Sind wir moralisch verpflichtet, Menschen aus dem Flüchtlingslager Moria aufzunehmen? Oder gehen uns diese Menschen gar nichts an? Hören wir lieber nicht auf grüne Agitatoren.
„Der barmherzige Samariter hat auch seinen Mantel geteilt und hat nicht gewartet bis jemand kommt und sagt, ich wäre auch noch bereit.“ So sprach Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin, abgebrochene Theologiestudentin und ehemalige Präses der Synode der evangelischen Kirche in Deutschland im ZDF und macht sich damit in gewisser Weise zum Gespött der Leute … wenn ich auch zugeben muss, dass mir der Schnitzer am Anfang selbst gar nicht aufgefallen ist.
Nächsten- und Fernstenliebe
Nun möchte ich der Dame in dieser Sache keine Unkenntnis oder gar Dummheit attestieren, sie wird den Unterschied zwischen dem barmherzigen Samariter und dem heiligen Martin sicher kennen. Umso mehr gilt aber, was ich als erste Reaktion meiner Frau gegenüber geäußert habe, als sie mir das Zitat vorlas: „Wenn die Grünen die Bibel zitieren, wird‘s gefährlich!“
Der Hintergrund ist schließlich ein Ernster: Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos sind noch immer Tausende Menschen ohne Obdach. Die Zustände in dem Lager waren schon vorher dramatisch und sind jetzt sicher unhaltbar geworden. Und als Christ frage ich mich natürlich, ob es jenseits der Nächstenliebe im eigenen Umfeld nicht durchaus auch eine vielgeschmähte „Fernstenliebe“ geben muss. Denn selbst wenn, wie berichtet wird, der Brand im Lager durch einzelne Insassen gelegt wurde, so trifft es doch auch hier mit Sicherheit in der Mehrzahl unschuldige Menschen, die im Lager ausharren und auf Besserung hoffen.
Hilfe leisten
Wenn also mancher meint, man könne doch solche Brandstifter nicht auch noch (mit einer Ausreise nach Deutschland) „belohnen“, dann ist das sicher ein bisschen kurz gedacht. Und in der Tat fehlt mir jedes Verständnis, wenn mancher meint, das mit der Nächstenliebe müsse aber doch an der Grenze der Gemeinde, des Landes oder vielleicht des Kontinents enden. Wo Menschen leiden, kann ein Christ, davon bin ich überzeugt, nicht unberührt bleiben. Ich bin sicher, Jesus ist es nicht, und dann können wir uns eine solche „Ausrede“ auch nicht leisten.
Trotzdem ist das Zitat Göring-Eckhardts nicht nur falsch sondern auch noch gefährlich missbraucht. Denn schauen wir uns an, was die beiden – der Samariter und St. Martin – getan haben: Sie haben in akuter Not geholfen. Der überfallene und schwer verletzte Mann brauchte Hilfe … viele meinten, seine Not ginge sie nichts an, und der Mann aus Samarien hat sich gekümmert, sowohl um die Wunden als auch um eine erste Unterkunft. Der Bettler drohte zu erfrieren, also teilte Martin seinen Mantel, um zumindest diese Gefahr zu bannen. Und tatsächlich: Beide haben sich nicht umgesehen, ob sich wohl jemand an ihrer Hilfsaktion beteiligen würde. Das wäre vermutlich auch nicht gut ausgegangen.
Was der barmherzige Samariter und St. Martin nicht getan haben
Was sie, ganz nebenbei, nicht getan haben, ist, die Menschen in Not zu sich nach Hause zu nehmen. Wenn also jemand meint, man müsse die Notleidenden der Welt unbedingt nach Deutschland bringen, um ihnen hier Obdach und Auskommen zu sichern dann kann man sich dabei zumindest nicht auf diese beiden Männer berufen. Dafür wird es aber sicher andere Beispiele geben, die hier nur nicht zitiert werden.
Was die beiden aber vor allem nicht getan haben: Sie haben niemand anderen in Mithaftung genommen. Im Gegenteil, der barmherzige Samariter hat den Verletzten in eine Herberge gebracht, für ihn bezahlt und versprochen, bei der Rückkehr mehr zu bezahlen, falls dies notwendig sein sollte. Er hätte auch dem Wirt der Herberge sagen können, er möge auf seinen Lohn verzichten, schließlich ginge es ihm doch gut, da solle er mal fünfe gerade sein lassen. Hat er aber nicht: Er hat selbst Verantwortung für diesen Menschen übernommen. Gleiches gilt für St. Martin: Weder hat er von seinen Kameraden verlangt, den Bettler nun ebenfalls zu versorgen, noch hat er von irgendjemandem einen Teil seines halben Mantels zurückgefordert.
Christliche Nächstenliebe vs. Sozialismus
Da hat Katrin Göring-Eckardt anderes im Sinn: Sie ist der Meinung, dass die Notleidenden dieser Welt ins reiche Deutschland geholt und hier – letztlich von Steuergeldern – versorgt werden sollen. Ich kann nichts über das Spenden- oder sonstige soziale Gebaren von Frau Göring-Eckardt sagen, vielleicht ist sie ein herzensguter Mensch und versorgt in Not geratene Familien aus ihrem eigenen, vermutlich nicht ganz kleinen, Einkommen. Das wäre wunderbar und ein gutes Zeugnis für einen christlichen Lebensstil. Dieses Zeugnis lässt aber sofort nach, wenn sie gleichzeitig von ihren Nachbarn das gleiche verlangen würde – oder gar von einem ganzen Land.
Machen wir uns nichts vor: Wenn Grüne die Bibel zitieren, wird’s gefährlich. Denn die verwechseln christliche Nächstenliebe immer wieder mit Sozialismus, was nicht das gleiche ist. Das eine ist eine an unserem Herrn Jesus Christus ausgerichtete Lebensweise, die sich aus einer engen Beziehung zum Herrn ergibt, das andere eine kollektivistische und in der Ausbaustufe mörderische Ideologie auf deren Konto Millionen von Menschenleben gehen. Man sollte sich von Sozialisten also nicht einreden lassen, man sei kein guter Christ – da wird mit sehr anderen Maßstäben als mit christlichen gemessen.
Es geht uns trotzdem an
Bleibt aber natürlich dennoch die Frage: Gehen uns die Zustände in Moria nichts an? Kann es uns egal sein, unter welchen Umständen Menschen dort leben? Ist es ein ausreichendes Argument, für diese Menschen nichts tun zu wollen, dass sie eventuell aus doch nicht allzu lebensbedrohlichen Situationen geflohen sind? Für die weltweiten Flüchtlingsbewegungen wird es keine einfache Lösung geben. Weder ein „Kommt alle zu uns“ noch ein „Geht zurück, wo ihr hergekommen seid“ ist ein tragfähiges Konzept.
Vermutlich wird auch kein Weg daran vorbeiführen, dass es eine Gemeinschaft von Menschen ist, keine Einzelnen, die hier für Auswege sorgen können – seien es nun Vereine oder internationale Hilfsorganisationen. Der Einzelne kann sich hier – freiwillig und nach seiner eigenen wahrgenommenen Verantwortung durch Mitarbeit oder Spenden – beteiligen. Staatlicher Zwang, garniert mit christlichen Beispielen und verschärft durch Rassismus- und Nazikeulen gegen die Kritiker, ist aber sicher kein langfristig tragfähiger und akzeptabler Ansatz
Gregor Kühn
Der für mich bisher beste und ausgewogenste Kommentar zu diesem Thema – zeugt von einem wohltuend reflektierenden und ernsthaften Christsein
Dieter Schrader
Es ist sehr erfreulich, daß Sie Herr Honekamp sich mal wieder zu Wort melden. Was mich bei diesem Thema stört, ist die Art und Weise, wie uns von Politikern aller Couleur ( ausgenommen die der AfD) pausenlos ein schlechtes Gewissen eingeredet wird, wenn man die Hilfsmaßnahmen gegenüber den Flüchtlingen aus Moria kritisch gegenüber steht. Mit keinem Wort wird erwähnt, daß mit ziemlicher Gewißheit die Brandstiftung durch die Flüchtlinge selbst geschehen ist, um die EU zu zwingen
Flüchtlinge aus diesem Lager aufzunehmen. Die Tatsache, daß fast alle Flüchtlinge nach Deutschland wollen, sollte uns auch zu denken geben. Aber ich fürchte, daß auf der Klaviatur öffentlichen Druck zu erzeugen, weiter gespielt wird. Und fast alle Medien spielen da mit. Und wer hält auf Dauer ein „schlechtes Gewissen“aus, das
Ihm von interessierten Gruppen gemacht wird. Solange es Flüchtlingslager gibt, wird es diese Debatte geben. Ich habe auch keine Lösung parat, aber die Lager aufzulösen, und unsere Grenzen wieder zu öffnen kann auch keine Lösung sein.
Evangele
Pfarrer Achijah Zorn zeigt in einer Glosse wie von vielen kirchlich motivierten Funktionären das Gleichnis vom barmherzigen Samariter abgewandelt und pervertiert wird:
Ein Mann war unter die Räuber gefallen, das war auf dem Weg zwischen Jerusalem und Jericho. Da kam einer, lud ihn auf sein Lasttier und brachte ihn in die Stadt. Dort machte er großes Aufheben von seiner Barmherzigkeit und ließ sich feiern.
Dann rief er in die Stadt: „Hier bringe ich euch einen Mann, der unter die Räuber gefallen ist, etwas entfernt vor euren Toren. Ihr müsst ihn pflegen und bei euch behalten und ihm förderhin geben, was er zum gelingenden Leben in eurer Stadt benötigt.“
Da sprachen die Leute von Jericho: „Hast du nicht selbst genug, um für diesen aufzukommen, den du gerettet hast?“
Da sprach jener: „Von meinem Geld will ich lieber ein zweites Lasttier kaufen, um damit weitere Beklagenswerte zu euch zu bringen. Denn die Not da draußen ist unermesslich. Ich werde weiter das Gute tun. Nun seid ihr dran.“
Da wollten einige Leute aus der Stadt sein Lasttier an die Leine legen. Da schrie jener mit erboster Stimme: „Ihr Schlangenbrut! Euer Egoismus schreit zum Himmel. Ich werde euch so viele Beklagenswerte bringen, bis ihr endlich so gut werdet wie ich.“ Und er ging selbstsicher seiner Wege.
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/glosse/die-geschichte-vom-unbarmherzigen-samariter/
Evangele
Danke für den sachlichen und ausgewogenen Kommentar!
Lehrer Lämpel
Also, ich bin schon damit einverstanden, dass eine begrenzte und für das deutsche Land und Volk verkraftbare Zahl von Flüchtlingen aus besagtem Lager hier aufgenommen werden und ihnen dauerhaft geholfen wird – auch mit meinen Steuermitteln, die dafür z. T. an anderer Stelle fehlen werden.
Parteien, die dies m. E. so tun und umzusetzen versuchen, wie CDU und CSU unterstütze ich deshalb und werde sie (CDU) deshalb auch wieder wählen.