Der mediale Wind dreht sich gegen Greta Thunberg, ihre „Friday for future“-Bewegung und den Segeltörn in die USA. Zeit, für sie Partei zu ergreifen?
Bislang war die Logik zwar komplett verdreht, aber auch in sich leicht zu verstehen. Ein Gespräch hätte, sehr vereinfacht, so ablaufen können:
- Umstrittener Kritiker: „Ich halte Greta Thunbergs Aktionen, „Friday for future“ und die Berichterstattung darüber für reine Propaganda.“
- Haupstrom (-Medien): „Dann bist Du also ein Klimaleugner, Trump-Freund, Eisbärengegner und überhaupt vermutlich ein Nazi!“
Einfache Weltbilder
So einfach können Weltbilder sein. Und man kann es sich in ihnen auf beiden Seiten durchaus gemütlich einrichten. Der Hauptstrom fühlt sich in der dieser Konstellation sowieso wohl, steht man doch auf der Seite der Guten, während man mit dem SUV zum Latte Macchiato bei Freunden fährt: „Ich mache zwar sonst nix, aber ich stehe mutig hinter dem armen schwedischen Mädchen mit dem eingefrorenen Lächeln und der Krankheit, deren Bezeichnung ich mir nicht merken kann, aber die seitens ihrer Kritiker übelst instrumentalisiert wird um die Argumente zu verdecken. Alle anderen sind Nazis!“
Aber auch auf der anderen Seite lässt es sich aushalten: „Ich weiß ja, wie das in den Medien läuft, während die anderen wie die Lemminge auf den Abgrund zustürzen. Ich stelle mich dagegen mutig auf die Seite der Wahrheit: Das ist alles eine von George Soros, Friede Springer und Angela Merkel organisierte Kampagne, um den sozialistischen Umbau unserer Gesellschaft voranzutreiben. Alle anderen sind Idioten!“
Selbstvergewisserung der Filterblase
Funken der Wahrheit stecken wohl in beiden Argumentationen … allerdings auch viel Selbstvergewisserung aus der eigenen Filterblase. Mit Mut hat beides nichts zu tun: Sich im Mainstream hinter Greta oder pubertierende Gören mit handgemalten Schildern voller Rechtschreibfehler zu stellen ist genauso gratismutig, wie sich auf der gegenüberliegenden Seite über die Verdummung des Stimmviehs zu mokieren. Applaus ist auf beiden Seiten garantiert.
Kompliziert wird es aber, wenn sich der Wind dreht. In gewisser Weise sind wir den Medien zu Dank verpflichtet, dass sich derzeit erweist, dass ihnen Greta so egal ist wie die Umwelt, solange Quoten oder Verkaufszahlen stimmen. Kaum ist nämlich Greta in See gestochen auf ihre Segelreise nach New York zu den Vereinten Nationen, hat jemand mal die Klimabilanz dieser Reise nachgerechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Flug Gretas hin und zurück allemal besser gewesen wäre.
Mediale Mechanismen
Man darf annehmen, dass die Organisatoren der Reise – Eltern, Unterstützer, NGOs – gepokert hatten, das Greta-Feuer für die Zeit der Reise am Kochen zu halten. Den Medien umgekehrt scheint gedämmert zu haben, dass sich ein tägliches Bulletin über den Stuhlgang der Klimaaktivistin auf hoher See schnell abnutzen wird. Und schon stürzt sich die Meute auf sie, stellt Konzepte und die Motivation ihrer Unterstützer in Frage.
Der Hauptstrom wendet sich also auf der Suche nach Auflage gegen das Phänomen Greta, sucht sich die nächste Sau, die man durchs Dorf treiben kann. Und die Kritiker sehen sich einerseits bestätigt, fühlen sich aber – soweit sie über ein wenigstens einigermaßen intaktes Feingefühl verfügen – trotzdem unwohl dabei, nun mit der Mehrheit über Greta zu schimpfen. Denn womöglich, und da dreht sich dann deren eigene Sichtweise: Vielleicht wird Greta tatsächlich übel mitgespielt seitens des Hauptstroms, und sie ist in der ganzen Geschichte viel mehr Opfer als man das vielleicht vorher schon zu konzedieren bereit war?
Fazit
Was kann man daraus lernen? Ich für meinen Teil kann nur ein paar Schlussfolgerungen vorschlagen, die ich für mich zu beherzigen versuche:
Wer ist Greta?
Den Medien ist sowohl Greta Thunberg als auch das Thema Umweltschutz ziemlich egal. Einschaltquoten und Auflage sind das Maß ihres Handelns. Moralisch müssen deren Vertreter das selbst bewerten, aber als Mediennutzer sollten wir uns dessen immer bewusst sein.
Motivation: Unklar!
Was neben finanziellen Interessen Motivatoren der Medien für bestimmte Hypes sind, kann man oft nur erahnen. Das aber genau ist das Problem: Neutrale Berichterstattung findet nicht statt; jeder Bericht oder Nichtbericht ist eine medienpolitische Entscheidung, die sich einer demokratischen oder wenigstens Nutzerkontrolle entzieht.
Gebet für jedes Opfer
Die Objekte von Berichterstattung brauchen unabhängig von Thema oder geistlicher Orientierung unser Gebet. Sie werden benutzt und instrumentalisiert. Das hat auch derjenige nicht verdient, der sich mit subjektiv ehrenhaften (wenn auch für mich manchmal in Zweifel zu ziehenden) Motiven der Medien zu bedienen versucht.
Bewahrung der Schöpfung
Das Thema Bewahrung der Schöpfung ist für einen Christen auch ohne Klima-Wandel und CO2- oder Feinstaub-Hype relevant. Rückstandsfrei kann niemand durchs Leben gehen, aber seinen eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Ressourcennutzung kann jeder leisten.
Politik wird uns nicht retten
In diesem ganzen Konglomerat spielt die Politik eine unrühmliche Rolle, indem sie die eigentlichen Themen nicht setzt sondern sich ihrer in vollem Bewusstsein der Kurzfristigkeit bedient. Vielleicht nicht dem einzelnen Politiker sehr wohl aber dem Politikbetrieb im Ganzen sind Menschen, Einzelschicksale und die Themen egal – Relevant ist nur „Relevanz“, besser bekannt auch als Macht.
Zivilcourage und Heiliger Geist
Das Denken in vorgefertigten Mustern ist bequem und kann manchmal auch hilfreich sein. Aber jenseits dieser „Denkrillen“ bleibt dem mündigen und freiheitsliebenden Bürger nichts übrig, als sein Gehirn einzuschalten und seinen eigenen moralischen Kompass zu benutzen um sich nicht vor einen fremden Karren spannen zu lassen.
Führung durch den Heiligen Geist, nicht durch Politik- oder Medienvertreter ist es, die wir heute am meisten brauchen. Danach zu handeln und sich auch mal gegen die eigene Peergroup zu stellen beweist wirklich Mut!
akinom
Hier ein Fundstück zum Thema des Blogs bei kath.net.:
Evangelischer Theologe: ‚Fuck you Greta!‘
Evangelischer Theologe kritisiert „Klimahysterie“ der deutschen Gesellschaft und der Kirchen. Dies könnte in eine Öko-Diktatur führen.
Berlin (kath.net) Der evangelische Nürnberger Theologieprofessor Ralf Frisch auf der Internetseite des evangelischen Magazins „zeitzeichen“ anlässlich der Atlantiküberquerung der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg auf einer Hochseeyacht in die USA vor einer „Klimahysterie“ und „Klimahäresie“ gewarnt, dies berichtet „idea“. Im Beitrag „Fuck you Greta!“ vertritt er die Ansicht, dass sich die deutsche Gesellschaft und die evangelische Kirche derzeit im Zustand einer „unheilserwartungsschwangeren Verblendung“ befinden. Diese trage „nicht unproblematische religiöse Züge“. Er sei aus theologischen Gründen „zornig“ darüber, „dass wir uns mit derart heiligem Ernst der klimaapokalyptischen Vision unterwerfen“, so Frisch. Die Wahrnehmung der Welt als klimakatastrophal untergehende Welt verspreche einer säkularisierten Gesellschaft und ihrer Kirche, „die durch die europäische Aufklärung und durch Selbstprofanisierung des europäischen Protestantismus verdünnisierte metaphysische Substanz und den wirklich lebens- und weltbedeutenden Inhalt zurückzugeben“. Während Gott niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocke, gelte „für den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang und seine mögliche Abwendbarkeit das genaue Gegenteil“.
Frisch zeigt sich befremdet, in welchem Ausmaß die Idee, für das höhere Gut der Rettung der Welt notfalls individuelle Freiheit und freiheitliche Demokratie zu opfern, „gegenwärtig auch in der evangelischen Kirche schleichend an Plausibilität gewinnt“. Dem Theologen zufolge könnte die Überzeugung, dass die Demokratie ungeeignet sei, die Öko-Katastrophe abzuwenden, letztlich in eine Öko-Diktatur führen. Die Macht und „die beängstigende Evidenz der Klimakatastrophen-Idee“ seien so groß, dass all jene, die nüchterne und kluge politische und technologische Schritte statt überhitzte Radikallösungen bevorzugten, für nicht ganz zurechnungsfähig und theologisch gesprochen „für die eigentlichen Sünder gehalten werden“.
Frisch plädiert dafür, über die politischen, technologischen und ökonomischen Weg zur Abwendung der Klimakatastrophe zu streiten. Um das zu tun und sich nicht unentwegt dem Verdacht ökologischer Häresie oder gar Blasphemie gegenüberzusehen, müsse man „das Klimakatastrophenszenario erst einmal als Szenario innerhalb des Vorletzten und eben nicht im Reich der letzten Dinge verorten“. Man müsse es „sozusagen ent-eschatologisieren, um klarer zu sehen und angemessener zu denken und zu handeln“. Dazu sei es aber nötig, ein Tabu zu brechen: „das Tabu vernünftiger, gebotener und sinnvoller Kritik“ an der herrschenden Klimaschutzsemantik und -hysterie.
Konrad Kugler
Norbert Bolz hat in einem Beitrag für die Tagespost einen längeren Satz geschrieben, dessen letzten Teil ich als Schlagwort empfehle:
Das Gutmenschentum ist nichts anderes als verrückt gewordenes Christentum.
Gregor Kühn
Gute und konstruktive Gedanken. Als politisch engagierter und interessierter Christ ist es mir immer wieder hilfreich und notwendig, mich daran erinnern zu lassen, dass Jesus kein Parteibuch hat. Ihn leitet die Liebe zu den Menschen und Seine Sehnsucht nach Heil und Heilung für die Schöpfung. Diese Einsicht bewahrt mich vor verbiesterter Einseitigkeit und weitet meinen Horizont.
akinom
Hier noch ein Fundstück von Bitgit Kelle Newsletter@Frau 2000 plus:
Kein Welpenschutz für Greta
Greta und kein Ende. Für das Magazin Focus habe ich ein paar Gedanken formuliert zu dem Phänomen Greta und der Frage der Berichterstattung über jeden Atemzug und neuerdings auch jede Körperflüssigkeit der neuen Ikone der Umweltbewegung. Bevor wieder ein paar Übereifrige daher kommen, um mich daran zu erinnern, dass es erstens wichtig ist, sich für den Umweltschutz zu engagieren und es sich zweitens hier doch um ein Kind handelt, und es deswegen niederträchtig sei, sich kritisch mit diesem Thema zu befassen, möchte ich dringend bitten, den Beitrag ganz und bis zu Ende zu lesen, denn mein Angriff zielt nicht auf ein Kind, sondern vor allem auf die Instrumentalisierung eines Kindes und die nahezu beschämend unkritische Berichterstattung von den lieben Medien-Kollegen.
Am besten, Sie lesen selbst. Hier ein Ausschnitt: „Darf man die Berichterstattung über das Phänomen Greta, all die Ungereimtheiten, all die Übertreibungen aber auch die Weglassungen kritisieren? Ja, natürlich, man muss sogar. Als Journalist sowieso, denn wir haben uns ja nicht nur der Wahrheit verpflichtet, sondern auch der ganzen Wahrheit. Kritik an der Berichterstattung und an dem Hype rund um dieses Kind, das sich selbst bei Twitter als „16 year old climate activist with Asperger“ bezeichnet, ist kein Angriff auf die Menschenwürde, sondern hat seine absolute Berechtigung im medialen Diskurs. Mich etwa treibt eher die Sorge um sie, weil ich sie in Teilen für bedauernswert, fremdgesteuert, gehypt und instrumentalisiert halte. Von weltweiten Massenmedien, linken Aktivisten, Umweltaktivisten, Geschäftemachern, Medienmachern, selbst von der radikalen Antifa und nicht zuletzt von jedem grünen Parteipflänzchen. Nicht zu vergessen: Von ihren eigenen Eltern, die selbst ihre Krankheit in einem Buch in einem Ausmaß thematisieren, ausschlachten und das Private ins Licht der Öffentlichkeit zerren, dass es mich als Mutter fassungslos macht. Und die selben Menschen, die einen sonst ungefragt öffentlich maßregeln in Sachen Schutz der Persönlichkeitsrechte, wenn man auch nur ein unscharfes Urlaubsfoto des eigenen Kindes bei Facebook einstellt, haben hier offenbar kein Problem damit, dass ein Kind von seinen Eltern bis zum Erbrechen auch schon ganz ohne Atlantik-Überfahrt vor jede Kamera und auf jedes Cover gezerrt wird.“ Und hier der ganze Beitrag unter dem Link, gerne können Sie unter dem Beitrag auch kommentieren.