Vielschreiber Henning Lindhoff legt mit seinem „Kerl-O-Quest“ ein kleines Einsteigerkochbuch der Kindererziehung vor. Aber er geht noch weiter.
„Wann ist man ein Mann?“ fragte man sich in den Achtzigern, nur um im Lied von Herbert Grönemeyer relativ schlechte Antworten zu bekommen. „Wie wird man ein Mann?“ ist die eigentlich berechtigtere Frage, die die andere allerdings irgendwie mit beantworten muss. An diese Aufgabe hat sich Henning Lindhoff mit seinem für sein Projekt „Wild Guys“ veröffentlichten Buch „Kerl-O-Quest“ gemacht. Auf etwas mehr als 100 Seiten gibt er dabei Tipps, wie man es denn anfangen könnte, den Sohnemann zu einem Mann zu machen.
Das Thema erinnerte mich zunächst sehr an John-Eldredge-Bücher wie „Der ungezähmte Mann„, der aus christlicher Sicht die Frage beantwortet, was ein Mann eigentlich sein sollte, oder „Mach mich stark fürs Leben„, das die Rolle der Väter in der Erziehung der Kinder beleuchtet. Henning Lindhoff hat in seinem Buch allerdings einen anderen, auch weniger christlichen Ansatz gewählt, wenn er auch an verschiedenen Stellen durchblicken lässt, dass die Glaubensfrage in der Erziehung schon eine bedeutende ist – ganz unabhängig von der Religion.
Letzteres deutet schon darauf hin, dass es ihm nicht darum geht, aus den Jungs einfach „Kerle“ im Sinne von Machos, durchsetzungsstark, irgendwann beruflich erfolgreich und emotionale Krüppel, zu machen, sondern es bei allen praktischen Vorschlägen auch um innere Werte wie Demut gehen sollte. So kann man das Buch auf zwei Arten lesen: Als kleines „Einsteigerkochbuch“ der Kindererziehung – speziell der Erziehung der Söhne durch die Väter – und als Hinweis darauf, worauf es Lindhoff selbst in der Erziehung seiner Kinder ankommt. Das schöne daran: Selbst wenn man seine gesellschaftliche, politische (Lindhoff ist stellvertretender Chefredakteur des libertären Magazins „eigentümlich frei“) oder religiöse Einstellung nicht teilen mag, sind seine Vorschläge doch einfach gut geraten und machen aus den Kindern selbstständig denkende, sozial kompetente Individualisten, denen später so schnell keiner ein X für ein U vormacht.
Kindererziehung auf 100 Seiten mit Tipps wie „Geht auf einen Sankt-Martins-Zug“, „Spielt mit Murmeln“ oder „Wandert im Frühtau“ – Reicht das aus? Nein, das tut es natürlich nicht. Das ist auch nicht das Ziel des Buches. Es ist eben eher ein Einstieg, gerade wohl auch für Männer, die sich – aus welchen Gründen auch immer – zu wenig Zeit nehmen (können) für ihre Söhne, und sich fragen, wie sie ihnen trotzdem das richtige Rüstzeug mitgeben können. Und es stellt die eigenen Prioritäten in Frage, wenn es um Job, Freizeit mit den anderen „Jungs“ und der Beschäftigung mit den Kindern geht …
… und wenn sonst nichts, kann man doch auch einfach den eigenen Jungen in sich noch mal von der Kette lassen. „Die Reise hat erst begonnen“ lautet das letzte Kapitel des kleinen Büchleins, und macht damit deutlich, dass man vom Bürostuhl und vom Sofa hoch muss, wenn man Kinder hat. Und es rahmt die Vorschläge vom ersten einfach klingenden Tipp „Sprich mit deinem Sohn“ ein: „Bade deinen Sohn in Worte“ ist eine Formulierung, die Lindhoff mehrfach verwendet und damit – neben allen Kleine-und-Große-Jungs-Spielen – klarstellt: Wichtig ist der Kontakt des Vaters zum Sohn! Überlassen wir als Männer die Erziehung unserer Söhne nicht alleine den Müttern, unterstützt von Kindergartenbetreuerinnen und Lehrerinnen.
Woher soll der kleine Kerl lernen, was ein echter Kerl ist, wenn nicht von seinem Vater? Wer einen Gutteil seiner Zeit mit den Kindern verbringt und mit ihnen die unterschiedlichsten Dinge unternimmt, der wird sich durch „Kerl-O-Quest“ vielleicht lediglich bestätigt sehen oder ein paar zusätzliche Veranstaltungstipps mitnehmen. Wer aber wie ich zu denen gehört, die im Zweifel zu wenig „Quality Time“ mit ihren Söhnen verbringen, für den ist das Buch ein kleiner Weckruf und ein Ansporn, es einfach zu tun!
Weitere Rezensionen auf dem PAPSTTREUENBLOG: