4 Comments

  1. Pirkl

    Ich würde bei der Suche nach dem „wirklichen Rücktrittsgrund“ als erstes auf das zurückgreifen, was Benedikt XVI selbst sagt. Neben dem Alter und den „rapidis mutationibus“ in der Rücktrittserklärung, gab Gänswein später an, dass ihm sein Arzt sagte, er werde weitere interkontinentale Reisen körperlich nicht überleben. B. XVI wies selbst darauf hin, in einem Interview mit Jörg Bremer in der FAZ, dass er nicht mehr die physische und psychische Präsenz habe wie sie nun Franziskus zeige. Eine solche hält er also offenbar für wünschenswert. Das spricht gegen eine gewollte Schwächung der Kirche in der Welt. Im Gegenteil. Die Präsenz hat sich durch zwei Päpste, Franziskus und Papa emeritus verstärkt. Schließlich sollte man vor Spekulationen auf bewährte Ratschläge für Päpste zurückgreifen, wie z. B. die berühmten Besinnungen von Bernhard von Clairvaux für Papst Eugen III. Einer der Höhepunkte ist dort das Zitat aus Jesus Sirach: “ Wer seine Tätigkeit einschränkt, erlangt Weisheit.“ Überhaupt sehr modern, diese Ratschläge des hl. Bernhard für einen gestressten Papst und daher lesenswert. Wenn man schon ins Übernatürliche oder Endzeitliche schauen will, dann ist der Blick in aktuelle Zeichen der Zeit, die Bemedikt selbst erwähnt, realistischer. So sagte Benedikt am 13.5.10 in Fatima: Möge der angekündigte Triumph Mariens in den kommenden 7 Jahren bis zum 100-jährigen Jubiläum näher kommen, zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit. In Italien gab’s darauf Sondersendungen. Insgesamt ist meines Erachtens die spezifisch katholische und biblische Demut, wie sie die Heiligen lehren, ein ganz wichtiger Verständnisschlüssel. Bei den Philosophen, zumal deutschen oder von deutscher Philosophie beeinflussten, würde ich diese nicht als erstes vermuten. Obwohl natürlich auch ein blindes Huhn mal ein Korn findet ;-) .

  2. Túrin Turambar

    Mh mal schauen, wann ich dazu kommen könnte – scheint interessant zu sein. Aber zu dieser Wertung des Liberalismus: auch den Liberalismus in unser beider Sinne, Herr Honekamp, ist stellenweise Dysfunktional. Wenn wir an die großen Liberalen der Vergangenheit, wie etwa Hayek, denken, dann kommen all diese persönlich aus einer Wertvorstellung heraus, die ich höchst ansteckend finde. Dinge wie Pflichtbewusstsein, Ehre, Höflichkeit – Selbstverständlichkeiten ehemals. Da der Liberalismus sich schwer tut, solche überindividuellen Formen ideologisch einzubinden, und so auch nicht gegen die spricht, die solche Elemente einer Gesellschaft aushölen, . Letztendlich ist er aber wiederum auf deren Funktionalität angwiesen – ansonsten wird sein Kernbegriff, die Freiheit, selbst leer.
    Damit hängt ganz eng zusammen, daß sein Name missbraucht wird – der Liberalismus kann sich nicht dagegen wehren, ohne sich selbst ein bisschen in Frage zu stellen.
    Letztlich auch noch die Verwirrung, der der Begriff zwischen klassischem Liberalismus und der Neo-Linke, unterworfen ist und die man nicht unterscheidet, wenn man jeder Form von Liberalismus abgeneigt ist.
    So kann ich die Worte, die sie zitieren gut einordnen. Er wehrt sich (ob bewusst oder nicht) gegen den Liberalismus aus zwei Richtungen.

    Nach Aristoteles zeichnet sich ein Staat dadurch aus gute Menschen zu haben (im Sinne von tugendhaft). Der Liberalismus hält es aber mit dem Staat, wie Pilatus mit seinen Händen.

    • Pirkl

      Danke, liebe Teresa. Habe die Widmung Kardinal Mannings an John Henry Newmann sofort gelesen. Die zwei Konvertiten erinnern mich an meinen Schulaufenthalt in England vor vielen Jahren, wo ich über Newman Aufsätze schrieb. Noch heute habe ich die ironischen Schilderungen des englischen Religionslehrers zu den beiden vor Augen: ihr Verhältnis untereinander und zu den Päpsten Pius IX und Leo XIII war nicht spannungsfrei. Manning, das zeigt m. E. auch diese kurze Widmung, fehlte etwas die innere vornehme Zurückhaltung, die Newman auszeichnete. In der Sache waren sich aber beide einig. Es käme eine Zeit, wo der Mensch versuche, ganz ohne Gott zu leben. Erst letztes Jahr besuchte ich die Schule wieder und einer meiner Lehrer von damals meinte, Manning und Newman hätten richtig gelegen, sich aber in der Zeit vielleicht etwas verschätzt. „Slightly, perhaps about 100 or 150 years“. Diese Zeit beginne – von den Staatsmännern in breite Volksschichten gesunken – jetzt.

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