Bietet die Kirche und ihre Vertreter den Menschen noch Orientierung? Und wie könnte diese aussehen, wie muss sie aussehen?
Es gibt durchaus unterschiedliche Vorstellungen zu der Frage, wozu die Kirche eigentlich da sein soll. Ich selbst würde sie am ehesten mit dem Evangelisierungsauftrag Jesu in Verbindung bringen und weiß mich da auf der Seite von Papst Benedikt XVI., der das mal sehr prägnant so formuliert hat: „Der Zweck der Kirche ist die Evangelisierung!“ Jesus selbst hat es nach seiner Auferstehung noch deutlicher zu seinen Jüngern gesagt: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“ (Matthäus 29,19-20a) Was sollte ein vornehmerer Zweck der Kirche sein?
Grundvollzüge der Kirche
Nun kann man sich aber wiederum über die Mittel unterhalten, die die Kirche für diese Evangelisierung nutzen kann. Zu den drei Grundvollzügen der Kirche gehört neben der „Liturgia“ (Feier des Gedächtnisses von Leben, Sterben und Auferstehung Jesu, im Wesentlichen in der Heiligen Messe) und der „Diakonia“ (der Dienst am Notleidenden) vor allem das „Martyria“, das heißt die Verkündigung der frohen Botschaft und das Zeugnis bzw. Bekenntnis dieses Evangeliums. Dabei stützt sich die Kirche auf die Bibel, dann aber auch auf das Zeugnis der Apostel und die Überlieferung. Damit sind Zweck und Inhalt der Kirche bzw. der Gemeinschaft der Gläubigen eigentlich schon vollumfänglich beschrieben.
Denn wie gelingt es, als Mensch andere Menschen zu Jesus zu führen? Natürlich, indem wir unseren Gott, den Vater im Himmel, den Sohn und den Heiligen Geist ausgelassen, friedlich und in hohem Vertrauen auf sein Wirken feiern. Und natürlich auch, in dem wir als Christen dem Nächsten in der Not helfen, nicht weil es von uns verlangt würde oder weil wir eine Gegenleistung erwarten, sondern einfach weil es richtig ist, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Und das weist schon auf den wesentlichsten Punkt hin, ohne den das andere kaum einen Wert hätte: Das Zeugnis! Wir feiern nicht einfach so, sondern Gott. Wir helfen auch nicht „einfach so“, sondern den Nächsten als Geschöpf Gottes – und wir folgen Christus, gelegen oder ungelegen.
Das Zeugnis macht den Unterschied
Dieses Zeugnis, das „Martyria“, ist es, was den Unterschied macht, was einen Christen von anderen Menschen, die ja auch ohne Glauben an den Dreieinen Gott durchaus gute Menschen sein können, unterscheidet. Wir sind anders und wir folgen der Aufforderung des Apostels Paulus, uns nicht dieser Welt anzupassen, sondern lassen uns von Gott verändern, damit unser ganzes Denken neu ausgerichtet wird. Nur dann können wir beurteilen, was Gottes Wille ist, was gut und vollkommen ist und was ihm gefällt. (vgl. Römer 12,2) DAS ist die christliche Orientierung, unser Nordstern, der uns den Weg weist: es ist Christus selbst, bezeugt in der Heiligen Schrift, in der Geschichte der Kirche und immer wieder auch durch die Heiligen.
Dass das Zeugnis wirksam wird, das es als solches verstanden werden kann, dafür sind immer auch mal wieder neue Mittel und Medien notwendig. Veränderungen den Zeitläuften sind es, die uns aufzeigen, dass man an den Kommunikationsmitteln „feilen“ muss. Geistliche Bewegungen, wie sie immer wieder auftauchen, sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich das Zeugnis auch in heutiger Zeit – also mit modernen Mitteln wie dem der Musik, vor allem des Lobpreises, oder auch veränderten Gebetsformen – vermitteln lässt.
Fabeleien
Aber auch wenn wir in diesen Tagen gefühlt eher in einem modernen Schnellboot unterwegs sind und nicht mehr in einem Luxusdampfer, und zukünftig vielleicht in irgendeiner Art Raumschiff – die Orientierung ist die gleiche: Gott ist es, an dem wir uns ausrichten und – so viel Abgrenzung muss dann schon sein – nicht an den Wünschen der Menschen, wie eine Kirche vielleicht aussehen sollte. Um noch mal Paulus zu zitieren:
Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Begierden Lehrer sucht, um sich die Ohren zu kitzeln; und man wird von der Wahrheit das Ohr abwenden, sich dagegen Fabeleien zuwenden. Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verrichte dein Werk als Verkünder des Evangeliums, erfülle treu deinen Dienst! (2. Timotheus 4,3-5)
Das ist der Anspruch – „billiger“ ist die Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi nicht zu haben, auch wenn es vermutlich schon zu allen Zeiten Menschen gegeben hat, die aus dem einen oder anderen Beweggrund Fabeleien erfunden und aktuelle Entwicklungen, sogenannte „Zeichen der Zeit“ als Erkenntnisgrundlage genutzt haben, um die Menschen für eine Kirche zu interessieren, die sich an ihren Wünschen orientiert und nicht an dem, „was Gottes Wille ist, was gut und vollkommen ist und was ihm gefällt.“ In dem einen oder anderen Fall mag so ein Vorgehen sogar verfangen … es ist aber dann kein christliches Zeugnis, sondern lediglich die „Werbung“ für eine kirchenähnliche Institution, die sich zum Schein noch auf Jesus Christus beruft, ohne sich an ihm zu orientieren.
Orientierungslosigkeit und Orientierung
Wer so agiert, vor allem, wenn es jemand in führender Rolle in dieser Kirche tut, sorgt für Orientierungslosigkeit, wenn postuliert wird, dass heute etwas wahr sein soll, was gestern noch falsch, gut, was gestern noch Sünde war. Wer so agiert, spaltet, der sammelt nicht, der zerstreut (vgl. Matthäus 12,25;30). Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Orientierungslosigkeit aufgrund der Vielzahl der Aspekte, an denen man sich zu orientieren versucht, galoppierend zunimmt. Und – um ein Bonmot aus dem vergangenen Jahrhundert zu zitieren: „Nachdem wir das Ziel aus den Augen verloren haben, haben wir unsere Anstrengungen verdoppelt“ – anders kann ich manche Entwicklungen wie die des sogenannten „synodalen Weges“ oder Interviewäußerungen in Deutschland führender Kleriker kaum interpretieren.
Und was ist dann nun der Weg für uns als Katholiken, die den Orientierungspunkt nicht verlieren wollen? Schauen wir auf Jesus, nehmen wir ihn und die Apostel als Beispiel, schauen wir auch auf die Heiligen, die in den Wirrnissen ihrer Zeit nicht die Orientierung verloren haben. Und vor allem, feiern wir die Sakramente, helfen wir (auch geistlich) Notleidenden und vor allem: Geben wir Zeugnis, jeder in seinem Stand, jeder in seinem Umfeld, jeder in dem ihm möglichen Maß. Mit Gottes Hilfe wird die Kirche auf diese Weise nicht untergehen (wenn man mal von der Körperschaft öffentlichen Rechts absieht, um die es im Grunde nicht schade wäre) – Jesus wird sie nicht untergehen lassen.
gerd
https://gut-katholisch.de/kommentar/ueberleben-im-sturm/
„Den Bischöfen in der Heiligkeit voraus zu sein, ist keine Sünde.“
Lehrer Lämpel
Zumindest EIN lebender deutschstämmiger Bischof, von dem ich immer wieder gerne lese und höre:
http://kath-ru.blogspot.com/?m=1