Ob man das als demokratisch bezeichnet eine andere Frage. Sicher ist: Mission geht uns alle an.

Bild: Hajo Rebers / pixelio.de
Wenn sich bei lehramts- und damit schrifttreuen Katholiken bei einem Thema die Zehennägel aufrollen, dann bei der immer mal wieder formulierten Forderung nach „mehr Demokratie in der Kirche“. Was unter dem Deckmantel einer für unhinterfragbar gehaltenen politischen Ordnung nicht selten gefordert wird, ist die Auflösung aller Glaubensinhalte zugunsten einer Wünsch-Dir-Was-Religion: Eine Mehrheit lehnt die Unauflöslichkeit der Ehe ab? „Fott damet!“ Die Heilsnotwendigkeit der Kirche ist einem Großteil nicht mehr vermittelbar? Ab damit auf den Müllhaufen der Geschichte! Die kirchliche Lehre zum Lebensschutz steht der Freiheit der Frauen und der Selbstbestimmung der Menschen im Weg? Dann kann sie ja nicht richtig sein.
Demokratisierung?
Das vorweggeschickt kann ich aber Entwarnung geben: Was im Mission Manifest als „Demokratisierung“ der Mission gefordert und beschrieben wird, hat mit diesem Anspruchs-Limbo, bei dem auch derjenige als glaubenstreu gehandelt wird, der sich mit Bibel, Katechismus und dem Glauben an die Dreifaltigkeit schwer tut, von Moral- und Sakramentenlehre wollen wir gar nicht erst anfangen, nichts zu tun. Da kann man sich streiten, ob der Titel dann so glücklich gewählt ist, aber was gemeint ist, bezieht sich mehr auf den Begriff des dēmos anstatt auf den der Demokratie. Laut Wikipedia bezeichnet dēmos im Griechischen ursprünglich die Dorfgemeinde als „die kleinste Verwaltungseinheit innerhalb einer antiken griechischen Polis. […] Der Begriff geht auf das Zusammensiedeln einzelner Sippen zurück und bezeichnet eine Gemeinde, gemeinhin auch das Volk. In der Regel wurde damit ferner die Gesamtzahl der Vollbürger einer Polis (also die Bürger im Besitz der vollen Bürgerrechte) bezeichnet, die […] an der Volksversammlung teilnehmen konnten.“ (Wiki)
Das allerdings passt dann sehr gut zur Frage der Mission. Denn Katharina Fassler, die Autorin zur 9. These des Mission Manifest mit dem Titel „Wir brauchen eine ‚Demokratisierung‘ von Mission“ weist auf einen Missstand der Kirche zu Recht hin: Ein nicht kleinzukriegender Klerikalismus, der es den Priestern und Bischöfen, höchstens noch den „Festangestellten“ der Kirche, überlässt, für den Glauben und diese Kirche einzutreten. Dabei ist Mission eben ein Auftrag, den auch der normale Gläubige von Jesus mit auf den Weg bekommen hat. Das allerdings, und darum ist diese These keine Selbstverständlichkeit, setzt auch eine gegenseitige Akzeptanz von Priestern und Laien voraus. Jeder hat hier seine Stärken, darum ist es nicht verwunderlich, wenn jeder auch andere Sachen mehr oder weniger gut kann. Stattdessen ist aber offenbar am Ende vielfach die Befürchtung zu fühlen, dass man sich gegenseitig „die Butter vom Brot nimmt“. Nimmt man dem Priester nicht etwas weg, wenn man als Laie sein eigenes Missionsprojekt – sei es ein Gebetskreis, sei es eine andere „Glaubensaktion“ – aufzieht? Und darf man als Laie eigentlich ein Projekt starten, dass zwar gutkatholisch ist, aber dessen Erfolgsaussichten der Gemeindepriester nicht sieht?
Gemeinschaft der Heiligen
Eine solche Diskussion und die damit einhergehenden Abstimmungsrunden – von der Beteiligung von Kirchengremien gar nicht zu reden – blockieren Mission, auch weil sie Blockaden im Kopf errichten. Dabei wäre es einfach: Jeder nach seinem Stand tut was er kann, und wo er Lücken sieht unterstützt ihn der Andere. Wenn es um beinharte Theologie geht, dann ist – hoffentlich – der Priester besser ausgerüstet, wenn es um Erfahrungen mit speziellen Lebenssituationen geht (Herausforderungen am Arbeitsplatz, Schwierigkeiten in der Kindererziehung, Eheprobleme) dann sind Laien meistens – nicht immer – näher dran. Und weil das so ist, müssen beide Stände das Bild der Kirche von außen prägen.
Wer als Interessierter oder als Kritiker Kirche nur in der Person von Priestern und Bischöfen und der Angestellten im Pfarrbüro erlebt, bei dem muss man sich nicht wundern, dass er so schnell nicht seinen Platz in dieser Gemeinschaft der Heiligen zu sehen in der Lage ist. Wer aber die Gemeinde, den „dēmos“ der Kirche sieht, der bekommt leichter eine Vorstellung davon, dass er keine Sorge haben muss, da hinein zu passen egal aus welchen sozialen, wirtschaftlichen oder auch familiären Verhältnissen er stammt. Die Kontaktfläche zur Kirche vervielfacht sich unglaublich, wenn es eben nicht nur das „Bodenpersonal“ der Kirche ist, dass sich präsentiert, sondern die ganze Gemeinde.
Vision eines Pfarrhauses
Wie aber schafft man das? Fassler beschreibt das vielleicht am präzisesten in Ihrer Vision von einem ansonsten verwaisten Pfarrhaus, in dem eine katholische Familie ganz normal ihrem Leben nachgeht, inklusive Morgen- und Abendgebet, Rosenkranz, Bibellesung etc. Der Unterschied: Sie lädt die Gemeinde dazu ein – eine offene Tür der Kirche, nicht in ein steriles Pfarrheim oder in den Empfangsraum des Priesters sondern zu einer missionarischen Familie. Niemand muss kommen, aber alle sind eingeladen. Das ist von der – insbesondere deutschen – Wirklichkeit ein ganzes Stück entfernt, das Einladen von Nachbarn und weniger Bekannten gehört wohl nicht zu unseren Stärken, aber das Bild wird klar. Man muss gar nicht viel machen, man muss nur seinen Glauben leben und andere daran teilhaben lassen. Was könnte wichtiger sein als das Zeugnis und der Austausch?
Nebenbei bleibt das Pfarrhaus so nicht nur bewohnt sondern auch Anlaufstelle für spirituelle Fragestellungen, auch dann wenn der Priester in Großgemeinden nicht vor Ort ist. Der darf – und sollte regelmäßig – auch vor Ort sein, getragen wird das aber von der oder den im Pfarrhaus lebenden Familien und der gesamten Gemeinde. Ganz ehrlich: Mir kribbelt es in den Fingern, so etwas auch zu machen, abgespeckt, „eingedeutscht“ zwar, aber doch: Wieso sollte man nicht – natürlich nur wenn man die Möglichkeit hat – als Kirchgänger eine Einladung an die Gemeinde aussprechen zum abendlichen Grillen? Vielleicht nicht gleich die ganze Gemeinde, aber andere Familien, die man sowieso regelmäßig in der Kirche sieht? Oder andere Menschen gleicher Altersklasse? Oder gerade unterschiedlicher Altersklasse? Gestaltungsmöglichkeiten gibt es ausreichend, es braucht nur den Mut, nach vorne zu gehen.
Anziehende kleine Gemeinschaften
Und hat man diesen ersten Schritt erst mal getan, wieso dann nicht auch ein kleines geistliches Programm aufsetzen: Gebet vor dem Essen als Selbstverständlichkeit, aber vielleicht auch eine kleine Betrachtung in eine Begrüßung durch den Gastgeber einbauen? Vielleicht einen kleinen Impuls setzen durch ein zusätzliches Gebet. Alles, was anziehend wirken könnte. Und beim nächsten mal lädt man auch noch Leute ein, die dem Glauben eher skeptisch gegenüberstehen – nicht um sie zu bekehren (im Sinne eines Proselytismus), sondern um Zeugnis zu geben. Am Ende wäre damit Fasslers, bislang als Vision beschriebene, Vorstellung erreicht:
Die Kirche und ihre Mitarbeiter haben es geschafft, neue Wege zu gehen und aus alten Strukturen neue, zeitgemäße und menschengerechte Strukturen für eine erneuerte katholische Kirche zu entwickeln. Gewachsen sind vor allem kleine, gesunde Gemeinschaften, die andere anziehen.
Den dēmos stärken
Für manche mag das hier skizzierte (erinnert ein bisschen an Hauskirche) nicht neu sein. Neu ist aber vielleicht vor allem der missionarische Charakter, die Ausrichtung darauf, dass man nicht nur im Kirchengebäude und beim Priester Kirche erfahren kann sondern bei ganz normalen Gläubigen. Jedenfalls wird so die Forderung nach einer „Demokratisierung“ der Mission nachvollziehbar, Demokratie in der Mission sollte der Normalfall sein. Dass sie es nicht ist, zeigt nur die Notwendigkeit des Mission Manifest, und sollte uns darin bestärken, den dēmos in der Mission zu stärken.
akinom
Es gibt soviel Wege in den Himmel, wie es Menschen gibt! Da sind alle gefordert, sich auf den Weg zu machen!
Ein „offenes Pfarrhaus“ habe ich in der evangelischen Gemeinde Essen-Rellinghausen erlebt. in das die Familie Quaas regelmäßig (- ich meine es war an einem Sonntag monatlich -) eingeladen hatte. Man konnte dazu auch – musste es aber nicht – Kuchen, Knabbereien oder Schnittchen mitbringen. Gerne nahmen auch mein katholischer Mann und ich dieses Angebot hin und wieder an. In Listen eintragen oder sich anmelden musste niemand.
Der Häbräerbrief mahnt: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“
Konrad Kugler
Es ist sicher nicht damit getan, einzelne Seelen für den Glauben anzuwärmen. Die Fundamente sind zerstört, das Versagen unseres Klerus und der Theologen ist dafür verantwortlich. Sie sind dem ominösen „Geist des Konzils“ aufgesessen, der garantiert nicht der Heilige Geist ist, sondern Lutherismus.
Liebe Frau @akinom, ein bekannter ev. Theologe hat sich einmal über der Begriff Protestant beschwert. Ich akzeptiere das und spreche dafür von Lutheristen. Das erscheint mir genauer, weil wir ja immer noch eher Papisten sind.
Übrigens hat dieser GdK dem Luthertum noch weit mehr geschadet als der rk Kirche. und der Schaden ist bei uns astronomisch. Glaubensgemeinschaften vertragen keine Neuerungen, weil sich diese wie Revolutionen auswirken. Innerhalb von 5 – 6 Jahren nach dem Konzil hat sich der Meßbesuch bei uns halbiert. Und bis 1978 haben über 30 000 Priester ihr Amt aufgegeben, weil ständig von der Aufhebung des Zölibates geschmarrt wurde. Und es ist doch gerade ein Naturgesetz, wenn ein Mann weibliche Proportionen mit Interesse studiert, daß er damisch wird.
Ich bin seit 50 Jahren mit einer ev Frau verheiratet.
Nicht das Theologengerede, nur das Gebet füreinander hilft.
akinom
Besonders Ihren letzten Satz, Herr Kugler möchte ich unterschreiben und praktizieren. Das finde ich besonders auch in einer konfessionsverschiedenen Ehe
vonnöten! Darüber hinaus liebe ich die Fragezeichen und bin gegen aggressive Ausrufungszeichen allergisch. Evangelischen Christen möchte ich keinesfalls unterstellen, Katholiken als „Papisten“ zu bezeichnen und schon gar nicht mit dem Begriff „Lutheristen“ kontern.
Ihnen und Ihrer Frau empfehle ich das das Buch des mir nahe stehenden Priesters Peter Blank „Luther und seine Zeit“. Es versucht, einen knappen redlichen Überblick der Zeit Martin Luthers nachzuzeichnen, wobei der Autor weitgehend auf persönliche Wertungen verzichtet. Es möchte katholischen und evangelischen Christen zusätzlich Stoff und Anregung für die persönliche Reflexion für das Gespräch über ihren Glauben bieten.
Es ist mit Neuerscheinungen im Jahr 2017-2018 beim Christiana-Verlag im Fe-Medienverlag erschienen, hat 192 Seiten und kostet 6,59 Euro. (07563-608998-0
)
Stefan Schmidt
Ich finde, dass das eine These ist die eigentlich stelbstversändlich sein sollte.
Also nicht das mit der offenen Wohnung, aber, dass man die Mission (uiuiui böses Wort) auch zum Teil des eigenen Lebens machen sollte.
Eine schöne Vision in kleineren Kreisen in der Gemeinde sich gegenseitig einzuladen und mit Gastfreundschaft zu beschenken, und da auch gemeinsam Glaube und dessen Rituale in Alltagssituationen zu leben.
Das Gebet vor dem Essen fällt schwer?
Vielleicht ist es ein guter Einstieg es mit anderen Glaubenden zu tun, beim gemeinsamen Essen.
Gemeinsam auch im Privaten gesellig sein.
Wie heißt es noch in der deutschen Übersetzung des Evangeliums, Jesus machte was Wasser Bier, oder so ähnlich hieß das doch. :D Ein Grillabend ist also ein guter Anfang.
Meiner Meinung nach könnte das eben auch ein guter Berührungspunkt sein für uns mit glaubensfernen Menschen in Kontakt zu kommen, ganz ungezwungen.
„Hör mal, wir machen bei mir einen Slow Food Abend, mit Leuten aus der Gemeinde, es wird auch religiöses geben, aber es ist auch eine entspannte Atmosphäre vielleicht können wir uns da ja gut begegnen. Achja das Essen ist natürlich Ayuveda Paleovegan Low Carb…blablabla“
So oder so ähnlich. :D
Die Basis, also wir Laien, können nicht Christen, denke ich, auch viel besser vermitteln was eben für uns Glaube im Alltag ist.
Das ist eher die Perspektive die Konvertiten haben werden, für die eine klerikale Perspektive vielleicht eher erstmal fremd ist.
Zuletzt möchte ich Ihnen einmal danken für die Vorstellung von Mission Manifest.
Ein interessantes Schriftstück, ich hatte durch Videos von der Mehr Konferenz davon erfahren, vielleicht lese ich es mal selbst.
Einen schönen, sonnigen Tag wünsche ich noch. ;-)
Der freundliche Protestant von neben an :D