Kein philosophischer Text … eher ein nachdenklicher: Gehört es zu einer freiheitlichen Denkweise, Pornografie zu tolerieren, oder gehört dessen Verbreitung verboten?

Ich gebe zu, ich hatte mir gedacht, dass mein Beitrag zum Thema Pornografiesucht nicht gänzlich unbeachtet bleiben würde, aber die Rückmeldungen, vor allem die Zeugnisse, haben mich doch überrascht. Sollte noch jemand denken, dass ganz sei doch nur ein Problem einer kleinen, eher schmuddeligen und glaubensfernen, Minderheit, sieht sich hier (nicht repräsentativ aber doch durch die Aussagen) widerlegt.
Starbucks unterbindet Pornografie
Da ist es gut, sich neben dem Schutz des eigenen Seelenheils auch Gedanken über den generellen Umgang der Gesellschaft mit Pornografie im Speziellen aber auch der Sexualität generell zu machen. Wie um das zu bestätigen, gingen in dieser Woche Berichte durch die Medien, die amerikanische Kaffee-Kette Starbucks werde in seinen Filialen, die mit einem freien W-LAN ausgestattet sind, Pornografiekanäle sperren.
Wie bei kath.net berichtet wird, ist dies auch Ergebnis einer Kampagne „Enough is enough“, die sich zum Schutz von Kinder und Familien gegen die Verbreitung von Pornografie in der Öffentlichkeit einsetzt. Starbucks folgt damit dem Beispiel von McDonald’s, aber auch Unternehmen wie Facebook oder Apple, die Pornografie in ihrem Angebot zu unterbinden versuchen.
Familien- und Kinderschutz
Als Christ erfreut mich diese Entwicklung natürlich: Kaum ein Thema ist für die Entwicklung von Familien und Kindern so entscheidend wie der richtige Umgang mit der Sexualität. Wir werden unsere Kinder vermutlich nicht vor jedem Schmutz bewahren können, da ist es an uns, sie vorzubereiten und zu stärken. Das sollte aber nicht bedeuten, dass wir sie „kampflos“ diesem Schmutz ausliefern müssen. Den meisten wird der Gedanke, in einem öffentlichen Restaurant in dessen W-LAN pornografische Bilder oder Filme anzuschauen, abwegig erscheinen, das ist es aber für Abhängige leider nicht.
Und abgesehen von deren eigenen „Konsum“ besteht immer die Gefahr, dass andere, vor allem Kinder, mitschauen. Zudem besteht die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche, die zu Hause aufgrund von Internetfiltern und –sperren so etwas nicht schauen können, sich dann eben ein öffentliches Netz suchen. Gespeichert sind die Bilder dann schnell – im Kopf und auf dem Handy, und schon sind sie in der Welt und richten Schaden an.
Verbot?
Nicht neu ist darum auch der Ruf nach einem Pornografieverbot. Pornografie schadet – den Nutzern wie den Darstellern, die in aller Regel nicht wirklich freiwillig an solchen Produktionen mitarbeiten, wobei die dahinterliegenden Zwänge vielleicht auch „nur“ wirtschaftlicher Natur sind. Dass das Thema immer mal wieder auf der Agenda steht, gehört wohl auch zu den Besonderheiten unserer Kultur: Einerseits macht man sich daran, alles und jedes tolerieren zu wollen, andererseits hat man gesamtgesellschaftlich zum Glück noch nicht vergessen, welche Bedeutung die Sexualität hat.
Die gleiche Diskussion rankt sich um immer mal wieder vorgeschlagene Verbote oder Einschränkungen von Prostitution – auch hier gibt es vermeintlich keine Opfer, aber den meisten Menschen ist – noch – intuitiv klar, dass der „Handel“ mit Sexualität eben nicht das gleiche ist wie der Kauf und Verkauf eines Brötchens beim Bäcker.
„in sich unmoralisch“
Hierzu hatte ich bereits 2015 bzw. 2013 einen Beitrag geschrieben, hinter dem ich auch heute noch stehe. Kernsätze damals:
Wenn ich als Katholik der Sexualität diesen Stellenwert einräume, wenn ich die Verletzung göttlicher Ordnung und des Naturrechts in der Prostitution sehe, dann darf und muss ich als Christ, auch als libertärer, auf ein solches Verbot hinwirken. Ideologische Libertäre vertreten bisweilen die Einstellung, dass jede (!) einvernehmliche Handlung zwischen den betroffenen Beteiligten (also ohne negative Auswirkungen auf andere) zulässig sein müsse. Dem widerspreche ich als Katholik mit der Einschätzung, dass es Handlungen gibt, die in sich so unmoralisch sind, dass auch ein gegenseitiges Einvernehmen diesen Verstoß gegen das Naturrecht nicht aufheben kann.
(aus „Prostitution, christlicher Glaube und Libertarismus“ vom 6.2.2015)
Gilt das auch für Pornografie? Ich möchte sagen: Für Pornografie gilt das in noch weit größerem Maße, wenn sich auch – wie im Fall der Prostitution – offene Fragestellungen aus einem Verbot ergäben, wie ein solches durchzusetzen wäre und wie man mit der Frage der Illegalität von Opfern (Prostituierten bzw. Pornodarstellern) umgehen will.
Erlaubt ist alles, was nicht aus gutem Grund verboten ist, aber …
Ich bin ein entschiedener Gegner von Verboten, wenn es dabei um Handlungen geht, die niemandem schaden. Verbote sind aus meiner Sicht immer „von unten“ zu denken. Meinen Kindern versuche ich nahezubringen: Erlaubt ist alles, was nicht aus gutem Grund verboten ist! Damit stelle ich durchaus gängige Verbote in Frage, wie den Klassiker, nachts um drei in einem verschneiten Bergdorf als Fußgänger an einer roten Ampel warten zu müssen. Kann sein, dass meine Kinder wegen sowas mal irgendwann mit dem Gesetz in Konflikt geraten, aber dann werde ich trotzdem noch stolz auf sie und ihren Willen zur Freiheit sein.
Mit Pornografie (genau wie mit Prostitution) verhält es sich aber anders, und ich muss meine Devise erweitern: „Erlaubt ist alles, was nicht aus gutem Grund verboten ist. Verboten ist aber – als selbst auferlegtes Verbot – was aus gutem Grund nicht erlaubt sein sollte.“
Ein gesetzliches Verbot
Dieses selbst auferlegte Verbot muss nicht ein allgemeines, gesetzliches, werden. Ich fordere zum Beispiel nicht, alles, was die 10 Gebote untersagen oder nicht mit meinem Glauben übereinstimmt, gesetzlich verbieten zu lassen (nehme aber für mich in Anspruch, deutlich zu machen, wenn ich es für moralisch verwerflich halte – auch das gehört zur Freiheit dazu: Ein Sprechverbot kann kaum je einen guten Grund haben). Bei manchen Themen überwiegt aber die moralische Bewertung in einer Weise, dass ich gar nicht anders kann, als mich für ein Verbot oder gegen eine Legalität auszusprechen.
Ich hatte geschrieben, „dass es Handlungen gibt, die in sich so unmoralisch sind, dass auch ein gegenseitiges Einvernehmen diesen Verstoß gegen das Naturrecht nicht aufheben kann.“ Die Verbreitung von Pornografie gehört nach meiner festen Überzeugung in diese Kategorie: Die seelischen Verletzungen, dieser fehlgeleiteten Sexualität sind auf so vielen Ebenen verheerend, die Opferzahlen so hoch und die „Kollateralschäden“ so unübersehbar, dass ich als Katholik gar nicht anders kann, als jedem zu applaudieren, der sich gegen die Verbreitung von Pornografie und für ein entsprechendes Verbot einsetzt.
Nachtrag
Ich weiß sehr wohl, dass Starbucks einer der Großspender des US-Abtreibungsunternehmens „Planned Parenthood“ ist (siehe Beitrag ebenfalls bei kath.net). Durch das Unterbinden von Pornografie in den Restaurants wird das Unternehmen nicht zu einem moralisch annehmbaren, meinen Kaffee trinke ich weiterhin lieber woanders. Und Abtreibungen gehören noch mehr als Pornografie und Prostitution verboten. Das macht den jetzigen Schritt, selbst dann wenn er eher marktwirtschaftlich entschieden worden sein sollte, trotzdem nicht falsch.
akinom
Dem ist nicht zu widersprechen. Besonders beeindruckt mich, wie Sie Ihren Kindern erklären, wie man mit Verboten umgehen soll. Vom Nikolaus wünsche ich für alle einen ganz großen Sack guter Nachrichten!
Stefan Schmidt
Das perfide an Pornografie ist ja, dass es zunächst einmal keinen offensichtlichen Schaden anrichtet.
Man wird dadurch nicht körperlich krank, man bricht sich nichts….und so weiter und so fort.
Der Schaden kommt mit der Zeit. Nicht nur durch Pornografie, sondern auch durch diese ganze Übersexualisierung der Gesellschaft.
Wie übersättigt ich davon bin, fällt mir immer auf, wenn ich versuche mich darauszuwinden. Leider falle ich immer wieder zurück.
Was Verbote angeht,, bin ich immer vorsichtig.
Ich bin mir auch nicht sicher ob ich dazu eine so klare, politische Meinung habe.
Im Moment versuche ich vor allem mich selbst zu ändern, nicht nur in Bezug auf das, sondern ich überdenke mein ganzes Leben, Schritt für Schritt und versuche bewusst alles zu durchdenken.
Und ja Starbucks ist auch in anderen Hinsichten keine Versammlung von Heiligen, aber jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft und ein richtiger Schritt ist richtig, weil er richtig ist und nicht falsch, weil ihn die falsche Person gemacht hat.
Alexandra
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Planned Parenthood kein „Abtreibungsunternehmen“ ist. Planned Parenthood bietet Gesundheitsvor- und -fürsorge im Bereich der Fortpflanzungsmedizin an, was vor allem Nicht-Versicherten (was in den USA leicht passieren kann) eine große Hilfe ist. Zu den Angeboten zählen unter anderem auch Krebsvorsorge, HIV-Tests und Versorgung während der Schwangerschaft. Zudem wird auch Aufklärung betrieben und über Verhütung informiert, was in Ihrem Interesse sein sollte, da sie ja vehement gegen Abtreibungen sind.
Papsttreuer
Sie erlauben sicher, dass ich widerspreche. Planned Parenthood bietet unter seinem Dach jede Menge Leistungen zur Sicherstellung „reproduktiver Gesundheit“ an, ist damit aber – der Begriff ist ein UN-Euphemismus – der größte „Anbieter“ von Abtreibungen weltweit. Von der rassistischen Historie der Gründerin wollen wir gar nicht erst anfangen und sollten beim Handel mit Embryonenteilen nicht aufhören.
Planned Parenthood ist ein in der Hölle erfundenes Unternehmen: https://papsttreuerblog.de/2015/07/16/planned-parenthood-ein-kleiner-einblick-in-die-hoelle/