dame ganz Paris alle Kirchen abhandengekommen wären, aber das Bildhafte dieser Katastrophe ist zu augenscheinlich, als dass man einfach daran vorbei gehen könnte. Denn die meisten Kirchen in unseren Städten sind zwar vorhanden, aber schlecht besucht, oft schlecht gepflegt, teilweise aufgegeben … und nur noch als Teil der Stadtsilhouette oder Skyline als Besonderheit erkennbar.
Bezeichnenderweise wird in den Berichten über Notre Dame eben im Wesentlichen über ein Wahrzeichen von Paris oder einem Pariser Symbol gesprochen. Das ist auch richtig, es hat aber auch eine besondere Bedeutung, wenn wesentliche Wahrzeichen europäischer Geschichte und Länder eben Kirchengebäude sind: die Sagrada Famila in Barcelona, die Basilius-Kathedrale in Moskau, die Vitus-Kathedrale in Prag oder auch der Kölner Dom (ich bin sicher, ich werde hier auf die Schnelle gleich wesentliche Kirchen vergessen haben, das möge man meinem mangelnden Verständnis anlasten, nicht den Gotteshäusern).
Historische und geistliche Wurzeln
Das heißt umgekehrt nichts anderes, dass wir letztlich unsere Wurzeln vernachlässigen, wenn wir unsere Kirchen vernachlässigen. Und das heißt insbesondere, dass wir unsere geistlichen Wurzeln vernachlässigen, wenn der Wert von Kirchen nur noch an deren historischer oder architektonischer Bedeutung gemessen wird. Gerade in Frankreich nimmt nach Medienberichten die Schändung von Kirchen massiv zu – ist dabei eine dieser mehr oder weniger unbekannten Kirchen weniger wichtig als Notre Dame? Historisch vermutlich schon, geistlich nicht.
Der Brand der Kathedrale von Notre Dame ist ein Weckruf! In der säkularen Welt wird er verhallen, wenn in Kürze Diskussionen aufbrechen werden, ob die Millionen, die man in den Wiederaufbau investieren möchte, nicht besser in Bildung, Gesundheitswesen, Entwicklungshelfe oder sonstwas investiert wären. Solche Einwände machen aber nur deutlich, wie ausgedörrt das Wurzelwerk des Glaubens in Europa eigentlich ist – und wir gläubige Menschen müssen darauf eine Antwort haben. Damit wird der Umgang mit Notre Dame auch zu einem Symbol für den Umgang des Westens mit seinen Wurzeln, historischen aber vor allem geistlichen Wurzeln, werden.
Lassen wir uns wecken?
Im Moment freue ich mich zaghaft, dass der Brand in Paris nicht noch schlimmer ausgegangen ist, ich danke und bete für alle Beteiligten, die dazu beigetragen haben. Und doch sorgt mich, dass wir vielleicht erneut keinen adäquaten Umgang mit unseren Wurzeln finden werden. Denn jede mangels Zahl an Gläubigen geschlossene Kirche ist eine größere Katastrophe – geistlich und zugleich symbolhaft gesehen, ist darum der generelle Umgang mit den Kirchen in Europa an Bedeutung kaum zu unterschätzen. Lassen wir uns von Notre Dame und den Glocken, die europa- und weltweit für diese Kathedrale geläutet werden, wecken?
akinom
„Gerade in Frankreich nimmt nach (heutigen) Medienberichten die Schändung von Kirchen massiv zu“. Allein im Februar erreichten sie mit 47 Anschlägen einen numerischen Höhepunkt wie mir der kluge Mr. Google berichtete. Aber erst jetzt im Licht der Flammen von Notre Dame und unter den Klängen des heutigen Glockengeläutes wird die Öffentlichkeit (bis übermorgen?) aufgeweckt und nimmt wahr, was längst schon Alltag geworden ist im „christlichen“ Europa.
Lassen wir uns dauerhaft aufrütteln von dieser Brandkatastrophe, machen wir Kirchen nicht zu Räuberhöhlen und weihen wir unsere Herzen Notre Dame, der Gottesmutter, die durch keinen Kirchenbrand Schaden nehmen kann. Das wäre dann wirklich eine gute Nachricht!
Anton Vogel
Ja dem kann man zustimmen.
Traurig auch, das unsere deutschen Medien eine seltsame Zurückhaltung üben während andere sich bereits in Verschwörungstheorien ergehen.
Aber alle blenden aus, das Notre-Dame eben nicht nur ein Sakrales , historisches Gebäude war, sondern auch ein in Stein gemauertes Symbol Christlichen Glaubens.
Wenn man den Berichten glauben darf, brannte es fast zeitgleich in der al Aqsa Moschee und vier Wochen vorher in der zweit ältesten Kirche von Paris….
Wichtig ist jetzt , was wir für unseren Christlichen Glauben daraus für Lehren ziehen ….
Stefan Schmidt
Tragisch das, aber unsere Kultur ist doch so oder so dem Tod geweiht.
Demografie, Kulturmarxismus, Konsum-und Massengesellschaft tun ihr grausiges Werk.
Gott steh‘ uns bei.
Absalon von Lund
Die Kultur ist das Ergebnis des Geistes. Symbole dieser Kultur wie Notre Dame, ein Tempel des Katholizismus, können zerstört werden, aber der Geist, der dieses Symbol erdachte, ist unsterblich. Jesus hat den Tod überwunden und der Vater hat uns einen Beistand gesandt, den heiligen Geist, der für immer bei uns bleibt. Deshalb sagt Jesus: „Wer an mich glaubt, sei unverzagt!“
gerd
„und wir gläubige Menschen müssen darauf eine Antwort haben.“
In einem anderen katholischen Blog habe ich den Versuch einer Antwort gestartet, bin damit allerdings, beim Betreiber des Blogs krachend gescheitert. Sinngemäß habe ich geschrieben, dass die Gebäude erst mal zweitrangig sind und es in unserem Glauben eher um die Rettung der Seelen gehen müsste, als um den Wiederaufbau von gotischen Prachtbauten, die nun mal abbrennen können. Das wurde mir als „gehässige“ Formulierung ausgelegt. Belegt habe ich meine Antwort mit dem Tempel in Jerusalem, ein Prachtbau in dieser Zeit, dem Jesus die vollständige Zerstörung vorhersagte, die im übrigen bis zum heutigen Tag anhält. Aber das will man anscheinend nicht hören.
Absalon von Lund
Sie sehen das völlig richtig, finde ich. Der heilige Philpp Neri sagte sinngemäß vor fünfhundert Jahren: “Wer Seelen retten will, lasse die Brieftasche stecken!” Der Betreiber des anderen Blogs ist wohl ein Fan der Spendentütenkirche, die sich in Deutschland katholisch nennt. Missio warb im letzten Jahr mit dem Slogan: “Damit sie das Leben haben!”. Ich wußte nicht, daß Missio Lebensspender in ihren Reihen hat! Und Kirchenreparaturen gehen in meinem Umfeld eindeutig vor Seelenrettung. Ausschüsse und Projektgruppen für jedes Kirchenfenster. Beichtzeit hingegen 30 MInuten und manchmal kommt der Beichtater gar nicht, weil er viel Wichtigeres zu tun hat. Nun, der Teufel ist ein hochmütiger Geist, und der Rauch Satans ist eindeutig in den deutschen Altarraum eingedrungen. Papst Paul VI. sgat edas schon 1972 kurz nach dem Vatikanum II. .
gerd
„Der Betreiber des anderen Blogs ist wohl ein Fan der Spendentütenkirche, die sich in Deutschland katholisch nennt.“
Das ist er sicherlich nicht, das macht die Sache noch unverständlicher. Prachtbauten wie die Kirche von Notre Dame, sind Ausdruck lebendigen Glaubens der Generationen, die diese Kirchen auch unter großen Opfern gebaut haben. Alles sollte dem Höchsten dienen, jedes Kunstwerk an den erinnern, der den menschlichen Geist befähigt solche zu schaffen. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit, waren diese Gotteshäuser dem Beter vorbehalten. Heute sind es Touristenmagnete, wer will das gerade im Bezug auf Notre Dame leugnen? Auf 100 Touristen kommen vielleicht noch 1-2 Beter, die dann auch noch kaum die Andacht aufbringen können, mit dem Herrn in Zwiesprache zu kommen, weil mit Smartphone bewaffnete Touristen selbst im Allerheiligsten ihre Urlaubsschnappschüsse auf den Sensor bringen. Lernen wird diese Gesellschaft aus dem Brand in Notre Dame nichts. Nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie es schlichtweg nicht mehr können. Ich erinnere an den Tsunami im Jahr 2004 wo über 200 000 Menschen ihr Leben verloren. Dieses Fanal hielt die Touristen nicht davon ab, im selben Jahr an den Stränden ihre Drinks zu schlürfen, wo vor einem halben Jahr die Massengräber für die Toten ausgehoben wurden. Notre Dame wird wohl wieder aufgebaut, aber mit Leben erfüllen kann das Gotteshaus nur der Herr selber.
Absalon von Lund
„Nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie es schlichtweg nicht mehr können“
An anderer Stelle habe ich gefragt: wie lange muß diese Kirche still sitzen, bis sie wieder Gott hört?
Zu Betern, dem Allerheiligsten und Fotografen: diese Beter stehen für Jesus im Garten Gethsemane und da waren weder Jünger noch Fotografen dabei. Das ist Gründonnerstag, das ist heute.
Zuletzt: nur den Betern kann es noch gelingen… (Gedicht von Reinhold Schneider). Und der heilige Paulus sagt: betet ohne Unterlass! Im Stehen, im Sitzen, beim Bäcker, in der Tram, am PC!