Der sogenannte „synodale Weg“ hat begonnen. Mitmachen und dem ganzen Treiben Legitimität verleihen oder verweigern? Vielleicht gibt es auch gute Antworten auf hinterlistige Fragen.

Katholiken in diesem Land und viele am christlichen Glauben Interessierte haben es mitbekommen: der sogenannte „Synodale Weg“, ein Austausch mit ungewissem Ausgang zwischen der deutschen Bischofskonferenz und dem „ZdK“ (ausdrücklich: keine legitime Vertretung katholischer Laien in Deutschland) hat mit dem ersten Advent seine ersten Schritte aufgenommen. Eine ganz kurze Einschätzung dazu liefert Journalist und Bloggerkollege Peter Winnemöller mit einem Beitrag unter dem Titel „Dann beginnt es also„, den ich zur ergänzenden Lektüre wärmstens ans Herz lege.
Keine Umkehr und keine Evangelisierung
In vier Themenforen möchte man sich in diesem Rahmen eine eigene Kirchen zurechtschnitzen, die weniger aneckt, die die Türen aufmacht – nicht für Suchende sondern für solche, die nicht suchen sondern bestätigt werden wollen. Darum, so meine einfache Erklärung, hat man sich auch dagegen verwahrt, dass das Thema Evangelisierung einen eigenen Schwerpunkt bekommen sollte: Evangelisierung hat – notwendigerweise – ein Objekt, letztlich jeden Menschen individuell, ob katholisch, christlich, andersgläubig oder atheistisch geprägt.
Und all diese Menschen sollte die Kirche zu Jesus führen, das ist ihr eigentlicher Zweck. Dieser Weg zu Jesus ist aber einer der Umkehr, was am Ende auch bedeutet, dass mein Leben danach anders aussehen muss, als vorher (und das auch noch in einem ein Leben lang andauernden Prozess – es bilde sich niemand ein, er sei schon da). Und so eine Umkehr ist unbequem, und genauso unbequem erscheint es den Vertretern des „synodalen Wegs“, eine solche Umkehr zu fordern oder zumindest doch dafür zu werben. Und in der Tat wird die Akzeptanz eines solchen Ansinnens bei vielen der in Rede stehenden Personen gering sein: wer sein Kreuz am Tempelberg ablegt, soll mir nichts von Umkehr, Nachfolge und Zeugnis Jesu erzählen.
Ein Fragebogen – Legitimierung des Illegitimen?
Umgekehrt werben die Vertreter dieser Veranstaltung dafür, sich auch als Laie zu beteiligen und hat dafür eine Webseite erstellt, auf der man Fragen zu den Themenfeldern beantworten kann. Das Ausfüllen eines solchen Fragebogens muss man allerdings als kritisch betrachten, verleiht doch jede Stimme der Aktion eine Legitimität, die sie eigentlich nicht hat. Andererseits besteht die Gefahr, dass ein solcher Fragebogen nur von Menschen ausgefüllt wird, die mit der Kirche nichts Gutes im Sinn haben, insbesondere auch von Fans des „synodalen Weges“.
Nach ein wenig Überlegung habe ich mich also entschlossen, meine Antworten sowohl hier als auch dort einzugeben, und so deutlich zu machen, dass es eben auch abweichende Meinungen von denen des Kardinals Marx und des Herrn Sternberg gibt.
Meine Antworten
Also auf … schauen wir mal, wie man die Fragen intelligent beantworten kann, ohne sich allzu sehr „framen“ zu lassen. Ich gebe an dieser Stelle 1:1 die Fragen inkl. Anleitung und meine Antwort wieder, damit der jeweilige Zusammenhang direkt klar wird. Dadurch wird der Beitrag ein bisschen länger … aber meine Leser sind was das angeht ohnehin Kummer gewöhnt:
1. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag
Die Frage nach der Macht in der Kirche muss sich immer wieder an dem Wort Jesu messen lassen: „Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein.“ (Mt 20,26–27) Jeder Missbrauch von Macht in der Kirche verdunkelt das Evangelium und verletzt Menschen.
Frage 1: Welche konkreten Erfahrungen von Macht und Ohnmacht haben Sie in der Kirche gemacht und was muss Ihrer Meinung nach in der Kirche verändert werden, damit der Umgang mit Macht besser kontrolliert und Machtmissbrauch verhindert werden kann?
Die wesentliche Erfahrung von Machtmissbrauch besteht darin, dass Vertreter der Kirche das Glaubensgut in vielen Fällen als Steinbruch oder als disponibel betrachten. Gestützt durch das Kirchensteuersystem, als System von Macht – wer wollte bestreiten, das Geld auch Macht ist – und Kontrolle – in Deutschland gilt noch immer der unhaltbare Zustand, dass man faktisch ohne Kirchensteuerzahlung (der man nur durch Kirchenaustritt entgehen kann) von den Sakramenten ausgeschlossen ist – werden im Namen der Kirche und im Namen der Gläubigen allerlei Bestrebungen unterstützt, die mit kirchlicher Arbeit, zuvörderst der Evangelisierung, nichts zu tun haben.
An dieser Stelle soll das Beispiel des mit Kirchensteuergeldern finanzierten Online-Portals katholisch.de ausreichen. Immer wieder muss man als Katholik dort Angriffe gegen die katholische Glaubenslehre ertragen. Ich möchte als Katholik ein solches Portal nicht finanzieren, könnte mich dem aber nur durch Kirchenaustritt entziehen, mit den genannten Folgen.
Eine erste richtige Maßnahme wäre daher, zumindest den Zusammenhang zwischen Kirchensteuern und Sakramenten aufzulösen. Auf diese Art, das will ich gerne zugeben, werden der Kirche erhebliche finanzielle Mittel entzogen. Diese wegfallenden Mittel sind aber schon heute keine, die ein Kirchenmann ohne schlechtes Gewissen annehmen kann, stellen sie doch in gewisser Weise nur eine „Bezahlung“ kirchlicher „Leistungen“ wie Hochzeiten und Kindstaufen dar. Der Wegfall dieser Mittel wird schmerzhaft sein, sicher aber zumindest zum Teil ausgeglichen werden durch Spenden an kirchliche Organisationen oder neue geistliche Gemeinschaften, die der Sache Jesu mehr dienen als bislang damit finanzierte kircheneigene oder kirchengestützte Institutionen.
Frage 2: Wie können mehr Menschen aktiv an den Aufgaben und Entscheidungen in der Kirche beteiligt werden?
Die Gremienarbeit ist durchaus weit verbreitet, auch die Beteiligung an Evangelisierungsbemühungen steht jedem offen. Daneben gibt es natürlich noch das weite Feld organisatorischer Unterstützungen, die Menschen schon heute in der Kirche wie selbstverständlich und wenig wahrgenommen leisten. Bei vielen der weltlichen Entscheidungen ist daher auch sinnvoll, diese Menschen in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.
Da die Frage aber vermutlich in eine andere Richtung tendiert: Originär geistliche Aufgaben und Entscheidungen in der Kirche sind keine Frage der quantitativen Beteiligung sondern der Wahrheit im Glauben. Bei der in den vergangenen Jahrzehnten fast ausgefallen Katechese der Gläubigen, die man sich bei eigenem Interesse selbst aneignen muss, wäre eine breite Beteiligung der Kirchenmitglieder in diesen Themen kontraproduktiv: Wie soll ein Katholik, der kaum etwas über die Sakramentenlehre weiß, fundiert über Themen wie „Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen“ oder der „ehelichen Sexualmoral“ entscheiden. Eine Demokratisierung in solchen Themen käme einer Preisgabe der durch Christus verkündeten Wahrheit gleich, nachdem es offenbar schon Priestern und bisweilen Bischöfen schwerfällt, einen Blick in den Katechismus der katholischen Kirche zu werfen, um nicht nur die Wahrheit sondern auch ihre tiefere Begründung nachzulesen.
Frage 3: Wie können wir im Sinne von Papst Franziskus als Kirche in Deutschland überzeugender eine dienende Kirche sein?
Die Kirche muss eine der Wahrheit dienende Kirche sein. Jesus selbst spricht von uns als „unnütze Knechte“, wenn wir unsere Schuldigkeit getan haben. Wir dienen – oder sollten das tun – in erster Linie Gott, aber natürlich auch durch unseren Dienst am Nächsten. Papst Franziskus weist auch immer wieder darauf hin, dass die Kirche ein besonderes Augenmerk auf die Armen haben muss. Das hat zwei Komponenten: Einerseits die materiell Armen, andererseits die im Geiste Armen, zu denen ich jeden Menschen zählen würde, der von Jesu Weg abweicht, seine Wahrheit nicht kennt und möglicherweise auch nicht kennen möchte (jedenfalls oberflächlich, am Ende suchen wir alle nach Gott).
Für die materielle Armut sind sicher finanzielle Mittel notwendig, die angemessen eingesetzt werden sollten. Hierzu gibt es allerdings auch viele karitative Organisationen, sodass ein Umverteilungssystem über eine zentrale Stelle wie die Kirche (analog zum Staat) nicht notwendig sein wird. Die eigentliche Aufgabe der Kirche als Institution inklusive ihrer offiziellen Vertreter ist damit auch die Sorge um die Menschen, die nach Gott suchen. Ihnen zu dienen, in dem Sinne, ihnen Wege zu Gott aufzuzeigen, auch und vor allem, wenn sie sich nicht auf diesem Weg befinden oder ihn sogar ablehnen, ist damit die erste Aufgabe der Kirche. Diese Aufgabe betrifft im persönlichen Umfeld und in dem jeweils möglichen Rahmen jeden Christen: Evangelisierung ist Aufgabe eines jeden Gläubigen, Jesus selbst hat diesen Auftrag sehr deutlich gegeben.
Im übergreifenden Sinne ist es aber dann auch die dienende Aufgabe der Kirchenorganisation, von Priestern und insbesondere Bischöfen, den gesellschaftlichen Boden für die Wahrheit Jesu zu bearbeiten. Dieses Feld ist in der Tat lange unbestellt geblieben, sodass diese Aufgabe nicht leicht sein wird. Mit den Mitteln der modernen Kommunikation und den Inhalten ewiger Wahrheiten dürfen wir aber mutig diese Aufgaben angehen, wissen wir doch Jesus immer an unserer Seite, der uns nicht nur die Aufgabe sondern auch die Vollmacht hierzu erteilt hat.
2. Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft
Die Sexualmoral der Kirche muss Maß nehmen an der Liebe Gottes, die uns Jesus Christus gezeigt hat. Für viele Menschen sind Hingabe und Treue auch heute sehr hohe Werte für ihr Leben. Dennoch ist die kirchliche Sexuallehre in einer großen Krise. Viele ihrer Weisungen haben massiv an Akzeptanz verloren. Sie scheinen vielen Menschen heute nicht lebensdienlich zu sein und geben ihnen keine Orientierung mehr.
Frage 1: Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht, welche Erkenntnisse oder Überzeugungen persönlich gewonnen?
Als Vertreter und Verteidiger christlicher Sexuallehre wird man in der Tat oft belächelt, wenn nicht gar angegriffen und lächerlich gemacht. Ich selbst war auf einer Klosterschule und musste mich auf einem Klassentreffen vor einigen Jahren gegen einen früheren Religionslehrer erwehren, der meinte, meine – dem KKK entsprechenden – Positionen habe er mir doch nicht beigebracht.
In dieser kleinen Anekdote tritt das ganze Elende der Verkündigung zutage, zu der auch die Verkündigung der Sexuallehre gehört. Diese stimmt mit den „Lebenswirklichkeiten“ vieler Menschen nicht mehr überein. Daher ist es unsere erste Aufgabe, die Türen für die Menschen zu öffnen, und ihnen einen Weg heraus aus ihren fehlgeleiteten Einstellungen zur Sexualität zu bieten. Nicht umsonst suchen die Menschen nach Treue und Hingabe, finden sie aber nicht in den flüchtigen Beziehungen, die sie unter dem Vorbehalt eingehen, dass man sie nur so lange fortführt, wie der Andere mir etwas bringt.
Ich sehe in meinem Umfeld, auch in christlichen Kreisen, viele Beziehungen und Ehen scheitern an der Anspruchshaltung gegen den anderen, die sich sowohl geistig als auch körperlich (sexuell) äußern. Was die konkrete Frage der Sexualität angeht, stelle ich selbst in Kirchenkreisen ein erschreckendes Maß an Unwissenheit, zum Beispiel über die vom Heiligen Papst Johannes Paul II. dargelegten „Theologie des Leibes“ fest. Die Menschen davon zu überzeugen, dass die christliche Ehelehre, und darin auch die Sexuallehre, kein Korsett sondern eine Befreiung darstellt, ist Aufgabe jedes Christen und auch der Kirche als Institution.
Frage 2: Wie kann die Kirche Ihrer Meinung nach das Evangelium von der Liebe Gottes in unserer Zeit überzeugender verkünden?
Sehr vereinfacht ausgedrückt: Die Kirche – hier als Institution und ihre offiziellen Vertreter, die Priester und Bischöfe – müssten es einfach tun. Wir haben in der Bibel wunderbare Beweise und Beschreibungen dazu, wie Gottes Liebe in unserem Leben gegenwärtig ist, wie sehr Gott uns liebt, als seine geliebten Töchter und Söhne. Alles, was es zu verkünden gibt, ist inhaltlich schon in der Bibel vorhanden, und hat uns die reiche Historie der Kirche durch den Heiligen Geist überliefert. Nochmal weise ich auf die Theologie des Leibes hin, die sehr schön, und auch verständlich, deutlich macht, wie sich die Liebe Gottes und die Ehe zueinander verhalten. Das ist ein Schatz, der noch gar nicht gehoben ist.
Etwas anderes ist die Frage der Kommunikation und der Sprache. Hier können wir durchaus auch von Gläubigen anderer Konfessionen aber auch von jungen geistlichen Gemeinschaften in der katholischen Kirche lernen. Es hat ja einen Grund, warum diese nicht selten als „konservativ“ apostrophierte Bewegungen Zulauf haben. Aus eigener Erfahrung, beispielsweise auch mit jungen Firmkandidaten, kann ich sagen, dass hier ein hohes Bedürfnis vor allem nach Klarheit besteht. Nichts stößt junge Menschen mehr ab, als wenn man gerade in Glaubensfragen, die auch für Jugendliche schon existenziell sind, den eigenen Glauben weichspült, um nur niemanden zu verschrecken oder keinen Dissens entstehen zu lassen. Es geht nicht um Drohungen der Art „Wenn Du das nicht tust, kommst Du in die Hölle“, aber um die klare Ansage, was Gott für unser Leben, das er uns in Fülle schenken will, vorgesehen hat, worin diese Fülle besteht. Leider scheint auch dieser Gedanke bei vielen Kirchenvertretern nicht allzu weit verbreitet zu sein, aber das kann man sicher ändern oder „reparieren“.
Frage 3: Was ist Ihnen wichtig in der Sexuallehre der Kirche und was müsste dringend verändert werden?
Die Sexualität ist ein Geschenk Gottes. Und sie ist ein Geschenk, das Eheleute sich auch gegenseitig machen. Sexualität und die Vereinigung von Mann und Frau sind auch ein Abbild der schenkenden Beziehung Gottes zu uns. Gott hat uns dieses wunderbare Geschenk gemacht, damit wir damit einerseits lustvoll, andererseits aber auch verantwortungsvoll umgehen. Gerade der zweite Gedanke, gehört zu dem, was in der Welt schwer zu vermitteln ist. Empfängnisverhütung und die Möglichkeit zur Abtreibung und die zu jeder Zeit verfügbaren Darstellungen von Sexualität, haben dieses Geschenk seines Zaubers beraubt. Damit ist nicht nur die Verantwortung anscheinend aufgelöst, auch der Gedanke der Lust gerät mehr und mehr in den Hintergrund, wenn Leistungsgedanken und sexuelle Freizügigkeit, die für jede Perversion Verständnis hat und sie zum „Normalen“ erklären will, die Oberhand gewinnen.
Insofern ist die Sexuallehre der Kirche nicht zu ändern. Notwendig ist allerdings in vielen Fällen eine Klarstellung der Hintergründe, warum diese oder jene „Regel“ keine Einschränkung von Freiheit sondern eine Befreiung von der Sklaverei der Sünde ist. Ein reines „Nein“ – das ist vielleicht ein Unterschied zu vergangenen Zeiten, in denen die Menschen den Lehren der Kirche unkommentiert zustimmten (wenn auch nicht befolgten) – reicht nicht aus. Es ist auch das „Warum?“ zu beantworten und Wege aufzuzeigen, wie man die von Gott verheißene Erfüllung im Leben auch in Fragen der Sexualität erreichen kann. Es ist also keine Frage der Lehre sondern der Verkündigung, die zugegeben aber Mut braucht in einer Welt, die diesbezüglich keine offenen Ohren (mehr) hat.
3. Priesterliche Existenz heute
Als Hirte und Seelsorger ist der Priester auch in der säkularen Welt von heute sehr geschätzt. Gleichzeitig wird er in seiner Identität und Glaubwürdigkeit – nicht zuletzt auf dem Hintergrund der bekanntgewordenen Missbrauchsfälle – vielfach in Frage gestellt. Das betrifft insbesondere auch seine zölibatäre Lebensform, die sich an der Lebensform Jesu orientiert, ihre Ausstrahlung aber weithin nicht mehr entfaltet. Der weitgehende Priestermangel und die veränderten Rahmenbedingungen unserer Zeit machen die Frage nach einem erneuerten, zukunftsfähigen Profil des geistlichen Amtes im Zusammenspiel mit den vielfältigen pastoralen Diensten und Ämtern und den unterschiedlichen Charismen der Gläubigen dringlich.
Frage 1: Was zeichnet Ihrer Auffassung nach einen authentischen Priester heute aus, welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte er besitzen?
Priester handeln in der Liturgie „in persona christi“ also in Jesu Namen. Dabei lässt sich liturgisches Handeln aber nicht vom sonstigen Lebenswandel trennen. Ein authentischer Priester muss glauben, was Jesus sagt und die Kirche lehrt, er muss diese Lehre in seinem Umfeld vertreten – gelegen oder ungelegen – und natürlich auch das ehrliche Bemühen erkennen lassen, auch danach zu handeln. Heiligkeit zu verlangen würde diese Anforderungen übersteigen, aber das Streben nach Heiligkeit sollte man zumindest bei einem Priester erkennen können – wie sollte er sonst andere Menschen auf ihrem Weg als Hirten begleiten?
Diese Anforderungen treffen natürlich auch auf Gläubige zu, bei einem Vertreter Christi, der noch dazu eben als Hirte den Menschen gegenüber eine andere Rolle einnimmt (was nichts mit ehererbietendem Klerikalismus sondern mit der Rolle eines Hirten zu tun hat), aber in besonderem Maße. Darum ist es gut, wenn die Kirche darauf Wert legt, dass es sich bei dem „Amt“ des Priesters nicht um einen Beruf / Job sondern eine Berufung handelt, die einerseits intensiv geprüft, dann aber auch stringent gelebt werden muss.
Frage 2: Wie kann ein authentischer Priester mitten in der Welt von heute in der Nachfolge Jesu leben, welche Lebensform halten Sie für den Priester heute für angemessen?
Die Anforderungen nach einem Leben in der engsten Nachfolge Christi machen deutlich, dass es sich bei dem Priesterberuf eben nicht um einen Job sondern um eine Berufung, die von Gott ausgeht, handelt. Notwendigerweise verschiebt sich der Schwerpunkt des Lebens in einer solchen Berufung – es geht beispielsweise nicht mehr um einen „Ausgleich vom Beruf“, der mit dem Privatleben zu schaffen wäre, sondern darum, dieses Leben außerhalb der kirchlichen Rolle so zu gestalten, dass es zu dieser Berufung passt. Diese besonderen Herausforderungen sollten darum gerade nicht mit den besonderen Herausforderungen von Ehe und Familie noch weiter erschwert werden.
Als verheirateter Laie stelle ich fest: Die Berufung zu Ehe und Familie ist wunderschön, aber auch herausfordernd. Ich nehme an, für die Berufung zum Priester gilt das gleiche, und ich kenne ausreichend Priester, bei denen ich nicht nur die herausfordernde Seite sondern auch die schöne Seite erkennen kann, wenn jemand sein Leben ganz in den Dienst Gottes stellt.
Das in der Fragestellung versteckte Hinterfragen des Zölibats als „Lebensform“ kann ich daher nur zurückweisen: Der Zölibat ist exakt die Lebensform die einem Priester angemessen ist. Ob jemand allerdings eine Berufung zu diesem Leben und als Priester hat, muss wohl in manchen Fällen deutlicher geprüft werden, um nicht Leid auf Seiten der Priester wie auch der ihnen anvertrauten Laien zu verursachen.
Frage 3: Was müssen wir in der Kirche tun oder verändern, damit es mehr Berufungen gibt und der Dienst des Priesters attraktiver für junge Menschen wird?
Berufungen, das liegt in der Natur der Sache, können wir als Menschen nicht „machen“. Wir können sie allerdings unterstützen. Das bedeutet zunächst, nicht nur die Herausforderungen sondern auch die Schönheit einer solchen Berufung herauszustellen. Dazu gehört auch die Präsenz der Priester, Bischöfe und Ordensleute in der Gesellschaft zu erhöhen. Wenn in vielen Gegenden Priester nicht mehr als solche zu erkennen sind, schadet das dem Verständnis für diese besondere Berufung. Priester gehören darum in das Umfeld ihrer Gemeinde – sie gehören in die Seelsorge für die Menschen, egal ob es sich um Junge, Alte, Kranke, Verheiratete, Geschiedene, Gläubige oder Nicht- bzw. Andersgläubige handelt.
Wohin sie nicht gehören sind in Verwaltungsaufgaben für Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Altersheime. Ich kenne nicht wenige Priester, deren Berufung tatsächlich auch in der geistlichen Begleitung der Menschen liegt, die in Beichtgesprächen und geistlichen Hilfestellungen aufgehen, dafür aber aufgrund anderer Aufgabenstellungen zu wenig Zeit haben. Bei diesen Priestern spürt man das innere Leiden, die ihnen anvertrauten Menschen nicht in der Weise auf ihrem Weg zu Christus begleiten zu können, wie sie es von sich selbst erwarten und wie es ihrer Berufung als Hirten entspricht. Das „Berufsbild“ des Priesters muss daher von allen fachfremden Verwaltungstätigkeiten soweit wie möglich bereinigt werden. Das mag damit einhergehen, Krankenhäuser, Kindergärten oder Schulen aus der Verwaltung der Kirchen zu entlassen. Die kirchlichen Strukturen in diesem Bereich sind aber ohnehin eher historisch geprägt und heute kaum noch zu rechtfertigen.
4. Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Frauen tragen und gestalten einen überaus großen Teil des Lebens in unserer Kirche. Sie engagieren sich in vielfältigen Diensten und Ämtern in der Kirche. Dennoch sind sie in Leitungspositionen bis heute unterrepräsentiert. Nicht wenige leiden darunter, dass den Frauen nicht alle Dienste und Ämter in der Kirche, insbesondere das Weiheamt, offen stehen.
Frage 1: Wie sehen Sie die Rolle der Frau in der Kirche?
Die in der Einleitung genutzte Vermengung von „Leitungsaufgaben“ mit „Diensten und Ämtern“ und einem „Weiheamt“ ist vermutlich gewollt, trotzdem nicht legitim. Das Weiheamt setzt eine Berufung voraus, die bei Frauen naturgemäß nicht vorhanden sein kann. Papst Johannes Paul II. hat zu dem Thema abschließend geurteilt, und diese Fragestellung „subkutan“ in den „synodalen Prozess“ aufzunehmen, wird nichts anderes als Streit und Dissens hervorrufen, wo Evangelisierung und Umkehr gefragt gewesen wäre.
Wahr ist allerdings, dass Frauen in der Kirche wesentliche Dienste wahrnehmen, seien es Ordensfrauen im kontemplativen oder auch karitativ geprägten Leben oder auch ehrenamtliche und hauptamtlich engagierte Frauen im Rahmen der Organisation und Verwaltung. Man sollte auch nicht die Leistung der Frauen als Mütter und Großmütter in der Glaubensvermittlung in den Familien klein reden. Ich kann als Mann nicht beurteilen, ob diese wahrgenommenen Dienste im Einzelfall vielleicht zu wenig gewürdigt werden. Ein besseres Verständnis für die Aufgaben und Verantwortungen von Frauen im Rahmen der Kirche wie in der Schöpfungsordnung herbeizuführen, wäre dann sicher sinnvoll und notwendig.
Es ist auch nicht einzusehen, warum entsprechend qualifizierte Frauen nicht auch in leitenden verwaltenden Tätigkeiten in der Kirche tätig werden können. Wie in der „freien Wirtschaft“ auch, leisten Frauen und können Frauen hier einen Beitrag leisten, der nicht unterschätzt werden darf. Wenn allerdings die Entschlackung des Priesteramtes von verwaltenden Tätigkeiten ohnehin ein Ziel innerhalb der Kirchenorganisation sein muss, dann ist durchaus vorstellbar, die damit entstehenden neuen Berufsbilder auch mit qualifizierten Frauen zu besetzen. Die Herausforderung wird dann nur noch sein, diese bisher durch männliche Priester besetzten Positionen nicht nur für Laien sondern gleichberechtigt auch für Frauen zugänglich zu machen.
Frage 2: Was müsste sich ändern, damit mehr Frauen Leitungspositionen in der Kirche übernehmen (können)?
Wenn es bei Leitungspositionen im Verwaltungstätigkeiten geht (inkl. Führungsaufgaben in diesem Bereich) wäre es ohnehin sinnvoll, diese nicht mehr wie bisher mit Vorliebe durch Priester zu besetzen. Die in diesem Fall entstehenden Berufsbilder können von Frauen ebenso wie von Männern ausgeübt werden, mit jeweils unterschiedlichen Akzenten aber gleich qualifiziert. Dabei darf ein kirchlicher Arbeitgeber aber nie vergessen, dass die Frau auch im Rahmen der Familie eine besondere Rolle einnimmt, die ein Mann oder eine fremde Person (in Kita oder Schule) nicht wahrnehmen kann.
Will die Kirche hier progressiv voranschreiten, muss sie Einsatzfelder entwickeln, in denen Frauen – und in diesem Sinne auch Männer/Väter – Beruf und Familie unter einen Hut bringen können. Adäquate Bezahlung zählt ebenso dazu wie Arbeitszeiten, die eine ausreichende Zeit mit der Familie gewährleisten (bei kleinen Kindern mindestens halbtags, bei Schulkindern außerhalb der Schulzeiten). Hier könnte die Kirche Maßstäbe für familienfreundliches Arbeiten setzen. Das betrifft aber nicht nur Frauen sondern auch Männer, die in der Arbeitswelt ihre Rolle als Familienväter oft nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen können.
Frage 3: Wie müsste das Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche gestaltet sein, damit wir in unserer Zeit glaubwürdig das Evangelium verkünden können?
Die Bibel beschreibt die Rollen von Frauen und Männern durchaus unterschiedlich, unterscheidet dabei nicht wichtig und weniger wichtig sondern setzt lediglich Schwerpunkte. Nicht anders als in der Wirtschaft ist also eine Geringschätzung von Frauen als „qua Geschlecht“ weniger qualifiziert oder gar minderwertig abzulehnen. Aus dem gleichen Grund ist aber auch wesentlich, dass die Kirche die Unterschiede von Männern und Frauen durchaus auch adäquat thematisiert. Frauen als Mütter haben beispielsweise eine Rolle, die nicht von den Vätern und auch nicht von fremden Betreuerinnen wahrgenommen werden kann. Dies gilt umgekehrt genauso für Väter.
Herausforderung wird für die Kirche also sein, die Gleichwertigkeit der Geschlechter bei Anerkennung der Unterschiede immer wieder darzustellen und wertzuschätzen, gerade in einem Umfeld, in dem diese Unterschiede wie das Geschlecht selbst im Rahmen des „Gender Mainstreamings“ negiert werden. Die Kirche muss sich in dieser Hinsicht schützend vor Frauen und Männer stellen, deren christliche Lebensentwürfe von der Gesellschaft zunehmend in Frage gestellt werden. Gleichzeitig muss sie die Tür öffnen für Menschen, die am weltlich-gesinnten Rollenverständnis scheitern und auf der Suche sind nach einem wirklich guten Miteinander von Männern und Frauen.
Frauen und Männer sind gleich viel wert, sie sind aber nicht gleich – das muss die Botschaft der Kirche im Inneren wie in der Außenwirkung sein. Das ist eine Botschaft, die auch draußen in der Welt gebraucht wird, und die deutlich macht, welch positiven Lebensentwurf man in der Nachfolge Christi, sei es als Kleriker, sei es als Laie, in seiner jeweiligen Berufungssituation findet.
Sonstiges
Der Fragebogen atmet einen ungesunden Geist der erzwungenen Verweltlichung katholischer Positioen. Die Fragestellungen beinhalten Thesen, die in der Kirche eigentlich bereits geklärt sind, so zum Beispiel die Frage von Frauen in Weiheämtern oder des Zölibats. Wie erwartet deuten auch die Fragestellungen kaum je auf den eigentlichen Zweck der Kirche hin, der in der Evangelisierung besteht. Es ist schon eine besondere Chuzpe, dieses Thema explizit aus dem Themenkanon des „synodalen Weges“ herauszudefinieren und dann selbst in den Themenfeldern diese essentielle Fragestellung unter den Tisch fallen zu lassen.
So deutet sich weiterhin an, was interessierte Gläubige bereits befürchtet hatten: Hier geht es nicht um einen durchaus notwendigen Weg der Umkehr sondern um ein gesellschaftliches Alignement der Kirche, die damit austauschbar mit anderen NGOs und so überflüssig wird wie ein Kropf.
Ich bin guter Dinge! Jesus hat gesagt, er bleibe bei uns bis zum Ende der Zeit und er hat zugesagt, dass die Mächte der Unterwelt die Kirche nicht überwältigen werden. Auch der „synodale Weg“ wird daher diese Kirche nicht ruinieren; es ist aber nicht ausgeschlossen, dass massiver Schaden angerichtet wird. Die Betreiber dieses Prozesses werden sich dafür verantworten müssen.
gerd
Allein die Formulierung das bspw. die Sexuallehre der Kirche in einer großen Krise steckt ist Unsinn. Nicht die Lehre steht in der Krise, sondern die Menschen, die sie verwässern, umschreiben und /oder nicht befolgen. (Die Fußballregeln stehen im übrigen jeden Samstag in der Krise, Handspiel bleibt allerdings Handspiel)
Ich vermute stark, dass die Macher dieser Umfrage mit Ihren Antworten, intellektuell gar nicht mithalten können, oder was wesentlich schlimmer ist, nicht mithalten wollen.
akinom
Danke für die „guten Antworten auf hinterlistige Fragen“, die offenbar dringend notwendig sind um „so deutlich zu machen, dass es eben auch abweichende Meinungen von denen des Kardinals Marx und des Herrn Sternberg gibt“.
Meine Einschätzung zur „Jodelsynode“, wie sie Claudia Sperlich in ihrem Sonett bezeichnet hat, passt auch – wie ich meine zu allen „hinterlistigen Fragen“:
„Große Freude bei den Tierschützern: Wölfe vermehren sich rasant. Sie müssen geschützt werden zu Lasten der guten Hirten und ihrer Schafe. So sieht es auch in der „deutschen Kirche“ aus. (Eine solche hat es zu unseligen Zeiten auch schon unter Reichsbischof Müller gegeben.) Ich schicke täglich den verstorbenen Exorzisten nach Fulda mit der Bitte: „Höre nie auf, Deines so immens wichtigen Amtes zu walten!“ Die Greta-Follower sind hier Maria 2.0 & Co.
Ich habe auch noch im Ohr, dass der Heilige Geist nach Fulda befragt, vor vielen Jahren geantwortet haben soll: „Fulda? Da bin ich nie gewesen!“
Ich empfehle auch den heutigen Gastbeitrag von Georg Martin Lange bei kath.net., der darauf aufmerksam macht: „Jesus hat den Menschen nicht nach dem Munde geredet. Er war oft radikal, so dass sie schockiert waren. Das Evangelium ist kein Schlafmittel, sondern Sprengstoff. Erinnern wir uns noch an die Weltgerichtsrede?“
Salvian
Bevor man sich auf das Argumentationsniveau der Veranstalter des „Synodalen Wegs“ einlässt, sollte man sich vor Augen führen, wie das Gegenmodell zur „kirchlichen Sexuallehre“ aussieht. Die aktuelle Sexualmoral der westlichen Welt zeichnet sich durch folgende Standpunkte aus:
– dass die „Sexuelle Revolution“ der 1960er Jahre ein gewaltiger Fortschritt in der Menschheitsgeschichte war,
– dass Empfängnisverhütung in jeder Form der Regelfall sein muss, die Offenheit für Empfängnis hingegen die Ausnahme,
– dass das Recht auf Abtreibung ein Menschenrecht ist,
– dass Abtreibungen Krankenkassenleistungen sein sollten,
– dass werdende Mütter nicht durch Abtreibungen traumatisiert werden, sondern durch Christen, die vor den Kliniken stehen und für das Leben werben,
– dass gleichgeschlechtliche Paare ebenso wie Singles ein Recht auf eigene Kinder haben,
– dass Samenspenden zur künstlichen Befruchtung sittlich in Ordnung sind,
– dass auch die Leihmutterschaft legalisiert werden sollte,
– dass „Regenbogenfamilien“ eine wunderbare Errungenschaft der Moderne sind,
– dass Personen, die Anstoß an LGBTQ-Verlautbarungen oder an CSD-Paraden nehmen, „homophob“, also psychisch gestört sind,
– dass jeder das Recht haben muss, sein Geschlecht selbst zu wählen,
– dass selbst Minderjährige ohne Einverständnis ihrer Eltern die Möglichkeit bekommen sollten, eine Geschlechtsumwandlung durchführen zu lassen,
– dass jeder ein Krimineller ist, der einen Mann, der eine Frau sein möchte, als Mann bezeichnet,
– dass die natürliche Polarität der Geschlechter nie existiert hat.
Soweit eine kurzgefasste Liste der nicht hinterfragbaren Dogmen der Sexualmoral des 21. Jahrhunderts. Als naiver Christ könnte man nun auf die Idee kommen, dass es Sache der katholische Kirche in Deutschland wäre, eine Alternative zu dieser Ideologie anzubieten. Die Veranstalter des „Synodalen Wegs“ sind aber offenbar der Meinung, nicht etwa die moderne Sexualmoral sei ein Problem, sondern vielmehr die traditionelle katholische Sexualmoral.
Ich fürchte, sie versündigen sich damit gegen den Heiligen Geist.
akinom
Vielen Dank ! Die Liste der „nicht hinterfragbaren Dogmen der Sexualmoral des 21. Jahrhunderts“ habe ich mir ausgedruckt. Ich würde nur noch hin zufügen dass es keinen Unterschied mehr geben darf zwischen Sex innerhalb und außerhalb der Ehe.
Wünschen würde ich mir, dass im Schlafzimmer bleibt, was ins Schlafzimmer gehört und man nicht mehr gezwungen ist in Wort, Bild und life diese Praktiken anschauen zu müssen.
Salvian
Sie haben ganz recht, „akinom“: Meine aus dem Stegreif erstellte Auflistung ist noch unvollständig und unausgereift. Zu ergänzen wäre etwa noch:
– dass der Staat verpflichtet ist, Ehescheidungen so einfach wie möglich zu machen,
– dass detaillierte Darstellungen sexueller Praktiken jeglicher Art in Büchern, Film und Fernsehen für jedes Alter völlig okay sind,
– dass Unterschiede zwischen den Geschlechtern bloße gesellschaftliche Konstrukte sind,
…