Bei Kirchens ist das Thema Selbstorganisation meist sträflich vernachlässigt. Dabei ist der richtige Umgang mit seinen „Talenten“ gerade hier wichtig.
Eigentlich rezensiere ich hier nur geistliche bis theologische oder politische Bücher, sehr selten auch mal einen Roman, wenn er in dieses Themenumfeld passt. Business-Bücher passen da eher wenig rein, schon gar nicht solche, die scheinbar nur Methoden-Know-how vermitteln. Heute mache ich eine Ausnahme, und die richtet sich als Adressaten an alle diejenigen, die sehr wahrscheinlich kirchlich, gesellschaftlich, vielleicht politisch und in der überwiegenden Zahl der Fälle auch noch beruflich engagiert sind. Vom Kunststück, den ganz normalen „Familienwahnsinn“ unter den gleichen Hut zu bekommen, habe ich dabei noch gar nicht gesprochen. Kommt bekannt vor?
Überforderung als geplantes Opfer
Dabei soll es ja Menschen gegen, gerade im katholischen/christlichen Umfeld, die ein Mindestmaß an Überforderung geradezu als Auszeichnung begreifen: „Im Namen des Herrn unterwegs“ sein, dabei immer am Limit, auch ein bisschen darüber hinaus, das ist die Art „Opfer“, die so mancher gerne am Ende seines Lebens vor den Herrn bringen möchte. Aber ist das wirklich im Sinne unseres Erfinders? Zumal man gerade dann beispielsweise familiäre Probleme beobachten kann, die dem Ziel einer Ehe, gemeinsam das Paradies zu erreichen, widersprechen.
Dabei muss man nicht jede kirchliche Aktion mit machen, nicht alles muss man selbst machen, schon gar nicht alles gleichzeitig … und vor allem ist auch nicht alles gleich wichtig. Auch das einfache „Loslegen“ – der Herr wird’s schon richten, wenn es sein Wille ist – erscheint mir nicht selten als christliche Unsitte.
Talente nutzen statt verschleudern
„Aber wir haben doch Talente erhalten und sollten sie doch auch verwenden!“ Ja sicher, aber wir sollten sie klug einsetzen und nicht verschleudern für Zweitrangiges oder dafür, dass wir Planungen einfach handwerklich falsch angehen. Da ist auch ein Blick auf sich selbst erlaubt – und sei es nur mit dem Ziel, den selbst gesteckten Anforderungen wie Evangelisierungsarbeit, ein liebevolles Familienleben, Erfolg im Beruf, die Unterstützung von Freunden und Nachbarn und der zusätzliche Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr gerecht zu werden. „Selbstorganisation“ heißt das Zauberwort und einen „kleinen Werkzeugkasten“ liefert das gleichnamige Buch von Klaus Heywinkel auf rund 100 Seiten im Taschenformat.
Wie analysiere ich ein für mich neues Themengebiet, wie strukturiere ich meine Aufgaben, wie gehe ich mit der größer werdenden Mailflut um, was eigentlich bedeutet das oft benannte „Pareto-Prinzip“ und was sind eigentlich die Dinge, die mir Energie verschaffen? Geschrieben ist das Buch – wie viele Business-Bücher, deshalb heißen sie so – für den beruflichen Alltag. Klaus Heywinkel geht aber darüber hinaus und bezieht das Handlungsumfeld mit ein. Und seien wir ehrlich: Wir hätten es gerne anders, aber die Organisation einer kirchlichen Veranstaltung unterscheidet sich in der Methode nicht von der einer dienstlichen, wird höchstens noch beeinflusst durch zusätzliche Einflussfaktoren wie den Einsatz von Ehrenamtlichen mit einer „Kündigungsfrist von drei Minuten“ und geistlichen Fragestellungen, die mit zu lösen sind.
Wert und Mehrwert des Buches
Reicht denn dann ein solches überschaubares Buch? Ich will es mal so sagen: Wer sich bislang nicht um das Thema Selbstorganisation gekümmert hat, wird hier einen wertvollen Einstieg finden; wer sich schon ein bisschen selbst organisiert, findet zusätzliche Anregungen. Und wer die Tipps und Methoden bereits für sich adaptiert hat und anwendet, findet in Heywinkels „Selbstorganisation“ immerhin noch ein kleines Handbuch, um das eine oder andere noch mal nachzuschlagen. Komplettiert wird das Buch durch eine kleine Literaturliste, von der ich insbesondere auch die bekannten „7 Wege zur Effektivität“ empfehle, und – besonderes Schmankerl – eine auf der Homepage des Autors nachlesbare Linkliste zu den einzelnen Inhalten des Buches.
Wer jetzt fragt: „Klaus Heywinkel? Den Namen habe ich doch hier schon mal gelesen?“ dem kann ich antworten: Stimmt, der Buchautor und ich haben hier mal eine kleine Serie unter dem Stichwort „Crossover: Zeitkunst und Papsttreue“ begonnen. Davon gibt es bislang nur eine Ausgabe – was letztlich aber auch das Ergebnis einer sehr persönlichen Priorisierung und Schwerpunktsetzung ist. Trotzdem nehmen wir den Faden zu gegebener Zeit sicher noch mal auf.
Weitere Rezensionen auf dem PAPSTTREUENBLOG:
MisterX
Das paßt hierher. Danke und Glückwunsch. Gerade wir Katholiken sind in der Gefahr der Überforderung, mal, weil wir die Calvinisten noch zu übertreffen suchen, mal, weil wir doch auch so modern, deutsch und bürgerlich sein wollen. Und es gibt auch einen katholischen Narzismus, der den Antreiber spielen kann.
Das Buch macht hier einen guten praktischen Eindruck. Gerade als Katholiken dürfen wir uns zudem auch wieder an eine alte Tugend unseres Glaubens erinnern: die Gelassenheit.
Gott läßt uns leben und diese Gewißheit mache uns ruhig und froh.