Natürlich lassen sich Bilder, gerade in der Flüchtlingspolitik, instrumentalisieren. Aber sie können auch klären und verdeutlichen.
Gestern hatte ich noch das Hohelied auf die Vernunft gesungen. Heute rudere ich auch nicht zurück, sondern möchte das Bild um einen Aspekt ergänzen: Denn weltliche Logik entspricht nicht zwingend der Logik Gottes, bei der das Weltbild erweitert wird um die Dinge, die sich außerhalb des Materiellen abspielen. Insofern muss unser Glaube in sich logisch sein – für manchen stellt schon der Glaube an Gott eine mangelnde Logik dar, das bedeutet aber nicht, dass der Glaube in sich unlogisch sein muss. Da ist dann auch das Thema Barmherzigkeit wieder gefragt – eine Barmherzigkeit, die nicht in Unlogik enden sollte, sondern diese ergänzt. Etwas platt gesagt: Barmherzigkeit als Teil der Logik Gottes! Kritisch wird das erst, wenn die Interpretation der Barmherzigkeit die Vernunft untergräbt, wie ich das in meinem Beitrag von gestern zu verdeutlichen versucht habe.
Das Thema Vernunft und Logik spielt auch bei der Flüchtlingskrise dieser Tage eine große Rolle. Da stellt sich die Frage, ob es vernünftig ist, langfristig haltbar, die Grenzen für möglichst viel Menschen zu öffnen, wohl wissend, dass viele von ihnen nicht wirklich Flüchtlinge sind, sondern „nur“ vor widrigen Lebensumständen fliehen? Ist es vernünftig – je nach Schätzung – Millionen von Menschen aus anderen Kulturräumen aufzunehmen, bei denen man nicht ernsthaft davon ausgehen kann, dass man sie alle in die bestehende Gesellschaftsordnung oder wenigstens den Arbeitsmarkt integrieren kann? Diese Art der Vernunft ist allerdings eine weltliche, die andere Fragestellungen nicht in Betracht zieht.
Und wenn Barmherzigkeit zur Logik Gottes gehört, dann können einen Bilder wie das hier verlinkte, dass ich über einem Bericht mit dem Titel „Es ist eine Frage der Zeit, wann das erste Baby erfriert“ und mit dem Untertitel „Flüchtlingskinder essen am Mittwoch auf einer Wiese an der deutsch-österreichischen Grenze in Österreich vor Wegscheid und warten auf ihre Einreise nach Deutschland.“ gefunden habe, schon zweifeln lassen. Es braucht schon ein Herz aus gehärtetem Stahl, wenn einem das kleine Mädchen, das in der Kälte sitzt und aus einem Plastikteller isst, in etwa im Alter meiner eigenen Tochter, nicht den Ansatz von Tränen in die Augen treibt. Mir erscheint, und ich bin mir der mangelnden Rationalität meines subjektiven Empfindens durchaus bewusst, es einfach nicht vernünftig, so zu tun, als gäbe es dieses Mädchen nicht, oder den toten Jungen, dessen Bild vor ein paar Wochen durch die Presse ging und der heute schon wieder fast vergessen ist.
Ob das Mädchen und seine Familie Anspruch auf Asyl haben? Ich weiß es nicht, genau so wenig weiß ich, ob die Eltern verantwortlich gehandelt haben, als sie ihren Kindern die Flucht zugemutet haben. Ich kenne auch die Berichte vom hohen Anteil allein reisender muslimischer Männer, die in Europa und mit Schwerpunkt Deutschland Asyl beantragen. Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Zahlen, und es kann einem Angst und Bange werden, wenn man sich vorstellt, welche kulturellen Auswirkungen eine Völkerwanderung aus den Kriegs- und Armutsgebieten dieser Welt bedeuten kann. Und ich weiß auch, dass Bilder wie das von dem Mädchen instrumentalisiert werden, um für eine liberale(re) Flüchtlings- und Einwanderungspolitik den Boden zu bereiten.
Aber ist es deshalb vernünftig, diese Bilder einfach zu vergessen, so zu tun, als ob es keine echten Flüchtlinge, Männer, Frauen, kleine Kinder, gäbe? So zu tun als ob es auf der Welt nicht echte Fluchtgründe gäbe, die auch mich selbst antreiben würden, meine Familie zu packen und abzuhauen? Leider gibt es diejenigen, die die Flüchtlingspolitik missbrauchen, leider gibt es Asylmissbrauch. Aber ist es vernünftig, aus diesem Grund gleich an den Grundlagen der Asylpolitik zu schneiden?
Ich bin weiterhin ein Gegner der „Wir schaffen das!“-Doktrin der Kanzlerin, einfach weil ich nicht weiß, ob und wie wir es schaffen, ich weiß nicht mal genau, was wir da schaffen sollten und ob es zukünftig einen Konsens darüber geben wird, was wir uns bemühen wollen zu schaffen. Aber auch wenn ich Kollektivismen nicht mag: Wenn wir es nicht schaffen, dem Mädchen auf dem Bild ein Dach über dem Kopf zu geben, wenn wir es nicht schaffen, eine menschenwürdige Lösung für sie und ihre Familie zu erreichen, wenn sich der Titel des Beitrags tatsächlich erfüllen sollte, und die ersten kleinen Kinder von Flüchtlingen in Mitteleuropa erfrieren, dann haben wir als Gesellschaft, die viel auf ihre christlich-abendländische Kultur hält, versagt. Es kann ja gerne jemand versuchen mir zu erklären, warum es vernünftig und damit richtig und gut sein sollte, diese Kinder ihrem Schicksal zu überlassen.
Konrad Kugler
Wer hat die Schuld am Tod von Aylan Kurdi und wer hat das kleine Mädchen in diese Situation gebracht? Es sind die Eltern.
Gab es jemals Flotten,die vorsorglich ausliefen, um Verrückte vor dem Ertrinken zu retten?
Ganz Europa flennt wegen des ertrunkenen Aylan, dabei werden allein in DE täglich, statistisch erfaßt, 300, i. W. dreihundert Kinder vor ihrer Geburt umgebracht. Komme mir keiner damit, ich wäre zynisch. Die Seele des kleinen Aylan ist jetzt sicher (!) im Paradies, vor dem Gottes Engel mit dem Flammenschwert wacht. Natürlich stehen ihm keine 72 Jungfrauen zur Verfügung. [ahem] Für Allerlösungsnarren ist diese Vorstellung vermutlich unbekömmlich. Dann kann man sie aber auch nicht dazu ermuntern, statt mit den Muslimen das Fasten zu brechen, mit ihnen zu fasten. Bei Brot und Wasser, wie zu alten Zeiten und in Medjugorje von der Gospa angemahnt. Kein Hunger, kein Durst den ganzen Tag! Und die Wunderwaffe Rosenkranz dazu.
Nicht Lepanto anno dazumal, sondern Österreich umera 1955, als die Sowjets abzogen. Freiwillig noch dazu. Ein echtes Wunder! Durch den RK-Sühnekreuzzug. Und gläubige Politiker!!!
Papsttreuer
Lieber Herr Kugler, kann man denn um Aylan nicht auch dann weinen, wenn seine Eltern Verantwortung tragen? Und kann man sich nicht um das Mädchen sorgen, auch wenn man nicht verantwortlich ist, dass sie in der Kälte sitzt?
Nebenbei, mit Verlaub: Sie wollen aber nicht mir vorwerfen, ich weinte um Aylan und vergesse dabei die rund 100.000 im Mutterleib getöteten Kinder pro Jahr in Deutschland? Eine kleine Linkliste hier: https://papsttreuerblog.de/category/gesellschaft/lebensrecht/ Ich trauere um beide Fakten und die dahinter stehenden Kinder und Schicksale.
Gottes Segen für Sie und noch einen gesegneten Allerheiligensonntag!
Molot
@Felix Honekamp
„Und wenn Barmherzigkeit zur Logik Gottes gehört….“
Barmherzigkeit zu Lasten und auf Kosten Anderer ist keine! Es steht Ihnen, ebeso wie jedem anklagenden Journalisten, jederzeit frei, das kleine Mädchen zu beherbergen und zu verköstigen. Der Mann aus Samaria hat damals auch den Wirt von seinem eigenen Geld bezahlt und ihn nicht unter Androhung von Gewalt gezwungen, den Wanderer zu versorgen.
Papsttreuer
Danke für den Hinweis. Wenn Sie meinen Blog kennen, werden Sie aber feststellen, dass ich hier nicht von einem Zwang spreche, sondern von einem Unverständnis, wenn Menschen an solchen Stellen meinen, sie trügen keine moralische Verantwortung – und meine Adressaten sind auf meinem Blog in erster Linie Christen. Eine rechtliche, irgendwie einklagbare Verantwortung gibt es natürlich nicht, und darum halte ich auch nichts davon, wenn wir als Gesellschaft plötzlich staatlicherseits verpflichtet werden, wohltätig zu sein und „es zu schaffen“. Wohl aber meine ich, dass Probleme wie die, die jetzt vor der Tür stehen, nicht von Einzelnen gelöst werden können, und man sich fragen muss, ob es ausreichend Menschen geben würde, die sich aufgefordert fühlen, sie anzugehen, ob mit Geld, Obdach oder anderen Hilfen. In diesem Sinne haben Sie Recht: Erzwungene Barmherzigkeit (und das meint ja Ihr „Barmherzigkeit zu Lasten anderer) ist keine!
Gottes Segen!
Molot
„…ob es ausreichend Menschen geben würde, die sich aufgefordert fühlen, sie anzugehen, ob mit Geld, Obdach oder anderen Hilfen…“
Und wenn die Antwort negativ ausfällt? Was sollte dann die Konsequenz sein, Ihrer Meinung nach? Wenn ich Sie richtig verstanden kabe, dann soll „die Gesellschaft“ in der Verantwortung stehen. Diese verfügt aber über keine eigenen Mittel, nur über solche, welche sie Ihren Mitgliedern gewaltsam weggenommen hat.
Papsttreuer
Ihre Frage – vielen Dank dafür – zielt genau in die Richtung, in der meine Argumentation im bestehenden Kontext Schwächen hat. Ich habe daher versucht, das hier noch mal ein bisschen zu detailieren: https://papsttreuerblog.de/2015/11/03/freiheit-und-verantwortung-solidargemeinschaft-oder-sozialstaat/
Gottes Segen!