Über die Kunst des katholischen Genießens und warum der Genuss eines guten Whiskys eine Frömmigkeitsübung sein kann schreibt Wolfgang F. Rothe auf The Cathwalk.
Jaja, ich weiß, The Cathwalk hat hier auf dem Blog schon mehrfach Erwähnung gefunden (hier und hier), und der eine oder andere mag argwöhnen, ich mache mich mit diesem katholischen Mode- und Lifestyle-Blog zu sehr gemein. Und vielleicht ist es auch ein innerer Schweinehund, der The Cathwalk nur deshalb so positiv gesonnen gegenübersteht, weil sich der eine oder andere Katholik so mächtig über die Beiträge und ihre Verfasser echauffiert. Mir gefällt’s jedenfalls, wenn ich auch nicht jede Aussage, die man dort findet, teilen mag.
Als Whisky-Trinker (und Zigarrenraucher) komme ich aber nicht umhin, den Beitrag dieser Woche, verfasst von „Whisky-Vikar“ Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe, als Link der Woche zu verbreiten. Vordergündig geht es dabei um Whisky-Genuss, insgesamt aber um die Titelfrage, ob Genuss und (katholischer) Glaube eigentlich ein Widerspruch sind oder zumindest in einem Spannungsverhältnis stehen. Kein Wunder: Rothe kommt zu dem Ergebnis, dass sich beide Dinge auf’s beste ergänzen!
Das macht er fest an den unterschiedlichsten Stellen, an denen Jesus offenbar selbst ein Genießer war oder dem Genuss anderer Menschen jedenfalls nicht ablehnend gegenüberstand. Dazu führt er auch mein Lieblingsbeispiel an, wenn mal wieder behauptet wird, als Katholik sei doch die Mäßigung im Genuss eines der obersten Gebote:
Jesus war kulinarischen Genüssen also zumindest nicht abgeneigt. Als er bei der Hochzeit zu Kana von seiner Mutter darauf aufmerksam gemacht wurde, dass der Wein ausgegangen sei, belehrte er dementsprechend die Festgäste nicht etwa, dass man auch mit einem Glas stillen Wassers fröhlich feiern könne, sondern verwandelte kurzerhand Wasser in Wein – und zwar eine ganze Menge Wasser in bemerkenswert guten Wein (vgl. Joh 2,1-11).
Im weiteren verdeutlicht Rothe, wie sich diese Freude am Genuss auch durch die christliche Tradition zieht, die aber leider auch durch reformatorische Einflüsse in ein Fahrwasser der Genussfeindlichkeit geriet.
John Knox propagierte, beeinflusst von der Theologie Johannes Calvins, eine weithin sinnenfeindliche – anders ausgedrückt: leib-, lust- und genussfeindliche Glaubenspraxis, die als Folge von Aufklärung und Säkularisation vom 19. Jahrhundert an auch in der katholischen Kirche wachsenden Zuspruch fand und inzwischen sogar, zumindest in den Augen einer medial geprägten Öffentlichkeit, als typisch katholisch gilt. Dabei sollte man freilich nicht vergessen, dass es sich bei solchen sinnen- und genussfeindlichen Tendenzen letztlich um ein reformatorisches Erbe handelt. Zwar hatte es derartige Tendenzen auch in früheren Zeiten hin und wieder mal gegeben, doch waren sie stets auf Einzelfälle beschränkt und letztlich Episode geblieben.
Aber ist nicht auch diese Askese ein Wert, ist es nicht gut, genügsam zu sein und sich selbst in Zucht zu nehmen, stehen einem dabei die Genüsse dieser Welt nicht auch im Weg? Man könnte formulieren, dass es eben die Dosis ausmacht, ob ein Ding Gift ist. Oder wie Rothe schreibt:
Es wäre auch ein fatales Missverständnis anzunehmen, Askese und Genuss stünden im Gegensatz zueinander. Tatsächlich ergänzen Askese und Genuss einander und bedingen sich sogar gegenseitig!
Schließlich wäre für den, der nicht zu genießen versteht, ein Verzicht kein Opfer,sondern eine Banalität, so wie umgekehrt nur der etwas wirklich genießen kann, der sich durch Mäßigung und zumindest gelegentlichen Verzicht vor Übersättigung und Überdruss bewahrt. Wer etwas bewusst und in Maßen genießt, der wird früher oder später feststellen, dass nicht die Menge der Maßstab des Genusses ist, sondern die Mäßigung.
So wird ein Schuh draus: Maßlosigkeit steht dem wahren Genuss im Weg, Askese und Verzicht werden durch den Genuss erst wertvoll, degenerieren sonst zu einer Art Sportfasten, bei dem es nur noch darum geht, auf alle Genüsse zu verzichten, die uns der Herr geschenkt hat. So ist ein guter Wein oder eben ein guter Whisky als Geschenk Gottes zu verstehen, das man auch annehmen darf ohne es zu verschleudern oder zu verprassen.
Der letzte Satz ist dann eher den Whisky-Genießern zu verstehen vorbehalten, zitieren möchet ich ihn trotzdem noch … und freue mich schon auf weitere genussvolle Beiträge vom Cathwalk:
Für den Genuss guten schottischen Whiskys gilt mehr als für jeden anderen Genuss, dass man nicht viel von dem braucht, was man zu genießen beabsichtigt, da jede noch so kleine Menge, jedes Glas, ja jeder Tropfen bereits vollen Genuss zu bieten vermag. Recht verstanden ist darum der Genuss eines Glases guten schottischen Whiskys beinahe so etwas wie eine Frömmigkeitsübung: bietet er doch nichts weniger als einen Vorgeschmack des Paradieses!
Marco Gallina
Als Italiener frage ich mich, wie man überhaupt auf die These verfallen kann, Katholizismus und Genuss könnten sich ausschließen. Der Franzose wird’s vermutlich ganz ähnlich sehen. Irgendwie habe ich nicht selten den Eindruck, dass diese dauernde Selbstgeißelung, einhergehend mit einer sofortigen Abhandlung, warum man das nicht tun müsste, eher eine deutsche Angelegenheit unter protestantischem Eindruck ist. Der Artikel bestätigt es ja mit Calvin.
Don Camillo hat übrigens sehr gerne Zigarre geraucht. In diesem Sinne spielt auch das Opfer derselben eine große Rolle.
Statt schottischem Whisky würde ich aber doch eher irischen Whiskey empfehlen, der ist auch noch gut katholisch!
Spaß beiseite, da kenne ich mich dann doch zu wenig aus.
akinom
„Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten.“
Das hat Jesus den Pharisäern aller Zeiten ins Stammbuch geschrieben.
Dieses Bibelzitat fiel mir spontan zu diesem „Link der Woche “ ein und stellte dann fest, dass es im heutigen Evangelium vorkommt. Aktueller kann der Link also nicht sein! Wer demnach wirklich Glaube und Genuss als Gegensatz predigt, der spricht dem Bräutigam Jesus Christus den Glauben ab.
Für mich persönlich bleibt das Fasten einerseits eine permanente innere Baustelle. Eine „Opferseele“ werde ich wohl nie werden. Andererseits wird mir das Wort „Fülle“ immer wichtiger, das in der Bibel häufig zu finden ist. Nur wer aus der Fülle hat schöpfen können, kann von diesem Erlebnis auch in Notzeiten noch zehren und anderen weiter schenken.
Meine Fastenvorsätze beziehen sich auf Dinge, die mir wirklich gut tun. Manchmal beziehen sie sich auf eine Weniger und manchmal auch auf ein Mehr.
An einer Säuferleber leiden die, die das Genießen längst verlernt haben.
Und Raucher sterben heute nicht mehr an Lungenkrebs, sondern nur noch an Lungenentzündung, weil sie immer hinaus müssen in die Eiseskälte, was den Genuss erheblich beeinträchtigt.
Rosemarie Steins
Gott hat uns das Genießen geschenkt. Schaut nicht jeder Genießer eines guten Whisky`s gen Himmel?
Peter
Der Puritaner streift durch Gottes Reich,
pflückt Dornen, Rosen wirft er weg sogleich,
und wähnt, so närrischen tun mach ihn beliebt,
bei Gott der sie gestaltet und ihm gibt.