Selten habe ich in einem Buch so getäuscht: Arroganz gepaart mit selbstverliebten Formulierungen machen „mit Rechten reden“ zu einem Ärgernis.
Ganz ehrlich, es gibt Bücher, bei denen ahnt man schon im Vorhinein, dass sie sich möglicherweise als echte Zeitverschwendung entpuppen. Dann gibt es unter diesen solche, die dann plötzlich doch interessant werden und man schon Abbitte leisten möchte bei den Autoren, die man vielleicht in eine falsche Schublade einsortiert hatte. Und dann – und das ist besonders bitter – gibt es Bücher, bei denen man ahnte, sie seien Zeitverschwendung, die dann loslegen mit einem interessanten Gedankengang, sodass man sich doch noch frohen Mutes an die Lektüre macht, und die sich dann doch noch als so überflüssig und dabei auch noch so selbstverliebt in die eigene Argumentation und Formulierkunst erweisen, dass man sie am liebsten in die Ecke pfeffern möchte.
Keine Neutralität erwartet
Aber wenn ich mir ein Rezensionsexemplar kostenfrei zusenden lasse, dann halte ich auch durch und lese bis zum Ende. Mir scheint das fairer zu sein, als nach der Hälfte abzubrechen – letzteres würde ich nur dann tun (und auf diesen besonderen Umstand hinweisen), wenn ich das Buch gegen eigenes Geld erworben hätte. Bei „mit Rechten reden – Ein Leitfaden“ des Autorentrios Per Leo, Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn hatte ich allerdings in dieser Hinsicht einen Fehler gemacht, was mich dann eben dazu gezwungen hat, bis zum Ende durchzuhalten.
„Mit Rechten reden“, Bestseller im Spiegel, da hat man direkt ein Bild von der politischen Grundorientierung und man macht sich auf gratismutige Kritik an rechtem Gedankengut und mainstreamtaugliche, politisch links stehende Propaganda gegen alles, was nicht wirklich links steht, gefasst. Das war mein Ansatz, mit dem ich diesem Buch zunächst mal entgegen getreten bin; ich gebe zu: Ein solcher Titel, bei den (mir teilweise bekannten) Autoren – da gehe ich nicht so neutral heran, wie man das als Rezensent vielleicht sollte. Und trotzdem wollte ich dem Buch eine Chance geben, dabei vielleicht auch was über mich selbst lernen: Als Konservativer, noch dazu christlich-konservativ, dem Libertären zugeneigt und der Überzeugung, dass Vernunft das Maß der politischen Dinge sein sollte und nicht das Wolkenkuckucksheim sozialistischer Sozialingenieure, steht man schnell im Verdacht, „rechts“ zu sein. Kann ja nicht schaden, zu erfahren, wie einen die „Anderen“ so sehen … und ob man in „deren“ Augen tatsächlich „rechts“ einzuordnen ist.
Der „rechte“ Kommunikationsstil
Grundsätzlich fand ich darum auch den Ansatz interessant, das „Rechte“ nicht anhand von Positionen sondern anhand von Kommunikationsstilen zu definieren. Das entledigt einen einer recht unfruchtbaren Diskussion, immer gleich festlegen zu müssen, ob bestimmte (politische) Meinungen nun konservativ, rechts, populistisch, rechtsextrem … oder sonst wie einzustufen sind. Ist Migrationskritik schon rechts oder ist es erst eine nationalistisch geprägte Variante? Ist der Wunsch nach Identität schon rechts oder erst eine Blut-und-Boden-Variante, die die Rasse in den Vordergrund stellt? Besser ist es da doch, in solchen Diskussionen darauf zu schauen, wie sich jemand argumentativ verhält, statt die Position zu filetieren. Objekt der Betrachtung ist dann allemal besser die Art der Argumentation und nicht der Inhalt selbst … so dachte ich.
Belege werden nicht erbracht
Leider wäre dieser an sich interessante Ansatz allerdings nur dann eine Lösung, wenn man dann auch in irgendeiner Form belegen – nicht nur behaupten – könnte, dass ein solcher Diskussionsstil mit bestimmten Positionen einherginge. Da zeigt sich die Vereinfachung als Pferdefuß, eigentlich gar als Taschenspielertrick. Während die Autoren im Verlauf des Buches immer wieder darauf beharren, nicht die Position oder gar die Person als „rechts“ beurteilen oder gar verurteilen zu wollen, sondern sich nur um die Frage zu kümmern, wie man miteinander reden kann, kommen sie doch offensichtlich nicht umhin, die von Ihnen nach dieser Methodik als rechts identifizierten Gesprächsteilnehmer als entweder leicht dümmlich oder aggressiv, rationalen Argumenten und Gesprächsführungen gegenüber jedenfalls nicht aufgeschlossen, darzustellen.
Wie zu erwarten: Methodenbruch
Man bemüht allerlei Bilder von einem Theaterstück (ein besonders selbstverliebter und darum ärgerlicher Teil des Buches), Kreisen im Sinne von Wahrnehmungshorizonten (bei denen „die Rechten“ selbstredend in einer Art Selbstbeschränkung verharren, um ihr Weltbild nicht anpassen zu müssen), und in diesen Kreisen wechselnde Argumentationsmuster, mit denen sich die Rechten entweder als Opfer oder „Arschlöcher“ gerieren, sich einer konstruktiven Diskussion jedenfalls immer entziehen.
Im letzten Kapitel lassen die Autoren dann doch auch noch die Katze aus dem Sack und besprechen unter sich die Themen, die sie mit vermeintlichen „Rechten“ gerne mal besprechen würden. Thematisch wird das auf die klassischen rechten Themen eingeschränkt, die man bei einer Definition des „Rechten“ ohnehin erwartet hätte. Im Zusammenhang mit dem Rest des Buches offenbart dieser Schwenk eben doch wieder einen Methodenbruch. Streng genommen müsste man den Autoren nun vorwerfen, als Rechte – immer wieder mit einem „ihr“ im Buch angesprochen – nur noch solche Zeitgenossen zu definieren, die die in diesem Kapitel beschriebenen Positionen – in der Tat die meisten mindestens am Rande dessen was ich als Extremismus bezeichnen würde – unterschreiben und gleichzeitig den destruktiven Diskussionsstil pflegen, den man in den ersten Kapiteln erschöpfend (im doppelten Wortsinn) dargelegt hat. Vielleicht bewege ich mich ja in den falschen Kreisen … aber in dieser Kombination habe ich das kaum erlebt; da mag es sicher auch den einen oder anderen bei der AfD geben, deren Namen – die Höckes dieser Welt – man im Hinterkopf immer mitführt, aber durchgängig wird diese Typologie selbst dort nicht vorzufinden sein.
Was ist daran „rechts“?
Die Autoren bemühen dabei immer wieder Beispiele rechter „Identifikationsfiguren“, ohne jedoch nachzuweisen, ob es sich bei diesen tatsächlich um „typische“ Rechte handelt oder doch nur um besonders ausgeprägte Persönlichkeiten; und ohne einen Seitenblick auf ähnliche Argumentations- und Kommunikationsmuster von „links“ zu werfen. Das macht das ganze Buch nicht nur anstrengend zu lesen, weil man einerseits auch auf den hinteren Seiten noch immer auf Hinweise darauf trifft, was die Autoren mit dem Buch denn nun bezwecken wollten, andererseits die Frage, was spezifisch an Argumenten und Kommunikationsstilen als „rechts“ zu beschreiben ist, bis zum Schluss offen bleibt. Kein Wunder also, dass man sich von der anfangs noch erfrischend wirkenden Methodik am Ende verabschieden musste.
Was bleibt ist, dass man am Ende des Buches ein bisschen besser einzuschätzen weiß, auf welche Argumentationsmuster man bei einem ideologischen politischen Gegner schauen sollte. Das wäre aber auch auf weniger Seiten geglückt und man hätte den politisch eingrenzenden Titel nicht gebraucht. Das hätte aber natürlich deutlich weniger Leser gebracht – vermutlich hätte ich mich für das Werk selbst kaum interessiert.
Ärgerlich
Da das Buch darüber hinaus noch stilistisch durchdrungen ist von einem alle Kapitel durchscheinenden Überlegenheitsgefühl der „nicht-rechten“ Autoren (einer Zuschreibung als links verweigern sie sich konsequenterweise), die nur so tun, als ob sie an einem Gespräch mit „Rechten“ interessiert wären, offenbar aber darauf aus sind, in einer Art Selbstgespräch die Positionen, die nicht auch in ihren Augen richtig sein könnten, zu wiederlegen (vom selbst formulierten Grundsatz, der andere könnte Recht haben, bleibt nichts übrig), ärgere ich mich noch immer, dieses Buch gelesen zu haben. Das allerdings haben in dieser Ausprägung in der Vergangenheit nur wenige Bücher geschafft, auch solche nicht, deren Botschaften ich kritisch sehe. Muss man auch erst mal schaffen.
Gero
Der Habitus des Selbstgespräches herrscht beim Thema angeblicher „Rechter“ in den Massenmedien doch schon seit Jahren vor.
Selbst die politisch stark durchwachsene AFD erscheint dort doch seit Anbeginn nur als „die da“.
Das, was man aus dem linken Mainstream seit Jahren aussendet, ist das genaue Gegenteil von Gesprächsbereitschaft.
Von Toleranz und Demokratieverständnis sowieso.
Es gibt gute und schlechte Tote; gute und schlechte Vergewaltigungen.
Klar ist:
Wir sind im Faschismus angekommen, der, für viele Naivlinge schier undenkbar, sich nicht an die schöne Einteilung „rechts“ oder „links“ hält.
Faschismus ist dreckig und brutal….und universal.
Immer ein Charakterfehler, nie politische Überzeugung.
Nazi kann man auch sein, wenn man Hitler hasst.
BTW:
Ich habe schon vor langem aufgegeben, Werke mit solchen plakativen Titeln Beachtung zu schenken.
Wie Sie selbst schon sagten:
„Ganz ehrlich, es gibt Bücher, bei denen ahnt man schon im Vorhinein, dass sie sich möglicherweise als echte Zeitverschwendung entpuppen.“
Wenn ich sehe, wie sich ein Hund hinhockt, den Schwanz hebt und eine bräunliche Wurst herauspresst, dann weiß ich auch ohne den Finger hineinzustecken und daran zu riechen, um was es sich dabei für eine Substanz handelt.
Ich lese und suche nur noch nach Texten oder Menschen, die mir einen Lösungsansatz versprechen. So krude der dann auch sein mag.
Konrad Kugler
@ Gero
„Wir sind im Faschismus angekommen, der, für viele Naivlinge schier undenkbar, sich nicht an die schöne Einteilung “rechts” oder “links” hält.
Faschismus ist dreckig und brutal….und universal.
Immer ein Charakterfehler, nie politische Überzeugung.
Nazi kann man auch sein, wenn man Hitler hasst.“
Einen Punkt lasse ich nicht gelten. „nie politische Überzeugung“.
Gerade die gläubige(!) politische Überzeugung bewirkt den Faschismus. Er trat nach dem Konzil sogar in der Kirche auf und herrscht jetzt im Vatikan. Die Neugläubigen schikanierten die Altgläubigen.
1933 verloren bei der entscheidenden Reichstagswahl nur die Kommunisten und die Katholiken keine Stimmen.
Gero
Das war von mir vielleicht mehrdeutig interpretierbar formuliert.
Überzeugt sind die Leute nämlich schon von ihrem Tun bei der Menschenjagd.
Aber es steckt da keine politische Richtung dahinter. Die wird immer nur zitiert, um die eigenen niederen Instinkte ausleben zu können und ist eigentlich auswechselbar.
Es ist solchen Leuten egal, ob sie Juden, Ausländer, Behinderte oder AFD-Wähler jagen.
Der Sachverhalt erinnert an diese schlechten amerikanischen Thriller, wo ganz am Anfang ein Bösewicht die Frau (wahlweise Freundin, Kind , Mutter…etc.) des Hauptdarstellers grausam ermordet und damit die Steilvorlage für ihn liefern soll, moralisch legitimiert selbst in unfassbarer Weise eine 90 Minuten lange Gewaltorgie hinzulegen.
Von „Taxidriver“ bis „Rambo“ wird mit diesem dümmlichen Schema gearbeitet.
Was ich eigentlich sagen wollte, ist, daß der Faschismus nicht an Springerstiefel gebunden ist und weder ein Gewerkschaftsbuch, Homosexualität noch körperlicher Kleinwuchs vor ihm schützen.